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Jahrbuch Mannheimer Kultur — 1.1913(1914)

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Grohé, Oskar: Hermann Goetz und Mannheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.68760#0111

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Dr, Oskar Gr oh e / Hermann Goetz und Mannheim 73

Dr, Oskar Grohe/ Hermann Goetz und Mannheim
Am 11, Oktober 1874 fand im hiesigen Hoftheater die Uraufführung
der komischen Oper: „Der Widerspänstigen Zähmung“ von Hermann
Goetz statt. Schon lange vorher hatte man in den Zeitungen gelesen, daß
es unserem damaligen Hofkapellmeister Ernst Frank geglückt sei, in der
Person eines armen Klavierlehrers in Zürich einen bedeutenden Opern-
komponisten zu entdecken, und man war allseitig gespannt sein Werk
kennen zu lernen. Auch ich, ein Untersekundaner von 15 Jahren nahm
an dieser Spannung lebhaften Anteil und wendete den letzten Rest meines
Taschengeldes an den Ankauf eines Billets zu einem der oberen Ränge
des Theaters, Die Aufführung verlief äußerst erfolgreich und die Be-
geisterung war eine allgemeine, Sie wurde nur durch den Anblick des
hervorgejubelten Komponisten beeinträchtigt, der blaß, hohläugig, abge-
magert, in einen dicken grünen Shawl gehüllt, das typische Bild eines
Schwindsüchtigen darstellte. Die Kräfte unserer Hofbühne, Fräulein
Ottiker als Katharina, Herr Ditt als Baptista und Herr Schlosser als
Petrucchio und nicht zuletzt der sehr begabte Kapellmeister Frank, hatten
alles darangesetzt, die Oper mustergültig zu verlebendigen. Ich hatte das
Gefühl, einem großen Ereignis beigewohnt zu haben und ich bin nicht
sicher, ob ich am anderen Tag in der Klasse einen guten lateinischen Stil
geschrieben habe. Ich erinnere mich deutlich bei weiteren Aufführungen
der Oper mich im Vestibül des Theaters herumgetrieben zu haben, nur
um noch einige Töne des geliebten Werkes zu erhaschen. Am liebsten
wäre ich sofort zu dem Komponisten geeilt, um ihm meine Begeisterung
auszusprechen, Doch das wagte ich nicht und wurde ganz bestürzt, als
ich bald darauf hörte, Goetz habe nach seiner Abreise von hier, infolge
der großen Aufregungen, die die Aufführung für ihn mit sich brachte,
einen Blutsturz erlitten, Im Frühjahr des Jahres 1875 hat dann Frank,
der unermüdlich für seinen Freund eintrat, die ihm gewidmete Symphonie
in F-dur hier zur Erstaufführung gebracht. Als ich diese Komposition
gehört hatte, deren natürliche Frische und graziöse Anmut mich entzückt
hatten, da warf ich eines Abends den Xenophon beiseite und schrieb an
Hermann Goetz einen hochbegeisterten Brief, dem ich als Motto das
Hornmotiv des II, Satzes der Symphonie voransetzte, Ich frug dabei an,
wann wohl in Mannheim seine zweite Oper: Francesca von Rimini, an
welcher er damals arbeitete, auf der Bühne erscheinen werde. Meine
Freude war grenzenlos, als nach einigen Tagen ein Brief von Hermann
Goetz an mich eintraf, in welchem er in kurzen liebenswürdigen Zeilen
mir für meine Epistel dankte und die Hoffnung aussprach, daß die Fran-
 
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