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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal- u. Atelier-Nachrichten
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-^Sg5> VON AUSSTELLUNGEN - PERSONAL-NACHRICHTEN

Ausdruck fand. Die Porträts zeigen ungleiche Werte,
haben jedoch zum großen Teil gute malerische Quali-
täten. Zwei Lithographien zeigen von dem Bussches
graphische Begabung; die kleine Bronze Anschlei-
chender Tiger« ist lebendig und wahrhaft modelliert.
Ueberall erkennt man eine gute Impression.

STUTTGART. Unter den hiesigen künstlerischen
Ereignissen der letzten Zeit darf die im Würt-
tembergischen Kunstverein ausgestellte Kollektion von
fünf Bildern Otto Reinigers wohl besonders her-
vorgehoben werden. Der Künstler war in den letz-
ten Jahren von schweren Leiden heimgesucht, um
so erfreulicher denn, daß diese fünf neu entstan-
denen Werke von voller, altgewohnter Schaffens-
kraft zeugen. Eines der schönsten darunter, der von
dem goldenen Glanz der untergehenden Sonne er-
füllte >Abend am Kocher« weckt Erinnerungen an
jene verhängnisvolle Brandnacht im Atelierdes Künst-
lers (1904), die eine Reihe unersetzlicher Werke ver-
nichtete. Auch der kurz zuvor in der Dresdner
Internationalen mit der ersten goldenen Medaille
ausgezeichnete »Abend am Kocher« war unterdiesen;
heute feiert er seine Wiederauferstehung, und zwar
nicht nur in unserer Kunstvereinsausstellung, auch
die Berliner Nationalgalerie besitzt dieses Motiv in
einer mehr silbern schimmernden Abendstimmung.
Noch einmal finden wir das Motiv, nur von höher
herab gesehen, mit dem Blick auf Kochertal und
die dämmernde Fränkische Hochebene, ein präch-
tiger Vorwurf in packender Stimmung und was be-
sonders erfreulich: diese Werke bedeuten eine Ab-
kehr von dem allzu dekorativen Zug in der Kunst
Reinigers der letzten Jahre. Auch die lichtstrahlende
Stimmung über der Elbe bei Hamburg mit dem
prachtvoll gemalten Himmel und dem leuchtenden
Widerschein im Wasser darf nicht unerwähnt blei-
ben. Ein Auftrag Lichtwarks für die Hamburger
Kunsthalle mag die Veranlassung zu diesem Werke
gegeben haben, das wohl als eine Art von Vorstudie
betrachtet werden darf. — Neben Reinigers Kunst
haben die anderen einen schweren Stand; am besten
halten sich daneben einige kleine in blauen, vio-
letten und sonnig goldenen Farbentönen gehaltenen
Skizzen von Alfred Schmidt. h. t.

^^IEN. Die Galerie Miethke hat mit der Eröffnung
" ihrer jüngsten Ausstellung einen ihrer »großen
Tage« zu verzeichnen. Denn Honore Daumier ist
außer in Paris, wo zuerst anläßlich der Centennale
die gebührenden Ehren ihm erwiesen wurden, nir-
gends durch eine so reichhaltige und eindrückliche
Uebersicht über sein Schaffen zu würdigen gewesen.
Aus dem festen Besitz französischer, reichsdeutscher
und heimischer Sammlungen, sowie aus dem fluk-
tuierenden Kunsthandel wurden etwa ein Halbhun-
dert bedeutender Werke hier versammelt. Die Litho-
graphien, als ein längst anerkannter Bestandteil von
Daumiers oeuvre fanden nicht so sehr Berücksichti-
gung; sie und die ihnen nahestehenden Zeichnungen,
die allerdings ohne Bezug auf die zum Hohn heraus-
fordernde zeitgeschichtliche Gelegenheit durch die
Wiedergabe ewig typischer Figuren mehr voraus-
setzungslos sich durchsetzen; die Kunst der schwarz-
weißen Blätter also wirkt wie das unübersehbare Ge-
wimmel der historischen Begebenheiten. Davon heben
sich die Gemälde in festen, monumentalen Umrissen
und schwerer Farben voll mit ruhiger Unabänderlich-
keit ab. Das ist es, was der berühmte Ausruf des Balzac
besagen wollte, Daumier habe etwas von Michelangelo
in sich: daß auch die am gewaltigsten bewegt ausholen-
den Gebärden und ungewohnt verschränkten Situatio-
nen sich als die einzige Möglichkeit darstellen. So
»l'emeute« mit dem diagonal durch das Bild hinaus-

