-b^> VON AUSSTELLUNGEN — PERSONAL-NACHRICHTEN
Zu bemerken wäre, daß belgische Künstler, welche
auf Farbenzerteilung (Pointiiiismus) zusteuerten und
hierin bedeutende Erfolge ernteten, willkürlich nun
einer massigeren Behandlung des Pinselstriches ent-
gegengehen, als besser geeignet, sich mit der landes-
üblichen Empfindungsart zu decken. — Das Bestreben
belgischer Kunst ist, wie gesagt, vorwiegend kolo-
ristisch. Indessen wirken auch einige Maler auf eine
Synthesis des Gesehenen hin; dort wo meistens der
Maler sich durch die Naturerscheinung leiten und
begeistern läßt, soll diese hier objektiv bewältigt
werden, was namentlich bei Künstlern wie Xavier
Mellery und Jacob Smits eintritt. Als besonders reich-
haltig sind aus dieser Ausstellung noch das Gesamt-
werk des französischen Bildhauers J. B. Carpeaux
hervorzuheben,sowie die lebendig erfaßten Silhouetten
und farbenreich klingenden Bilder des jung verstor-
benen Henri Evenepoel. — Es wäre zu weitläufig,
auf die einzelnen vorzüglichen Vertreter der Figur,
der Landschaft, des Stillebens und namentlich der
Marine hinzuweisen und sie einzeln zu analysieren.
Ein gleiches gilt für die außer Carpeaux weniger
zahlreichen, doch durch Qualität vorzüglichen Werke
der Bildhauerkunst. j. s.
DERLIN. Bei Eduard Schulte ist in diesem Monat
wieder sehr viel und sehr verschiedenartiges zu
sehen. Einiges können wir füglich übergehen; anderes
müssen wir mit der kurzen Erwähnung abtun, so
eine Kollektion feiner Aquarellandschaften von Max
Fritz (Lübben), so die Schöpfungen des Schönleber-
schülers Ernst Eitner, der in seinen Schildereien
von der Waterkante ganz eigene Wege geht; ebenso
die Landschaften von allerbester Haltung, die Fried-
rich Kallmorgen ausgestellt hat, und die Bilder
des Münchners Karl Hartmann, dessen eigent-
liche Domäne das Genre zu sein scheint. Von Fritz
Mühlbrecht (München) hängen u. a. einige viel-
versprechende Interieurs da von großer Tondelika-
tesse bei oftmals direkter Lustigkeit der Farbe.
Walter Petersen (Düsseldorf) zeigt sich als einen
eleganten, geschmackvollen Porträtisten weiblicher
Schönheit, bei dem sich ein feiner Farbensinn mit
einer virtuosen Beherrschung des Stofflichen ver-
bindet. Ueber den Pariser Boutet de Monvel
kann man vorläufig kein exaktes Urteil abgeben.
Sicherlich ist er eine interessante Erscheinung, nur
so stark eklektisch, daß man schwer erraten kann,
wohin sein Talent seiner eigenen, innersten Neigung
nach gravitiert. Vielfach schlägt er eine im besten
Sinne dekorative Note an; in ruhiger Breitansicht,
ohne komplizierte Verkürzung, stehen die Dinge
in der Fläche. Die Technik ist sehr verschieden.
Teils in breiten Farbflächen mit festem, klarem
Auftrag, teils pointilliert, oft mit schwerem Kontur,
oft weich verschwimmend. Ein Experiment ist das
Porträt eines jungen Mannes in ganzer, überlebens-
großer Figur mit zwei Tigerdoggen in einer welligen
Heidelandschaft vor grauem Himmel; sehr gedämpft
in der Farbe, aber von fein harmonischer Wirkung.
Das Köstlichste, das uns bei Schulte beschert wird,
sind die Bilder von Erich Erler-Samaden. Ein
Künstler, an dessen Werken man seine helle Freude
haben muß. Er dichtet mit den frischen leuchten-
den Farben der starklebigen Alpenflora; er setzt
uns nicht vor absurde technische Spintisierereien
und läßt uns keine philosophischen Probleme kosten.
Köstlich optimistisch sieht er die Welt an und schil-
dert sie mit einem Einschlag feinsten Humors. Und
da er über eine dieser seelischen Disposition gleich-
wertige, frische schlichte Technik verfügt, kommen
Werte zustande, die sich — mutatis mutandis — mit
denen messen können, die uns Böcklins Arbeiten
so ans Herz haben wachsen lassen. Das aber ist
nicht <l'art pour l'art>, weil hier das Herz den glei-
chen Anteil am Gelingen gehabt hat, wie das Auge.
