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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Kalkschmidt, Eugen: Die Akademien und der Kunstunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.12503#0601

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^=feö> DIE AKADEMIEN UND DER KUNST UNTERRICHT <a^p-

HEINRICH HERMANNS VERLASSENER MÜHLBACH

Ausstellung Düsseldorf 1909

Und unter dem Gesichtspunkt der Staat- wäre das gewiß eine freiere und vornehmere
liehen Verantwortlichkeit für die von ihm aus- Form der öffentlichen Kunstpflege als die jet-
gebildeten Akademiker ergäbe der Zwang zur zige, die ein Amt auferlegt, für das in recht
praktischen Vorschule fürs freie Studium ein vielen Fällen Neigung wie Begabung fehlen.
Heilmittel der Abschreckung für alle jene Ele- Abgewiesen wird es nicht leicht, denn es
mente, die eigentlich garnicht zur Kunst be- handelt sich ja um eine sichere Einnahme, um
rufen sind. Junge Leute, mit dem vagen Traum Befreiung von der Sorge ums liebe Brot. Au-
vom fidelen freien Künstlertum, aber ohne ern- ßerdem um eine Auszeichnung. Diese würde
sten Arbeitswillen, würden sich den Unan- an Wert gewiß nicht verlieren, wenn der Ge-
nehmlichkeiten einer handwerksmäßigen Er- danke der Akademie einen weiteren Rahmen
ziehung zur Kunst nicht gern aussetzen. Sie erhielte; wenn er zum lebendigen Inbegriff
würden zu Privatschulen gehen wie die Legion einer wirklichen Auslese der Besten würde,
der Maljüngerinnen von heute. Gut, das mögen aus Lehrern und Schülern; wenn er nicht,
sie. Aber der Staat und seine Lehrer sind wie er heute leider tut, die dürre Vorstellung
dann entlastet, in jedem Sinne. einer mumienhaften und kostspieligen Ein-

Die Lehrer — was fingen wir mit ihnen an, richtung erweckte, an der das Leben mit fra-

wenn sich die Akademien derart entvölkerten? gendem oder enttäuschtem Blick vorüberzieht.

Nun, den wirklichen Lehrer möchte ich sehen, -

der sich nicht lieber auf drei Schüler be- GEDANKEN ÜBER KUNST

schränkte, anstatt mit dreißigen arbeiten zu Man sollte nicht so viel von „Richtungen"sprechen,

müssen. Und was verschlüge es, wenn der als ob die Richtungen den Künstler machen und nicht

Staat seinen Jahrgehalt an bewährte Meister umgekehrt. DeralteSchadowpflegte-seinenSchälern,

, ,^ , ., . » . , o- , . die ihre schlechte Arbeit mit dem schlechten Zeichen-

zahlte, ohne ihnen eine feste Lehrverpflichtung material zu entschuldigen suchten, zu antworten:

aufzubürden? Wenn er ihnen die Möglichkeit „Mein Sohn, der Bleistift ist nicht dumm". Die

einer wirtschaftlichen Unabhängigkeit sicherte Richtung ist nur das äußere Gewand eines Künstlers,

und mit Werken ihrer Hand als Gegengabe steckt ein Kerl dahinter so ist die Richtung gut

„.. „ , . . , „° _° _ auch in der Kunst macht der Rock nicht den Mann

für seine Sammlungen zufrieden wäre? Es Max Liebermann

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