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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 54.1903-1904

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Habich, Georg: Ignatius Taschner
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https://doi.org/10.11588/diglit.7291#0016

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Ignatius Tascbner.

für einen Künstler dieser Zgnazi Taschner zu
halten sei."

So weit Neudörser redivivus. Aber Scherz bei-
seit! Man ist in der Tat genötigt, seinen Text ein
wenig ans den Volkston der alten Thronisten zu
stimmen, will man die Worte finden, um Taschners
Wesen als Künstler in seiner ganzen handwerklichen
Tüchtigkeit und der klugen Berechnung seiner Mittel
einerseits und anderseits die naiv kindliche Dafeins-
sreude, mit der er seine Arbeit tut, einigermaßen zu
umschreiben.

Auf Dürers und flötnersZeiten muß man zurück-
greifen, will man diese seltene Vielseitigkeit und Ver-
trautheit mit dein Handwerk in allen feinen Verzwei-
gungen in einer Person vereinigt finden. Ts ist eine
respektable Masse Arbeit, die Taschner bereits geleistet,
und geradezu erstaunlich ist die Versabilität des Geistes,
die uns in dem Geleisteten, blättern wir nur die vor-
liegende Auswahl durch, entgegentritt. Vom großen
Denkmal und Monumentalbrunnen bis zur minimalen
Kleinplastik eines humoristischen Schaupfennigs hat
er keine Aufgabe der Plastik unaugegriffen gelassen;
daneben liefen malerische und zeichnerische Versuche,
teils in kompositioneller form, teils in Akt- und Land-
schaftsstudien, die ihn ganz nebenbei zu einem Zeichner
und Illustrator eigenen Stils ausbildeten, farbige
Lithographie und Radierung sind für unseren Künstler
eine angenehme Nebenbeschäftigung für den Abend.
Tin Unterschied zwischen freier Kunst und Kunst-
gewerbe existiert für Taschner so wenig, wie ein

solcher für einen Peter flötner oder Ludwig Krug
vorhanden war.

friedfertig geeint, wie ein treues altes Ehepaar,
stehen aus unserem Titelblatt, das wohl nicht ohne
tieferen Sinn aufzufassen ist, die beiden phantastischen
Langschnäbel in ihren: gemeinsamen Nest. Za, so
sollte es wenigstens sein: Kunst und pandwerk
müssen die Köpfe zusammenstecken, wenn etwas Ge-
meinsames, wie z. B. eine große Ausstellung, zu-
stande kommen soll, schweigend und bedächtig, nicht
aber klappern, jedes auf seinem eigenen Ton. Und
dieses Nest, so zierlich und lustig es gebaut ist, es
ruht festgegründet auf dem gedrungenen Pfeiler eines
Brunnens, an dessen Rand die Tichkatzeln spielen. Tin
Reigen von zarten Zungfräulein umgibt das Ganze
mit Anmut, wozu die wasserspeienden fraßen köpfe
recht bitterlich dreinschauen. Tin rechter Zungbrunnen
also, und was der Künstler sich dabei gedacht, als
er ihn zum Postamente für das allegorische Vogel-
paar wählte, kann nicht zweifelhaft sein.

So wenig wie auf rein künstlerischem Gebiet,
scheint auch im Kunstgewerblichen für Taschner eine
Grenze zu existieren. Tr macht alles. Dekorations-
und Gebrauchsgegenstände aller Art, Relieffriese und
gemalten Wandschmuck, Tapeten, Beleuchtungskörper,
Uhren, Leuchter, einzelne Möbel und ganze Zimmer-
einrichtungen, gelegentlich wohl auch einen Silber-,
Messing- oder Kupserschmiedegegenstand, einen hüb-
schen Bucheinband in Lederschnitt und mit Metall-
beschlag, Vorsatzpapiere und sonstigen Buchschmuck,

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