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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 15.1904

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Fuchs, George: Die Einzelkünste und das moderne Kunstgewerbe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11377#0163

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INNEN - DEKO RATION.

157

und bezeugt so recht, von welch ungeheurer Wir-
kung die Kunst auf die Instinkte eines Volkes sein
kann, wenn sie nur erst wieder mit dem Volks-
tume zusammenklingt.

Wenn aber nicht alle Zeichen trügen, so werden
wir diese wunderbare, das ganze Leben adelnde
und weihende Wirkung der Kunst in unserer Heimat
nicht mehr lange entbehren müssen; ja man kann
sagen, dass heute schon fast jeder Gelegenheit hat
ihrer teilhaftig zu werden, der sie aufrichtig sucht.
Und dass es nun wieder so kommen kann, wenn
uns noch eine längere Frist friedlicher nationaler
Fortentwicklung und
wirtschaftlicher Besse-
rung beschert ist, das
haben wir zu sehr
grossem Teile den

Künstlern zu ver-
danken , welche jetzt
anfangen tonangebend
zu werden. — Nicht
alle verloren sich im
Spezialistentum, ge-
rade die Kraftvollsten
haben stets die Ur-
quelle des Volkstumes
mit glühender Sehn-
sucht gesucht; und
diejenigen, welche sie
gefunden haben und
heute zu ihr zurück-
kehren, das eben sind
die, welche ich als

-»moderne Kunst«,
jüngerer Richtung be-
zeichnete und von der
ich im Eingange mei-
nes vorigen Vortrages
sagte, dass sie durch
eine Welt von der
andern leben abgewen-
deten Art »moderner
Kunst« geschieden sei. — Nicht unser ganzes Volks-
tum war ja von der internationalen, rasse-vernich-
tenden Talmi-Kultur überzogen worden. Diese
ergriff nur die grösseren Städte, die Verkehr- und
Industrie-Gebiete. Draussen in unseren weltab-
geschiedenen Landstädtchen und Dörfern blieb
unsere bodenständige, urwüchsige Bauern-Kultur
meist ziemlich erhalten.

Es waren zunächst einige Maler, die sich dorthin
zurückzogen. Die jungen Münchener veriiessen die
Ateliers hoch oben über den Mietskasernen und zogen
hinaus in die farbenprächtige bayerische Hochebene,

ALBIN MÜLLER-MAGDEBUE.G. Ausführung: Th. Encke-Magdeburg.

um mit ihrem kernigen Menschenschlage zusammen
zu leben und dort neue Kraft zu schöpfen. Unter
der Führung der Meister Dill und Holzel Hessen
sich viele in Dachau, andere, wie Keller-Reutlingen
in Bruck nieder. Man nennt sie kurz die Dachauer
Schule. — Die jungen Berliner, wie z. B. Walter
Leistikow machten sich hinaus in die Mark mit
ihren herrlichen Seen und melancholischen Kiefern-
Wäldern; eine kleine Gruppe zog sogar in die
allereinsamste Einsamkeit, in das Dörfchen Worps-
wede bei Bremen; die jungen Karlsruher entdeckten
die Reize der Rhein-Ebene und der alten Neckar-
Städtchen. Und die
Karlsruher Künstler
waren auch die ersten,
welche daran dachten,
die reine wahre Kunst
wieder in die Häuser

auch der Minder-
Begüterten zu ver-
pflanzen. Sie haben
sich dem Steindruck
zugewendet und auf
diesem Wege eine
große Reihe trefflicher
Bilder hergestellt, die
billig genug sind auch
im einfachen Haus-
halte, auch in der Volks-
Schule eine Stelle zu
finden. — Und solche
Blätter werden jetzt
schon überall herge-
stellt, in München, Ber-
lin, Dresden, Düssel-
dorf. Zeitschriften, wie
die von Dr. Hirth in
München gegründete
»Jugend':., geben für
wenige Pfennige Ge-
legenheit, sich in ihren
Farben-Beilagen und
Umschlägen beste Werke der Kunst anzuschaffen.
Kurz, überall sucht man innigsten Anschluss an das
deutsche Volkstum da, wo es noch in seiner Frische
und Eigenart lebendig war. Diese Künstler setzten
sich nicht mehr nur kaltblütig hin und malten die
Karakter-Köpfe der alten Bauern und die hübschen
Bauernmädchen und die malerischen Dörfchen;
nein, sie lebten mit den Bauern, ja sie arbeiteten
mit auf dem Felde und suchten so sehr als nur
irgend möglich Eins zu werden mit ihnen.

Einer der Ersten, die das taten und jedenfalls
einer der grössten, war der hessische Maler Heinz
 
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