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Jahrbuch Mannheimer Kultur — 1.1913(1914)

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Mülbe, Wolfheinrich von der: Terzinen
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https://doi.org/10.11588/diglit.68760#0031

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von der Mülbe/Terzinen

7

W, H, v, d, Mülbe/Terzinen
Morgen
Es sind die morgensonnenhellen Zimmer
erfüllt vom Licht der jungbelaubten Bäume,
der grünen Frische spielendes Geflimmer
spinnt leichte Netze durch die kühlen Räume,
Grünsilbern rieselt es von allen Dingen,
die schimmernd sind wie kaum erwachte Träume, —
von einem weißen Tische aber schwingen
sich aus des Wassers spiegelklarer Reine
lichtrote Tulpen, deren Blüten singen.
Mit ihrer Farben leicht verwehtem Scheine
sind sie gleich zartem Flammen, die verfächeln,
und leuchten durch des Lichtes Schleierfeine
wie junge Lippen, die dem Morgen lächeln,
Wanderung
Wir gingen schweigend unsern Weg zu zwein
und ließen hinter uns, was Hände bauten,
wir waren mit dem Leben ganz allein,
fern von den Straßen, den verschlung’nen, lauten.
Da lag im Grün der Wiesen schwarz und blank
ein Wasser, drin sich andre Wasser stauten,
in dessen Nacht des Tages Licht versank.
Wir beugten uns hinab zu seiner Tiefe
und sahn in unsern Augen stumm und bang
nur dieses, daß auch hier das Rätsel schliefe,
Herbst
Bring aus des Weingangs buntdurchsonnten Lauben
in unsres weißen Gartenzimmers Helle
die blauen und die goldengrünen Trauben,
daß aus der Silberschale spiegelnd quelle
die volle Glut der lebenden Juwelen,
und ihrer reifestarken Farben Welle
beglücke unsre herbstlich bangen Seelen,
 
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