Das Kunstgewerbe auf der kunsthistorischen Ausstellung zu Erfurt.
270—272. Armbänder, ausgeführt nach Entwürfen von Moritz
v. Schwind. 270. Gold; von einem unbekannten Karlsruher
Goldschmied, Brautgeschenk aus dem Jahr [8^2; 27Gold
und Silber mit blauen Lmailstreifen und einem böhmischen
Granaten — von einem Münchener Meister; 272. Gold und
Silber mit einem Amethyst, — von Aug. fort« er, München.
(Wenig verkleinert.)
(Das UunstHcwcrßc auf der Künste
historischen AuestcLkunH zu Srfurk.
(Von Meka Sscherich.
as Jahr fstOo, das an Ausstellungen
quantitativ vielleicht nicht ganz so reich
wie das vorhergegangene war, hat uns
iin gerbst noch eins kunsthistorische
Freude gemacht. Das war die Erfurter
Ausstellung, peute, wo ihre Pforten längst ge-
schlossen und die wissenschaftlichen Ergebnisse — die
Umtaufe eines Kranachschen Werkstattbildes zu einem
echten Kranach, sowie die Entdeckung eines Saal-
felder Bildschnitzers — den Wert derartiger Unter-
nehmungen für die Forschung aufs glänzendste be-
stätigen, erübrigt es noch, auf einen Teil der Aus-
stellung hinzuweisen, der, obwohl keineswegs klein,
unter der Fülle des Gebotenen dennoch fast in den
Hintergrund gedrängt wurde, und das ist der kunst-
gewerbliche.
Den meisten wohl blieb kaum die Zeit, all die
ungeheuren Kostbarkeiten, die hier teils aus staat-
lichein, teils aus kirchlichem, teils aus privatem
Sammlerbesitz aufgestapelt waren, zu mustern. Zogen
doch die großen sächsischen Schnitzaltäre, die vielen
wertvollen Gemälde, hierunter wieder besonders die
Kranach-Kollektion, das meiste Interesse auf sich.
! Dennoch belehrte schon ein stüchtiger Blick, daß die
kunstgewerblichen Gegenstände keineswegs bloß zur
„Füllung" dienten — voll wäre es auch ohne diese
gerade genug gewesen —-, sondern vielmehr auch
hier, wie bei der Malerei und Skulptur, von dem
gleichen Grundsatz ausgegangen worden war, der
überhaupt neben dem wissenschaftlichen Zweck das
Hauptmotiv des ganzen Unternehmens bildete, nänr-
lich: die Liebe zur alten deutschen Kunst in den
weiteren Kreisen des Publikums zu wecken.
Dieser grundleitende Gedanke muß gerade in
unserer Zeit, wo auf allen Gebieten der Auf nach
peimat, Bodenständigkeit, der Ruf: ans Vaterland,
ans teure, schließ dich an! eindringlich erklingt, als
ein sehr glücklicher bezeichnet und freudig begrüßt
werden. Der Ausstellungsraum, der alte, ehrwürdig
wunderliche Domkreuzgang mit seinen sich durch drei
Stockwerke ziehenden Treppen und Sälen und Zim-
mern, war so recht angetan, den Besucher in eine
feierliche Stimmung zu versetzen. Da konnte man
sich zurückträumen in die Zeit, da ein deutscher Ritter
sagen konnte, es sei eine Lust zu leben, zurückträumen
in die Zeit, da noch nicht der hochmütige Klassen-
unterschied zwischen Kunst und pandwerk, mit dem
sich das fst. Jahrhundert vor seinen Vorgängern
blamierte, bestand. Nun, heute sind wir wieder,
Gott sei Dank, auf dem Versöhnungswege zwischen
dem Künstler und dem Kunstgewerbler. Beide sehen
ein, daß sie eben doch zusammengehören, eine Ein-
sicht, die nur in einer stillosen Zeit verloren gehen
konnte.
