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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Kalkschmidt, Eugen: Die Akademien und der Kunstunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.12503#0600

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-^feö> DIE AKADEMIEN UND DER KUNSTUNTERRICHT

FRANZ KIEDERICH NACH DER KARTOFFELERNTE

Aasstellung Düsseldorf 1909

tekt sollte mit dem Bildhauer, der Maler mit
dem Baumeister zusammenarbeiten lernen von
Hause aus, das heißt also hier von der Lehr-
statt aus. Das wird sich am besten erreichen
lassen, wenn die jungen Leute, die zur Aka-
demie wollen, eine gemeinsame obligatorische
Vorschule in möglichst vielseitig ausgebilde-
ten Lehrwerkstätten durchmachen. Die sind
in unseren Kunstgewerbeschulen zum Teil
schon da. Es würde sich also um eine neue
Gesamtorganisation der staatlichen Schulen für
die angewandten wie für die freien Künste
handeln. Wer etwa drei Jahre lang die An-
wendung der Künste erprobt hat, wird vor
akademischer Sterilität im freien Schaffen heil-
samer bewahrt sein, als wer in dem idealisti-
schen Wahn befangen ist, die künstlerischen
Bedürfnisse der Gegenwart aus dem Punkte
seiner willkürlichen Begabung und Neigung zu
kurieren, und freie Schöpfungen an den Mann
zu bringen, die sich im leeren Räume bewe-

gen. Der „Individualissimus" wird etwas zu-
rückgeschraubt werden, vom Superlativ auf
den Positiv zurück, mit dem aller natürliche
Anfang gegeben ist.

Der Gedanke ist ja wirklich nicht neu, er
marschiert bereits sichtbar durch die Gegen-
wart, sichtbar und siegreich. All die zahl-
reichen Begabungen, die sich von der Höhe
ihrer akademischen Bildung und Enttäuschung
herab resolut ins Kunsthandwerk begeben und
es zu einer neuen kraftvollen Blüte gebracht
haben, sind Träger der Erkenntnis, daß man von
unten anfangen müsse, um fruchtbarzu schaffen.
Und was heißt schließlich unten oder oben? Ist
das Staffeleigemälde, die Atelierplastik für den
Kamin wirklich die höchste Kunst? Ist ein Pla-
kat, ein Buchtitel, eine edle Schale, das plasti-
sche Wahrzeichen über der Tür des Bürger-
hauses, ein fröhlicher Fries für seine Halle nicht
am Ende eine besser angewandte Kunst als eine,
die auf Rumpelkammern verstauben muß?

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