Seine ■ Heiligen drei Könige«, sein > Taugenichts«,
die Bergsteiger und Jäger wird man nicht so leicht
vergessen, ebensowenig wie die herrliche Leucht-
kraft und Lebendigkeit seiner Blumen, ob er sie
nun im Garten vor der Laube wild wachsen läßt,
oder sie gebunden als Stilleben behandelt.
Im Künstlerhaus stellt u. a. Eugen Wolff aus.
Die große Menge seiner Bilder wirkt zu aufdring-
lich fleckenhaft, mit den unruhig nervösen Druckern
und der Unsicherheit der Lichtführung. Wo er sich
mäßigt, wie etwa bei einem feinen sonnigen Interieur
mit Ausblick auf die Dächer einer Stadt, sieht man,
was der Künstler bei mehr Selbstdisziplin leisten
könnte. Allzu weich und verschwommen, bei übrigens
guter Farbstimmung, sind die Bilder von Karl
Ströher (Berlin); zwischen beiden etwa steht Theo-
dor Esser, dem es bisher aber auch noch nicht ge-
lungen ist, sich zu einer klaren Sachlichkeit durch-
zuringen. Johannes Martini bekundet ein stark
ausgesprochenes dekoratives Talent, eine feine Gabe
silhouettenhaft zu komponieren.
Nachlaßausstellungen hat das Künstlerhaus von
zwei Malern veranstaltet: Gottlieb Biermann,
dessen Höhezeit in den 1870er Jahren, in der Epoche
der Pseudorenaissance lag; viel Genrebilder und
Porträts, die sich einst eines nicht unerheblichen
Ruhmes erfreuten. Endlich : PaulThumann, dessen
Idealgestalten uns ebenfalls nicht mehr hinreißen
können, trotzdem er Qualitäten besaß, die man nicht
allzu gering einschätzen sollte. r. s.
pvÜSSELDORF. In Olbrichs Monumentalbau für
das Warenhaus Tietz hat sich ein neuer Kunst-
salon aufgetan, dessen Ziele gerade für Düsseldorf
nicht als gleichgültig bezeichnet werden dürfen. Die
ideale Absicht der beiden Leiter — der Maler Max
Ciarenbach und Fritz Westendorp — geht dahin,
unter keinen Umständen die gewöhnliche Marktware
zuzulassen, sondern ausschließlich ernste moderne
Kunst zu bringen, die einen für Künstler und Publi-
kum anregenden und weiterführenden Charakter trägt.
Auf der ersten Ausstellung dominiert unter den
heimischen Künstlern naturgemäß die Jugend. Von Fi-
gurenmalern Sind schneider-DlDAM, W.sch reuer,
Schmurr, A. und O. Sohn-Rethel, J. Goossens, D.
Zacharias, von Landschaftern M. Clarenbach,
H. Liesegang, W. Ophey, H. Heimes, te Peerdt
u. a. gut vertreten. Von auswärts kamen eine Strand-
szene von M. Liebermann, drei bedeutende Bilder
von Trübner, ferner gute Sachen von E. Orlik,
Vogeler, Dreydorff, Palmie, Pottner, Julie
Wolfthorn. Auch einige treffliche Kleinplastiken
sind ausgestellt. Die drei Räume wurden von Prof.
Billing-Karlsruhe mit solider und geschmackvoller
Gediegenheit eingerichtet. g. howe
PERSONAL - NACHRICHTEN
t> ADEN-BADEN. Hier starb der bekannte Land-
*-* schaftsmaler Victor Puhonny, 70Jahre alt, ein
geborener Oesterreicher. Er gehörte einst als Offizier
dem österreichischen Regiment an, das seine
Garnison in Rastatt hatte. Die Motive für seine
Landschaften, in denen er die Natur mit feinem
Verständnis wiedergab, holte er sich zumeist aus
Baden-Badens Umgebung und aus dem Schwarz-
wald. Werke von ihm befinden sich in der Vor-
halle des Kaiserin-Augusta-Bades in Baden-Baden
sowie im neuen Galeriegebäude und in der Aula
des Polytechnikums zu Karlsruhe.
Redaktionsschluß: 27. April 1909 Ausgabe: 13. Mai 1909
Herausgeber: F.Schwartz. Für die Redaktion verantwortlich: P. Kirchgraber. — Druck und Verlag von F. Bruckmann A.-G.