Ein erneutes Interesse wendet sich daher heut-
zutage dem alten Kunstgewerbe und auch vielfach
den alten Techniken zu. Auf der Erfurter Aus-
stellung war ganz besonders die Emaillekunst
vortrefflich vertreten, und konnte man hier wirklich
Studien machen. Den vornehmsten Rang nahm,
wie zu erwarten, der berühmte goldene Abend-
mahlskelch aus dein Schatz der St. Ulrichskirche
138
270—272. Armbänder, ausgeführt nach Entwürfen von Moritz
v. Schwind. 270. Gold; von einem unbekannten Karlsruher
Goldschmied, Brautgeschenk aus dem Jahr [8^2; 27Gold
und Silber mit blauen Lmailstreifen und einem böhmischen
Granaten — von einem Münchener Meister; 272. Gold und
Silber mit einem Amethyst, — von Aug. fort« er, München.
(Wenig verkleinert.)
(Das UunstHcwcrßc auf der Künste
historischen AuestcLkunH zu Srfurk.
(Von Meka Sscherich.
as Jahr fstOo, das an Ausstellungen
quantitativ vielleicht nicht ganz so reich
wie das vorhergegangene war, hat uns
iin gerbst noch eins kunsthistorische
Freude gemacht. Das war die Erfurter
Ausstellung, peute, wo ihre Pforten längst ge-
schlossen und die wissenschaftlichen Ergebnisse — die
Umtaufe eines Kranachschen Werkstattbildes zu einem
echten Kranach, sowie die Entdeckung eines Saal-
felder Bildschnitzers — den Wert derartiger Unter-
nehmungen für die Forschung aufs glänzendste be-
stätigen, erübrigt es noch, auf einen Teil der Aus-
stellung hinzuweisen, der, obwohl keineswegs klein,
unter der Fülle des Gebotenen dennoch fast in den
Hintergrund gedrängt wurde, und das ist der kunst-
gewerbliche.
Den meisten wohl blieb kaum die Zeit, all die
ungeheuren Kostbarkeiten, die hier teils aus staat-
lichein, teils aus kirchlichem, teils aus privatem
Sammlerbesitz aufgestapelt waren, zu mustern. Zogen
doch die großen sächsischen Schnitzaltäre, die vielen
wertvollen Gemälde, hierunter wieder besonders die
Kranach-Kollektion, das meiste Interesse auf sich.
! Dennoch belehrte schon ein stüchtiger Blick, daß die
kunstgewerblichen Gegenstände keineswegs bloß zur
„Füllung" dienten — voll wäre es auch ohne diese
gerade genug gewesen —-, sondern vielmehr auch
hier, wie bei der Malerei und Skulptur, von dem
gleichen Grundsatz ausgegangen worden war, der
überhaupt neben dem wissenschaftlichen Zweck das
Hauptmotiv des ganzen Unternehmens bildete, nänr-
lich: die Liebe zur alten deutschen Kunst in den
weiteren Kreisen des Publikums zu wecken.
Dieser grundleitende Gedanke muß gerade in
unserer Zeit, wo auf allen Gebieten der Auf nach
peimat, Bodenständigkeit, der Ruf: ans Vaterland,
ans teure, schließ dich an! eindringlich erklingt, als
ein sehr glücklicher bezeichnet und freudig begrüßt
werden. Der Ausstellungsraum, der alte, ehrwürdig
wunderliche Domkreuzgang mit seinen sich durch drei
Stockwerke ziehenden Treppen und Sälen und Zim-
mern, war so recht angetan, den Besucher in eine
feierliche Stimmung zu versetzen. Da konnte man
sich zurückträumen in die Zeit, da ein deutscher Ritter
sagen konnte, es sei eine Lust zu leben, zurückträumen
in die Zeit, da noch nicht der hochmütige Klassen-
unterschied zwischen Kunst und pandwerk, mit dem
sich das fst. Jahrhundert vor seinen Vorgängern
blamierte, bestand. Nun, heute sind wir wieder,
Gott sei Dank, auf dem Versöhnungswege zwischen
dem Künstler und dem Kunstgewerbler. Beide sehen
ein, daß sie eben doch zusammengehören, eine Ein-
sicht, die nur in einer stillosen Zeit verloren gehen
konnte.
Ein erneutes Interesse wendet sich daher heut-
zutage dem alten Kunstgewerbe und auch vielfach
den alten Techniken zu. Auf der Erfurter Aus-
stellung war ganz besonders die Emaillekunst
vortrefflich vertreten, und konnte man hier wirklich
Studien machen. Den vornehmsten Rang nahm,
wie zu erwarten, der berühmte goldene Abend-
mahlskelch aus dein Schatz der St. Ulrichskirche
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