kombiniert, oder alle drei Techniken treten zusammen,
um die Wirkung zu erhöhen.
Auch bei Munch steht die Radierung im Vorder-
grund, mit insgesamt i 24 Blattern, davon 64 mit der
kalten Nadel gearbeitet, 51 Atzungen und 9 Schab-
blätter; Kombinationen vorwiegend zwischen kalter
Nadel und Aijuatinta. Daneben umfasst das lithogra-
phische Werk 77 Nummern, und der Holzschnitt weist
47 Blätter auf. InbeidenTechniken hat also der Künstler
fleissig gearbeitet. Seine Hauptschaffensjahre auf gra-
phischem Gebiet sind 1896 und 1901, mit 45 resp. 49
Blättern. Die Radierung wurde hauptsächlich i.'!y 5; mit
12 Blättern und dann wieder 1902 mit 38 gepflegt. Die
Lithographie steigt anfangs schüchtern auf, wächst von
1895 auf 1896 von neun auf dreiundzwanzig und hält
sich dann auf mittlerer Höhe (drei bis vier im Jahr).
Der Holzschnitt kommt zuletzt. Er beginnt 1896 in
gemessenem Tempo; 1898 und 1899 ist die Thätigkeit
am höchsten (mit 10, resp. 13 Nummern); auch das
Jahr 1905 zeigt wieder acht Holzschnitte. Eine be-
stimmte ,,Entwicklung" ist also, was die Verwendungen
der Techniken angeht, beiderseits nicht zu konstatieren.
Die Vorliebe geht nach Laune auf und ab und bevor-
zugt bald die eine bald die andere Ausdrucksform. Viele
Möglichkeiten wurden versucht und immer neue noch
scheinen sich zu zeigen. Somit weist Munchs Schaffen
in die Zukunft, während Liebermanns graphisches Werk
bereits heute ein völlig gesicherter Besitz ist, dessen
jeder Einsichtige sich freut. Franz Servaes
■&
H. von Hoffmannsthal, der weisse Fächer.
Mit vier Holzschnitten von Edward Gordon Craig, im
Insel-Verlage, Leipzig.
Vielleicht wäre diese Dichtung — eine meisterliche,
aber immerhin eine Kleinigkeit aus der Hand des reifen
Hoffmannsthal — in einem Brevier besser am Platze ge-
wesen. Der stattliche Quartband mit einer entsprechend
monumentalen Antiqua, beklemmt fast dieleichte Hin-
geworfenheit dieser Verse, die einem flüchtigen Einfall
nachgesandt, rasch und ohne tieferen Nachklang den
Sinnen entschwinden. Dennoch ist diese Publikation
ein reizendes Dokument unserer Buchkultur, luxuriös
und einfach, von einem höchst wählerischen Takt für
das Diskrete ungewöhnlicher Mittel. Herr Craig, der
die Holzschnitte dazu gezeichnet hat, wahrt insofern
die Einheitlichkeit des Druckes, als er seinen Entwürfen
auch eine etwas steife Grazie gegeben hat. Immerhin
darf er nach dem Fiasko seiner Duncan-Mappe die An-
erkennung beanspruchen, dass diese Zeichnungen die
Idee und in manchem auch die Hand eines Künstlers
verraten. Da er hier nur mit grossen Flächen arbeitet,
die als weisse und graue Lichtmassen aus dem schwarzen
Grunde ausgespart, einige landschaftliche Motive
summarisch zu umschreiben haben, die Figuren selbst
sehr klein hineingesetzt oder als Silhouetten nur weitere
Gliederungsfaktoren der bewegten Fläche sind, be-
kommen diese Stücke eine sehr ruhige und ausgeglichene
Haltung, die sich von der zeichnerischen Ungeschick-
lichkeitseiner Dumau-Blätter wohlthuend unterscheidet.
Mit ihren sparsamen Details und ihren glatten Flächen
unterbrechen und beleben sie diskret die Gleichmässig-
keit der Druckseiten, ohne zu stören, schmücken also
und fangen dennoch einige Motive der Dichtung in
einem Spiegel, der ihrem flüchtigen Vorüber ein wenig
Dauer und eine stille Weihe giebt.
Müller-Kaboth.
