Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 15.1904

DOI article:
Schulze, Otto: Die II. Ausstellung der Darmstädter Künstler-Kolonie
DOI article:
Unser Wettbewerb um "Entwürfe zu einem Kinder-Schlafzimmer"
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11377#0232

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
INNEN - DEKORATION.

227

man hat der Wand allgemein in der Zuwendung
von Bekleidungsmitteln über den kalten, leicht ver-
letzbaren Anstrich hinaus eine liebevollere Sorgfalt
angedeihen lassen durch Schaffung hoher Wand-
täfelungen aus Holz und Linkrusta-Lambris. Zu
bedauern bleibt, dass die Papiertapete hier nicht nur
gar keine Verwendung fand, sondern auch allgemein
von unseren führenden Innenraum-Künstlern ver-
nachlässigt wird. Das ist ein Schlag ins Gesicht
einer grossen blühenden Industrie, die gerade der
modernen Richtung ungeheuere Opfer gebracht und
Künstler beschäftigt, deren Namen gewiss einen
ebenso guten Klang haben, wie der irgend eines
anderen Künstlers auf dem Arbeitfelde der ange-
wandten Kunst. Sei dieser Hinweis eine Mahnung
für die Schöpfer moderner künstlerischer Wohnräume.

Auf der andern Seite können wir aber auch zu
Gunsten des Möbels eine Wandlung nach der tech-

Unser Wettbewerb um „Entwürfe

Das begonnene Jahrhundert ist mit Recht durch
Ellen Keys bedeutendes Buch »Das Jahr-
hundert des Kindes« dem Kinde zugewiesen
worden. Keine Zeit vor ihm hat das Kind, also
die jüngste Generation, so in den Mittelpunkt, in
den Brennpunkt des Lebens gestellt, als die unsrige.
Keine Zeit hat aber auch so sehr die Pflichten dem
Kinde gegenüber erkannt — von Rechten an ihm
ist kaum noch die Rede — und ihm damit höchste
Lebensrechte zugewiesen, als die unsrige, deren
erwachsene Vertreter zu einer Erkenntnis des Seelen-
lebens des Kindes gelangten, wie sie grosse Ge-
lehrte und Pädagogen früherer Jahrhunderte nur
theoretisch anzudeuten vermochten. Diese neue,
an sich von alters her durch die Natur der Dinge
festgelegte, Stellung des Kindes in unserm Leben
resp. zu unsern Lebensaufgaben hat im öffentlichen
Erziehungleben wie im Schosse der Familie Wand-
lungen gezeitigt, aus denen keine andern Schlüsse
mehr zu ziehen sind, als dass wir in erster Linie
den Kindern gehören und in zweiter Linie diese
dann uns. — Wir müssen hierbei an Durchschnitts-
Verhältnisse der gut bürgerlichen Kreise denken,
nicht an Erziehung-Traditionen des begüterten hohen
Adels oder gar der regierenden Häuser. Das öffent-
liche Leben und seine allgemein öffentlichen Er-
ziehung-Anstalten sind die auf uns einwirkenden
Faktoren, die die Stellung des Kindes derart ver-
schieben, dass man nunmehr nach einem scheinbar
paradox klingenden bekannten Ausspruche Mole-
schotts: »Das Kind ist des Mannes Vater« sagen
kann: »Die Kinder erziehen uns«. Daher auch
der an sich sehr berechtigte Kampf gegen rück-

nischen Seite feststellen. Die alten Erfahrungen der
Schreinerkunst werden wieder mehr zu Rate ge-
zogen , man beachtet wieder die Forderungen an
Rahmen und Füllung, man stellt dem Schreiner
wieder mehr schreinermäßige als zimmerermäßige
Aufgaben. Auch der Holzschnitzer und Drechsler
wird wieder zur Mitarbeit zugelassen; sogar die
Furnierarbeit in Verbindung mit der alten Marketerie
wird wieder gepflegt. Diese wieder kompliziertere
Arbeit in der Herstellung moderner Möbel gibt
unserer Hoffnung Spielraum, dass der nackte Kisten-
stil im Möbel in absehbarer Zeit zu Grabe getragen
sein wird. Gerade in Rücksicht hierauf hoffen wir
Veranlassung nehmen zu können, auf die Zimmer
der Dreihäuser-Gruppe der Künstler-Kolonie-Aus-
stellung zurückzukommen, und auf die Häuser selbst,
Entwurf und baukünstlerische Ausführung von
Prof. Olbrich, näher einzugehen. o. sch.-k.

zu einem Kinder-Schlafzimmer".

ständige Lehrpläne, die nicht durch das Leben für
das Leben erziehen. Wurzelt der Kern der modernen
Pädagogik darin, dass es die Hauptaufgabe der
Schule ist, die im Familienkreise zum Erwachen
kommende Freude am Leben beim Kinde nicht
nur zu erhalten, sondern vor allen Dingen zu
steigern, und so durch das Leben für das Leben
zu erziehen, so darf man billig fordern, dass auch
die Kinder dafür angemessen, gesund und sittlich
vorbereitet von der Familie der Schule überwiesen
werden. Je früher hiermit begonnen wird, um so
leichter ist für alle Beteiligten die Durchführung
der Erziehung-Aufgabe. Beim zartesten Kindes-
alter hat also die Arbeit schon einzusetzen und
bevor noch die erwachenden Sinne irgendwelche
Missklänge störend empfinden. Unstreitig ist es
das Schlafzimmer, dieser Landungplatz des Lebens,
dem wir unsere allergrösste Aufmerksamkeit und
Lebensweisheit zu widmen haben. — Unser Wett-
bewerb um Entwürfe zu einem Kinder-Schlafzimmer
sollte Gelegenheit bieten dafür nicht nur wertvolle
ältere Gepflogenheiten nach den Ansprüchen unserer
Zeit gemodelt nutzbar zu machen, sondern vor allen
Dingen auch neue Gesichtspunkte aufzustellen, die
sich aus den anfangs skizzierten Verschiebungen
der Verhältnisse ergeben müssen.

In allererster Linie haben die meisten der Teil-
nehmer an diesem Wettbewerbe hygienischen An-
forderungen durch grosse Räume, gute Licht-
verhältnisse, einfache Möbelformen und mässige
Stoffdekorationen gerecht zu werden versucht, um
in ganz vernünftiger Art die Bedeutung eines ge-
sund eingerichteten Schlafraumes darzutun. In sitt-
 
Annotationen