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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 6.1908

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Heft 12
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Fürst, Walter; Scheffler, Karl: Dialog über deutsches Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.4705#0539

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Eklektizisten vorzuziehen. Unser Streit geht ja gar kennen und zu reinlichen Ideen zu kommen ist sicher-
nicht um die „Ableitung allgemeiner ästhetischer lieh nicht nur Ihnen, sondern auch der Sache sehr nütz-
Grundlagen", sondern darum, ob die Arbeit der Van lieh. Aber ich vermag nicht zu folgen, wenn die Idee
de Velde, Obrist, Pankok, Endell u. s.w. hoffnungs- sich die Herrschaft über das Leben anmasst, wenn
los, ja, schädlich ist, oder ob sie der zukünftigen sie das starke Wollen, die ganz real gerichtete
Baukunst mehr bedeutet als der interessante Eklek- Energie „ablehnt". Denn schliesslich sind Welt
tizismus der englisch-schottisch-österreichischen und Leben nicht da, um unsere Ideen zu beweisen;
Schule; ob das vom kunsttheoretisch erkannten, die Ideen vielmehr werden ausgebrütet, um das
starren Gesetz abgeleitete Gefühl Ihrer Künstler Wunderreich den Wirklichkeiten zu erklären,
fruchtbarer ist als das schöpferische Gefühl meiner Walter Fürst: Beantworten Sie mein Be-
Künstler, das, wie zu hoffen steht, der Erweiterung streben, zu allgemeinen stilistischen Grundlagen zu
und Vertiefung zum lebendig Gesetzlichen fähig ist. kommen, nur wieder mit Gefühlswertungen, so
Bei solcher Fragestellung — die von Ihnen stammt! stellen ■wir ja nur undurchdringliche Dinge gegen-
— debattieren wir naturgemäss viel mehr um den einander. Erst in der Bezugnahme auf eine für beide
Wert persönlicher Leistung als um abstrakte „Ge- Teile bindende Instanz, die zu gewinnen der Zweck
setze", weil wir nicht nach unsern Regeln messen meiner Abstraktionen war, hätte eine Diskussion
können, was scheinbar nicht nach unsrer Regeln über persönliche Leistungen und Werte frucht-
Lauf. bringend werden können, die sich nun mit dem
Die von Ihnen verkündeten Regeln lassen zur Fehlen eines Masstabs als blosser Zusammen-
Zeit, fürchte ich, nur eine feine, akademische, edel prall in sich geschlossener Meinungen darstellen
puristische Kunst zu; mit ihnen,glaube ich,könnte musste. Aber dieses Stück Sokratik, das jedem der-

man beweisen, dass
die Gotik keine Kunst
war. Das wird im

engen Kreis von
Künstlern Ihrer Grup-
pe thatsächlich zu-
weilen „bewiesen".
Man kann eben alles
beweisen. Aber über
jedem Beweis steht die
Empfindung, weil sie
ein Naturgebilde ist,
so wirklich wie der
Duft der Blume, wie
der Wind. Und da
Sie, meine Empfind-
ung mit Ihren logi-
schen Gründen nicht
befriedigen können,
bestehen Ihre „sach-
lichen Einwendun-
gen" für mich nicht
zu Recht.

Ich weiss den
Wert Ihrer Argumen-
tation zu schätzen.
Ihr schönes Bestreben,
das Notwendige im
wirren Spiel der Ge-
genwartskräfte zu er-

IIENRY VAN DE VELDE, INTERJKUR AUS DER DEUTSCHEN BANK IN
AUGSBURG

5l9

artigen Gespräch un-
erlässlich notwendig
ist, hat mit einer Beck-
messerrolle , wie sie
mir Ihr Meistersinger-
zitat zuteilen will, so
gut wie nichts gemein.
Es handelt sich nir-
gends um „Schluss-
folgerungen der spe-
kulierenden Logik",
und auch „Begriffs-
definitionen" habe ich
nirgends gewünscht;
wohl aber eine klare

Stellungnahme zu
grundlegenden Fra-
gen. Dass dies nicht
erreicht worden ist,
muss ich ebenso be-
dauern, wie die da-
durch bedingte Ab-
biegung desGesprächs
ins Persönliche. Denn
dass eine mittelbare
Antwort auf meine
Punkte erfolgt wäre,
ist ein Irrtum: die ent-
scheidenden Fragen
sind unbeantwortet.


 
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