„Erzählungen einer kleinen Schere" nennt der be-
kannte schlesische Maler-Radierer Prof. Heinrich Wolff
in Königsberg eine Sammlung von sechzehn „im Origi-
nal ohne Aufzeichnung aus schwarzem Papier ge-
schnittenen und in ursprünglicher Grösse (bei Paul Ader-
jahn) reproduzierten Blättern." Und wenn er gesteht,
dass man vielleicht so „ganz besondere Dinge sagen und
Wesen schaffen kann, die nur in dieser Region recht
leben können", so ist er in seinen ebenso kühnen wie
delikaten Schattenschnitten jenen geheimnisvollen Weg
selbst schon mit vielem Glück gewandelt. Und zwar
nicht bloss als eigentlicher Märchenerzähler, wie wenn
er seine Schere vom „Schatzgräber", vom „Froschkönig"
oder vom „Riesenspielzeug" in phantastischen Rhythmen
fabeln lässt, sondern fast noch mehr in Szenen ganz
eigener Erfindung, wie dem geistvollen Blatte „Die
blonde Comtess", wie im „Spätsommer" oder dem
schlechtweg klassischen „Einsamen Fräulein". Am näch-
sten aber steht meinem persönlichen Geschmack in alle-
dem das Landschaftliche. Ich erinnere mich nicht auf
dem Gebiet der Silhouette jemals so Eindringliches, mit
solcher SicherheitHingesetztes, Hingeschnittenes gesehen
zu haben. Der Blick durch „das alte Thor", der Dorf-
und Meerhintergrund im „Spätsommer", die japanisch
graziöse Waldseekulisse der „Comtess", vor allem aber
zwei Studien „Am Haff" — sind Schöpfungen, in denen
sich eine schier unbegreifliche Geschicklichkeit der Hand
mit einem so wesentlichen Naturempfinden und einer
so liebenswürdigen Menschlichkeit verbindet, dass wir
uns — nicht zuletzt —: bei des Künstlers kleinem
Töchterlein bedanken wollen: „dem zuliebe die schwar-
zen Männlein und Fräulein nach zwölfjährigem Schlafe
wieder aufgewacht sind", wie er in seinem Begleitwort
gar anmutig berichtet.
Chr. M.
4M
um die Wirkung zu erhöhen.
Auch bei Munch steht die Radierung im Vorder-
grund, mit insgesamt i 24 Blattern, davon 64 mit der
kalten Nadel gearbeitet, 51 Atzungen und 9 Schab-
blätter; Kombinationen vorwiegend zwischen kalter
Nadel und Aijuatinta. Daneben umfasst das lithogra-
phische Werk 77 Nummern, und der Holzschnitt weist
47 Blätter auf. InbeidenTechniken hat also der Künstler
fleissig gearbeitet. Seine Hauptschaffensjahre auf gra-
phischem Gebiet sind 1896 und 1901, mit 45 resp. 49
Blättern. Die Radierung wurde hauptsächlich i.'!y 5; mit
12 Blättern und dann wieder 1902 mit 38 gepflegt. Die
Lithographie steigt anfangs schüchtern auf, wächst von
1895 auf 1896 von neun auf dreiundzwanzig und hält
sich dann auf mittlerer Höhe (drei bis vier im Jahr).
Der Holzschnitt kommt zuletzt. Er beginnt 1896 in
gemessenem Tempo; 1898 und 1899 ist die Thätigkeit
am höchsten (mit 10, resp. 13 Nummern); auch das
Jahr 1905 zeigt wieder acht Holzschnitte. Eine be-
stimmte ,,Entwicklung" ist also, was die Verwendungen
der Techniken angeht, beiderseits nicht zu konstatieren.
Die Vorliebe geht nach Laune auf und ab und bevor-
zugt bald die eine bald die andere Ausdrucksform. Viele
Möglichkeiten wurden versucht und immer neue noch
scheinen sich zu zeigen. Somit weist Munchs Schaffen
in die Zukunft, während Liebermanns graphisches Werk
bereits heute ein völlig gesicherter Besitz ist, dessen
jeder Einsichtige sich freut. Franz Servaes
■&
H. von Hoffmannsthal, der weisse Fächer.
Mit vier Holzschnitten von Edward Gordon Craig, im
Insel-Verlage, Leipzig.