Sämtlich in München
Zu bemerken wäre, daß belgische Künstler, welche
auf Farbenzerteilung (Pointiiiismus) zusteuerten und
hierin bedeutende Erfolge ernteten, willkürlich nun
einer massigeren Behandlung des Pinselstriches ent-
gegengehen, als besser geeignet, sich mit der landes-
üblichen Empfindungsart zu decken. — Das Bestreben
belgischer Kunst ist, wie gesagt, vorwiegend kolo-
ristisch. Indessen wirken auch einige Maler auf eine
Synthesis des Gesehenen hin; dort wo meistens der
Maler sich durch die Naturerscheinung leiten und
begeistern läßt, soll diese hier objektiv bewältigt
werden, was namentlich bei Künstlern wie Xavier
Mellery und Jacob Smits eintritt. Als besonders reich-
haltig sind aus dieser Ausstellung noch das Gesamt-
werk des französischen Bildhauers J. B. Carpeaux
hervorzuheben,sowie die lebendig erfaßten Silhouetten
und farbenreich klingenden Bilder des jung verstor-
benen Henri Evenepoel. — Es wäre zu weitläufig,
auf die einzelnen vorzüglichen Vertreter der Figur,
der Landschaft, des Stillebens und namentlich der
Marine hinzuweisen und sie einzeln zu analysieren.
Ein gleiches gilt für die außer Carpeaux weniger
zahlreichen, doch durch Qualität vorzüglichen Werke
der Bildhauerkunst. j. s.
DERLIN. Bei Eduard Schulte ist in diesem Monat
wieder sehr viel und sehr verschiedenartiges zu
sehen. Einiges können wir füglich übergehen; anderes
müssen wir mit der kurzen Erwähnung abtun, so
eine Kollektion feiner Aquarellandschaften von Max
Fritz (Lübben), so die Schöpfungen des Schönleber-
schülers Ernst Eitner, der in seinen Schildereien
von der Waterkante ganz eigene Wege geht; ebenso
die Landschaften von allerbester Haltung, die Fried-
rich Kallmorgen ausgestellt hat, und die Bilder
des Münchners Karl Hartmann, dessen eigent-
liche Domäne das Genre zu sein scheint. Von Fritz
Mühlbrecht (München) hängen u. a. einige viel-
versprechende Interieurs da von großer Tondelika-
tesse bei oftmals direkter Lustigkeit der Farbe.
Walter Petersen (Düsseldorf) zeigt sich als einen
eleganten, geschmackvollen Porträtisten weiblicher
Schönheit, bei dem sich ein feiner Farbensinn mit
einer virtuosen Beherrschung des Stofflichen ver-
bindet. Ueber den Pariser Boutet de Monvel
kann man vorläufig kein exaktes Urteil abgeben.
Sicherlich ist er eine interessante Erscheinung, nur
so stark eklektisch, daß man schwer erraten kann,
wohin sein Talent seiner eigenen, innersten Neigung
nach gravitiert. Vielfach schlägt er eine im besten
Sinne dekorative Note an; in ruhiger Breitansicht,
ohne komplizierte Verkürzung, stehen die Dinge
in der Fläche. Die Technik ist sehr verschieden.
Teils in breiten Farbflächen mit festem, klarem
Auftrag, teils pointilliert, oft mit schwerem Kontur,
oft weich verschwimmend. Ein Experiment ist das
Porträt eines jungen Mannes in ganzer, überlebens-
großer Figur mit zwei Tigerdoggen in einer welligen
Heidelandschaft vor grauem Himmel; sehr gedämpft
in der Farbe, aber von fein harmonischer Wirkung.
Das Köstlichste, das uns bei Schulte beschert wird,
sind die Bilder von Erich Erler-Samaden. Ein
Künstler, an dessen Werken man seine helle Freude
haben muß. Er dichtet mit den frischen leuchten-
den Farben der starklebigen Alpenflora; er setzt
uns nicht vor absurde technische Spintisierereien
und läßt uns keine philosophischen Probleme kosten.
Köstlich optimistisch sieht er die Welt an und schil-
dert sie mit einem Einschlag feinsten Humors. Und
da er über eine dieser seelischen Disposition gleich-
wertige, frische schlichte Technik verfügt, kommen
Werte zustande, die sich — mutatis mutandis — mit
denen messen können, die uns Böcklins Arbeiten
so ans Herz haben wachsen lassen. Das aber ist
nicht <l'art pour l'art>, weil hier das Herz den glei-
chen Anteil am Gelingen gehabt hat, wie das Auge.
