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von der blinkenden Wärmpfanne und dem leuchten-
den roten Rock am Fussende des Bettes. Das ist
die alte Manier, beliebige Nebendinge namhaft zu
machen, wie sie einmal zur Identifizierung des Bil-
des nützlich sein können, als Augenführung dagegen
würden solche Beschreibungen geradezu verderblich
wirken, denn wer wirklich dem Katalog folgte und
diese zufällig genannten Einzeldinge suchte, der
wäre für die künstlerische Betrachtung verloren.
Man wird einwerfen: die Gefahr sei nicht gross,
denn niemand werde sich den offiziellen Beschrei-
bungen verkaufen. Allein der Katalog ist doch da,
um gelesen und benutzt zu werden und er soll
nicht nur nicht verwirren, sondern aufklären und
helfen.
Wo aber Hülfe am nötigsten ist, das ist auf
dem Boden des Formalen. Das Formale hat viele
Seiten und der beste Führer wird nicht gleich den
Unvorbereiteten zum Kenner machen können; aber
er kann wenigstens die ersten Schritte leiten, dass
das Auge die Richtung nicht ganz verfehle. Es ist
soeben von der Lichtführung in diesem Bilde des
Pieter de Hooch gesprochen worden: das eine
höchste Licht hier ist so charakteristisch, dass die
Beschreibung es nicht übergehen sollte. Wer Sinn
hat, der wird auf die eine Weisung hin dann schon
weiter suchen, welches die untern Stufen des Lich-
tes sind. Und wie steht es mit der Farbe? Der Ka-
talog giebt hier gar keine Notiz. Man würde sich
nicht wundern, wenn etwa bei der Hauptfigur die
Farbe von Rock oder Jacke erwähnt wäre, glück-
licher Weise ist das nicht geschehen: es wäre eine
blosse Irreführung des Betrachters, denn die Haupt-
farbe ist gar nicht an die Hauptfigur gebunden, ihr
Träger ist der aufgehängte Rock am Bett mit seinem
leuchtenden Rot und diesem antwortet das glühende
Braungelb des sonnigen Holzwerkes an der Thür.
Dieses Farbenpaar ist der Schlüssel zur ganzen Kom-
position. Einmal aufmerksam gemacht, wird auch
eine bescheidene natürliche Sehbegabung sich schon
weiter zu helfen wissen und den mannigfach ge-
brochenen Wiederholungen der Hauptfarben nach-
gehn, vielleicht auch ohne besondern Hinweis er-
kennen, wie die komplementären blauen und
grünen Töne sekundieren.
Wie weit man diese farbigen Abwandlungen
in die Beschreibung aufnehmen soll, darüber lässt
sich reden; in jedem Fall würde ich befürworten,
dass eingeschlagene und nachgedunkelte Farben, die
falsch oder gar nicht wirken, durch eine Erwäh-
nung im Text korrigiert würden. Hier hat z. B.
das tiefe Blau der Bettdecke gewiss ursprünglich
stärker mitgesprochen.
In letzter Zeit ist wiederholt der Versuch ge-
macht worden, den amtlichen Katalogen nichtamt-
liche Ciceroni an die Seite zu stellen. Diese haben
grundsätzlich die Absicht, dem künstlerischen Ver-
ständnis aufzuhelfen, indem sie zunächst die Dinge
in ihren historischen Zusammenhang bringen. Das
ist gewiss gut, nur wird es leicht passieren, dass
die Einzelbetrachtung dabei zu kurz kommt. Ganze
Richtungen werden mit ein paar Sätzen charak-
terisiert, das Publikum allzurasch vom Einzelfall zu
den GattungsbegrifFen übergeführt. Und dann droht
hier eine zweite Gefahr: diese Ciceroni geben fest
formulierte ästhetische Ansichten. Der Museums-
besucher sollte aber durch seinen Führer nicht be-
vormundet, sondern zu eigener Thätigkeit angeregt
werden. Er sollte keine fertige Beurteilung vor-
finden, sondern nur Anhaltspunkte zur Beurteilung.
Wie immer man sich nun Kataloge denken
mag, ob ausführlich oder ganz knapp: jeden-
falls sollte alles versucht werden, das Kapital, das
in den Museen steckt, fruchtbarer zu machen und
das ungeheure Missverhältnis zu mildern, das noch
immer besteht, zwischen der Kunst, wie sie ist, und
der Art, wie sie von der grossen Menge hingenom-
men wird. Alle kunstgeschichtlichen Bücher
leiden darunter, dass sie über Dinge sprechen
müssen, die der Leser nicht vor Augen hat; hier,
wo die Originale da sind, fehlt die belehrende
Rede.
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