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Jahrbuch Mannheimer Kultur — 1.1913(1914)

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Grohé, Oskar: Theodor Streicher
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https://doi.org/10.11588/diglit.68760#0116

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Dr, Oskar Grohe

Dr, Oskar Grohe/Theodor Streicher
Von je hat die Kunst starke Fäden zwischen Wien und Mannheim
gesponnen. Schon zu Ende des 18. Jahrhunderts ließ sich Mozart von
der Vorliebe des Kurfürsten Karl Theodor und dessen Aufwendung reicher
Mittel für die schönen Künste nach Mannheim locken und für längere
Zeit hier festhalten. In den zwanziger Jahren des 19, Jahrhunderts ist
K, F. Heckel von Wien nach Mannheim eingewandert und hat hier die
heute noch bestehende Musikalien- und Klavierhandlung begründet. Von
Mannheim stammte andererseits Heinrich Esser, der viele Jahre in Wien
als Hofkapellmeister verdienstlich gewirkt hat und der auch Richard
Wagner, als es sich um die geplante Aufführung des „Tristan“ handelte,
persönlich näher getreten ist. In neuerer Zeit ist bekanntlich Wilhelm
Bopp, ein Mannheimer Kind, der frühere Vorstand unserer „Hochschule
für Musik“, als Direktor an die „Akademie für Tonkunst“ in Wien berufen
worden. In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hat Johannes
Brahms, der wohl als Wiener Bürger gelten konnte, wiederholt in unseren
Akademiekonzerten eigene Werke dirigiert und gespielt. Im Jahre 1891
betrat dann Hugo Wolf unsere Stadt, der einst in seinem Eichendorff-Lied
den Worten: „Grüß Dich Gott, Deutschland, aus Herzensgrund“, eine
begeisterte Musik gewidmet hat, und dem nun gerade in Mannheim auf
diesen sehnsüchtigen Gruß eine starke Resonanz entgegenklingen sollte.
In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, daß die sympho-
nischen Werke Anton Bruckners hier eine treue Gemeinde gefunden haben
und daß auf dieser Gundlage auch den symphonischen Arbeiten Gustav
Mahlers, der seinerzeit gerne in Mannheim Kapellmeister geworden wäre
und auch hier dirigiert hat, ein tieferes Verständnis entgegengebracht
wurde. Anschließend sei ferner des Wieners Julius Bittner gedacht, dessen
Opern „Der Musikant“ und „Der Bergsee“ wiederholt hier freundlichen
Erfolg erzielt haben.
Von größerer Bedeutung als Bittner erwies sich Theodor Streicher
aus Wien, dessen Schaffen demjenigen Bruckners und Hugo Wolfs nahe
verwandt ist. Nachdem schon vereinzelt seine Lieder hier zu Gehör
gebracht worden waren, wurde im Frühjahr 1907 ein größeres Werk
nämlich: „Die Exequien für Mignon“ aus Wilhelm Meister, für gemischten
Chor und Orchester in Anwesenheit des Komponisten zur Aufführung
gebracht und fand einen starken, eindrucksvollen Erfolg. Im Winter 1910
veranstaltete Streicher im Verein mit dem Tenoristen Schmedes aus Wien
einen Liederabend, in welchem nur Kompositionen Streichers unter
lebhaftem Beifall zum Vortrag gebracht wurden. Bis dahin hatte
 
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