Vielleicht wäre diese Dichtung — eine meisterliche,
aber immerhin eine Kleinigkeit aus der Hand des reifen
Hoffmannsthal — in einem Brevier besser am Platze ge-
wesen. Der stattliche Quartband mit einer entsprechend
monumentalen Antiqua, beklemmt fast dieleichte Hin-
geworfenheit dieser Verse, die einem flüchtigen Einfall
nachgesandt, rasch und ohne tieferen Nachklang den
Sinnen entschwinden. Dennoch ist diese Publikation
ein reizendes Dokument unserer Buchkultur, luxuriös
und einfach, von einem höchst wählerischen Takt für
das Diskrete ungewöhnlicher Mittel. Herr Craig, der
die Holzschnitte dazu gezeichnet hat, wahrt insofern
die Einheitlichkeit des Druckes, als er seinen Entwürfen
auch eine etwas steife Grazie gegeben hat. Immerhin
darf er nach dem Fiasko seiner Duncan-Mappe die An-
erkennung beanspruchen, dass diese Zeichnungen die
Idee und in manchem auch die Hand eines Künstlers
verraten. Da er hier nur mit grossen Flächen arbeitet,
die als weisse und graue Lichtmassen aus dem schwarzen
Grunde ausgespart, einige landschaftliche Motive
summarisch zu umschreiben haben, die Figuren selbst
sehr klein hineingesetzt oder als Silhouetten nur weitere
Gliederungsfaktoren der bewegten Fläche sind, be-
kommen diese Stücke eine sehr ruhige und ausgeglichene
Haltung, die sich von der zeichnerischen Ungeschick-
lichkeitseiner Dumau-Blätter wohlthuend unterscheidet.
Mit ihren sparsamen Details und ihren glatten Flächen
unterbrechen und beleben sie diskret die Gleichmässig-
keit der Druckseiten, ohne zu stören, schmücken also
und fangen dennoch einige Motive der Dichtung in
einem Spiegel, der ihrem flüchtigen Vorüber ein wenig
Dauer und eine stille Weihe giebt.
Müller-Kaboth.
„Erzählungen einer kleinen Schere" nennt der be-
kannte schlesische Maler-Radierer Prof. Heinrich Wolff
in Königsberg eine Sammlung von sechzehn „im Origi-
nal ohne Aufzeichnung aus schwarzem Papier ge-
schnittenen und in ursprünglicher Grösse (bei Paul Ader-
jahn) reproduzierten Blättern." Und wenn er gesteht,
dass man vielleicht so „ganz besondere Dinge sagen und
Wesen schaffen kann, die nur in dieser Region recht
leben können", so ist er in seinen ebenso kühnen wie
delikaten Schattenschnitten jenen geheimnisvollen Weg
selbst schon mit vielem Glück gewandelt. Und zwar
nicht bloss als eigentlicher Märchenerzähler, wie wenn
er seine Schere vom „Schatzgräber", vom „Froschkönig"
oder vom „Riesenspielzeug" in phantastischen Rhythmen
fabeln lässt, sondern fast noch mehr in Szenen ganz
eigener Erfindung, wie dem geistvollen Blatte „Die
blonde Comtess", wie im „Spätsommer" oder dem
schlechtweg klassischen „Einsamen Fräulein". Am näch-
sten aber steht meinem persönlichen Geschmack in alle-
dem das Landschaftliche. Ich erinnere mich nicht auf
dem Gebiet der Silhouette jemals so Eindringliches, mit
solcher SicherheitHingesetztes, Hingeschnittenes gesehen
zu haben. Der Blick durch „das alte Thor", der Dorf-
und Meerhintergrund im „Spätsommer", die japanisch
graziöse Waldseekulisse der „Comtess", vor allem aber
zwei Studien „Am Haff" — sind Schöpfungen, in denen
sich eine schier unbegreifliche Geschicklichkeit der Hand
mit einem so wesentlichen Naturempfinden und einer
so liebenswürdigen Menschlichkeit verbindet, dass wir
uns — nicht zuletzt —: bei des Künstlers kleinem
Töchterlein bedanken wollen: „dem zuliebe die schwar-
zen Männlein und Fräulein nach zwölfjährigem Schlafe
wieder aufgewacht sind", wie er in seinem Begleitwort
gar anmutig berichtet.
Chr. M.
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