RedaktionsschluO: 28. Dezember 1908
Für die Redaktion verantwortlich: f. Schwärtz. —

weisendenDrängenderrevoltiertenVolksmenge,sodas
»Drama« mit den in Bann gehaltenen, nach der Kata-
strophe des Bühnenschauspiels spähenden Zuschauern
— immer ein Vorgang, der den Atem stocken macht,
so greifbar geballt sind in dem Rahmen Licht und
Luft und Körperlichkeit. Eigenartig dann die Gestalt
des gigantisch gebildeten »Schäfers mit dem Kinde
Oedipus« neben dem knorrigen Feigenbaum, und
wieder fast unheimlich die Psychologie eines Blickes
in die Parkettreihen eines Theaters und in einen
Waggon dritter Klasse. Das Auge des Zeichners
für Witzblätter, die allwöchentlich der Aktualität auf
den Fersen bleiben müssen, war für die Einzelheiten
sowohl wie für die durchgängigen Merkmale, die zur
Karikatur herausfordern, geschärft. Daraus ergab
sich die unerbittliche Wahrhaftigkeit und der über
den besondern Fall erhabene Stil in den Gemälden,
deren Vorwurf Daumier frei wählte. Die grotesken
moralischen Gegensätze von Don Quixote und Sancho
Pansa, eine Fabel des Lafontaine (»Der Müller,
sein Sohn'und der Esel«), die ihn zu den frühen
malerischen Entwürfen des Jahres 1849 reizte, sie
haben den Künstler der Palette wachgerufen; so ist
seine farbig kontrastierende Art aus der zeichnend
geistigen hervorgegangen, um dann in die rein künst-
lerischen Zustandsschilderungen aus dem Arbeiter-
leben, wie dem monumentalen Bilde einer »Wäscherin«
oder von »Mutter und Kind«, zu münden. K.

PERSONAL- UND

ATELIER-NACHRICHTEN

DERLIN. Das Stipendium der Adolf Menzel-Stif-
" tung ist für das Jahr 1909 dem Maler Franz
Eichhorst aus Berlin verliehen worden.
DERLIN. Aus der Ernst Reichenheim-Stiftung
*-* für junge befähigte Maler aus den höheren
Semestern der Königlichen akademischen Hoch-
schule für die bildenden Künste zu Berlin wurden
zwei Stipendien von je 600 Mark den Malern Eugen
Hersch aus Charlottenburg und Paul Bischoff
aus Magdeburg für das Jahr 1908/09 verliehen.
MÜNCHEN. Dem Schriftführer der Münchener
"* Secession, Maler Wilhelm Ludwig Lehmann,
der die Geschäfte der Secession seit längeren Jahren
in ebenso aufopfernder wie erfolgreicher Weise führt,
ist der Professortitel verliehen worden. Die gleiche
Ehrung wurde dem Bildhauer K. G. Barth zuteil.
TUÜRNBERG. Die Ausführung des Schiller-Denk-
l~ mals im hiesigen Stadtpark, für welches ein
Nürnberger Bürger 60000 M. gestiftet hat, ist Professor
Adolf Hildebrand in München übertragen worden.
EIMAR. In der am 15. Dezember stattgefundenen
Generalversammlung des Deutschen Künstler-
bundes wurdeGraf Kalckreuth wieder zumPräsidenten
und Graf Harry Keßler wieder zum Vizepräsidenten
und Schatzmeister gewählt. Als stellvertretender Vize-
präsident wurde an Stelle des verstorbenen Leistikow
Max Slevogt gewählt. In den erweiterten Vorstand
traten ferner ein Prof. Thedy, Hans Baluschek, Prof.
George Sauter (London) und Kurt Hermann. — Dem
Grafen Harry Keßler ist von etwa 30 bedeutenden
Künstlern Deutschlands, Englands und Frankreichs
eine Adresse und als Geschenk ein kostbares, alt-
chinesisches Bronzegefäß überreicht worden.
r^ESTORBEN: Am 24. Dezember in Mainz der
Münchner Bildhauer Professor Josef Echteler
im Alter von 55 Jahren, von dessen Werken neben
zahlreichen Porträtbüsten die Kolossalgruppe »Piri-
tbous Kampf um Helena« und »Venus, sich mit
Rosen schmückend« hervorzuheben sind.

Ausgabe: 14. Januar 1909
Druck und Verlag von F. Bruckmann A.-G. — Beide in München

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