Seine ■ Heiligen drei Könige«, sein > Taugenichts«,
die Bergsteiger und Jäger wird man nicht so leicht
vergessen, ebensowenig wie die herrliche Leucht-
kraft und Lebendigkeit seiner Blumen, ob er sie
nun im Garten vor der Laube wild wachsen läßt,
oder sie gebunden als Stilleben behandelt.
Im Künstlerhaus stellt u. a. Eugen Wolff aus.
Die große Menge seiner Bilder wirkt zu aufdring-
lich fleckenhaft, mit den unruhig nervösen Druckern
und der Unsicherheit der Lichtführung. Wo er sich
mäßigt, wie etwa bei einem feinen sonnigen Interieur
mit Ausblick auf die Dächer einer Stadt, sieht man,
was der Künstler bei mehr Selbstdisziplin leisten
könnte. Allzu weich und verschwommen, bei übrigens
guter Farbstimmung, sind die Bilder von Karl
Ströher (Berlin); zwischen beiden etwa steht Theo-
dor Esser, dem es bisher aber auch noch nicht ge-
lungen ist, sich zu einer klaren Sachlichkeit durch-
zuringen. Johannes Martini bekundet ein stark
ausgesprochenes dekoratives Talent, eine feine Gabe
silhouettenhaft zu komponieren.
Nachlaßausstellungen hat das Künstlerhaus von
zwei Malern veranstaltet: Gottlieb Biermann,
dessen Höhezeit in den 1870er Jahren, in der Epoche
der Pseudorenaissance lag; viel Genrebilder und
Porträts, die sich einst eines nicht unerheblichen
Ruhmes erfreuten. Endlich : PaulThumann, dessen
Idealgestalten uns ebenfalls nicht mehr hinreißen
können, trotzdem er Qualitäten besaß, die man nicht
allzu gering einschätzen sollte. r. s.
pvÜSSELDORF. In Olbrichs Monumentalbau für
das Warenhaus Tietz hat sich ein neuer Kunst-
salon aufgetan, dessen Ziele gerade für Düsseldorf
nicht als gleichgültig bezeichnet werden dürfen. Die
ideale Absicht der beiden Leiter — der Maler Max
Ciarenbach und Fritz Westendorp — geht dahin,
unter keinen Umständen die gewöhnliche Marktware
zuzulassen, sondern ausschließlich ernste moderne
Kunst zu bringen, die einen für Künstler und Publi-
kum anregenden und weiterführenden Charakter trägt.
Auf der ersten Ausstellung dominiert unter den
heimischen Künstlern naturgemäß die Jugend. Von Fi-
gurenmalern Sind schneider-DlDAM, W.sch reuer,
Schmurr, A. und O. Sohn-Rethel, J. Goossens, D.
Zacharias, von Landschaftern M. Clarenbach,
H. Liesegang, W. Ophey, H. Heimes, te Peerdt
u. a. gut vertreten. Von auswärts kamen eine Strand-
szene von M. Liebermann, drei bedeutende Bilder
von Trübner, ferner gute Sachen von E. Orlik,
Vogeler, Dreydorff, Palmie, Pottner, Julie
Wolfthorn. Auch einige treffliche Kleinplastiken
sind ausgestellt. Die drei Räume wurden von Prof.
Billing-Karlsruhe mit solider und geschmackvoller
Gediegenheit eingerichtet. g. howe
PERSONAL - NACHRICHTEN
t> ADEN-BADEN. Hier starb der bekannte Land-
*-* schaftsmaler Victor Puhonny, 70Jahre alt, ein
geborener Oesterreicher. Er gehörte einst als Offizier
dem österreichischen Regiment an, das seine
Garnison in Rastatt hatte. Die Motive für seine
Landschaften, in denen er die Natur mit feinem
Verständnis wiedergab, holte er sich zumeist aus
Baden-Badens Umgebung und aus dem Schwarz-
wald. Werke von ihm befinden sich in der Vor-
halle des Kaiserin-Augusta-Bades in Baden-Baden
sowie im neuen Galeriegebäude und in der Aula
des Polytechnikums zu Karlsruhe.
Redaktionsschluß: 27. April 1909 Ausgabe: 13. Mai 1909
Herausgeber: F.Schwartz. Für die Redaktion verantwortlich: P. Kirchgraber. — Druck und Verlag von F. Bruckmann A.-G.
Sämtlich in München