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Dr, Franz Schnabel
Eine Feuerbachgruppe aus der Kunsthalle Mannheim
Dr, Franz Schnabel/Liselotte im Lichte der
jüngsten Forschung
Kultus und Verketzerung an der einen Person — dies ist vor der
Nachwelt lange das Schicksal jener pfälzischen Fürstentochter gewesen,
die mitten im Zeitalter französischen Kultursieges, da die ganze zivilisierte
Welt und nicht zuletzt die deutschen Fürsten sich in der Nachahmung
der höher entwickelten französischen Lebensgestaltung und Sprache
gefielen, mit einer, fast möchte man sagen starrsinnigen Prinzipientreue
deutsches Wesen und heimische Art hochhielt, und selbst gerade in das
Zentrum und an die hohe Schule dieser die Natur und das Leben zum
Kunstwerk umschaffenden Kultur verpflanzt, dennoch die natürliche
Frische und derbe Ungezwungenheit ihres pfälzischen Volkstums sich
bewahrte und offen vertrat. Seit in der Mitte des vorigen Jahrhunderts
der Literarische Verein in Stuttgart die Briefe der schreibseligen Ver-
bannten zum ersten Male der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatte,
war sie gewissermaßen zum nationalen Heros geworden, und zahllose
Neudrucke ihrer Briefe dienten dazu, sie im Volke populär zu machen.
Und auf der anderen Seite galt sie den Franzosen als die Schmäherin
ihrer eigensten Kultur, die das „große Jahrhundert“ in den Staub gezogen;
so hat etwa Michelet sie verurteilt, der große Historiker und publizistische
Vertreter der französischen Nationalitätsidee im vorigen Jahrhundert,
dessen ausdrucksvolle Persönlichkeit gerade uns in Mannheim durch
Dr, Franz Schnabel
Eine Feuerbachgruppe aus der Kunsthalle Mannheim
Dr, Franz Schnabel/Liselotte im Lichte der
jüngsten Forschung
Kultus und Verketzerung an der einen Person — dies ist vor der
Nachwelt lange das Schicksal jener pfälzischen Fürstentochter gewesen,
die mitten im Zeitalter französischen Kultursieges, da die ganze zivilisierte
Welt und nicht zuletzt die deutschen Fürsten sich in der Nachahmung
der höher entwickelten französischen Lebensgestaltung und Sprache
gefielen, mit einer, fast möchte man sagen starrsinnigen Prinzipientreue
deutsches Wesen und heimische Art hochhielt, und selbst gerade in das
Zentrum und an die hohe Schule dieser die Natur und das Leben zum
Kunstwerk umschaffenden Kultur verpflanzt, dennoch die natürliche
Frische und derbe Ungezwungenheit ihres pfälzischen Volkstums sich
bewahrte und offen vertrat. Seit in der Mitte des vorigen Jahrhunderts
der Literarische Verein in Stuttgart die Briefe der schreibseligen Ver-
bannten zum ersten Male der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatte,
war sie gewissermaßen zum nationalen Heros geworden, und zahllose
Neudrucke ihrer Briefe dienten dazu, sie im Volke populär zu machen.
Und auf der anderen Seite galt sie den Franzosen als die Schmäherin
ihrer eigensten Kultur, die das „große Jahrhundert“ in den Staub gezogen;
so hat etwa Michelet sie verurteilt, der große Historiker und publizistische
Vertreter der französischen Nationalitätsidee im vorigen Jahrhundert,
dessen ausdrucksvolle Persönlichkeit gerade uns in Mannheim durch