Ignatius Taschner.
17. Skizze zu einen» Goethestandbild; beim Straßburger Wett-
bewerb 1900 mit dem 3. Preis ausgezeichnet.
das Roß, in dein Taschner sein Pferde-Zdeal hinstellt:
der rechte deutsche „Alepper".
Zweifellos liegt hier, in der Darstellung eines
sorglosen Vagantentums, solcher zigeunerhaften
Existenzen, Taschners eigentliche Begabung als
Plastiker. Zhnen fühlt sich das leichte Aünstlerblut
ja immer ein wenig wahlverwandt, hier gibt er,
der das Leben eines fahrenden „Taugenichts" nicht
nur aus der romantischen Erzählung kennt, am
meisten von sich selber. Möchte dieser jugeudmutige
pumor unseren Aünstler in sein künftiges Leben
hinausbegleiten und, unangefochten von den seiner
harrenden „großen" Aufträgen, immer wieder Ge-
legenheit finden, sich künstlerisch zu betätigen. So
etwas wie den berühmten pandwerksburschen auf
der Walz, „Wanderer" genannt (Abb. sl) macht
Taschner z. Zt. niemand nach. Das ist Bein von
seinem Bein, denn von „Fleisch" darf man bei diesem
ausgemergelten Hungerleider von Bruder Straubinger
füglich nicht reden. Übrigens diese Dürre, man
möchte sagen Ausgedärrtheit der Gestalten ist
charakteristisch für Taschners Formanschauung. Vom
„blühenden" Fleisch, der berühmten »morbidezza«
will er nichts wissen. Der gekreuzigte Heiland inter-
essiert ihn plastisch mehr als die paradiesischste Eva,
und in der Darstellung des asketisch entfleischten Leibes
kann er sich, wie sein letzter Aruzifixus ff. unten), ein
ganz im derben, „geschnittenen" Metallstil gehaltener
Silberguß bezeugt, nicht genug tun. Gleich den alten
Gotikern, seinen Ahnen im Geiste, liebt er die
Struktur klarzulegen. Sehnen und Muskel-
stränge sind ihm wichtiger als das Fettpolster, das
ihm sogar ein Greuel ist. Daran aber — wenn
wir Donatello oder Dürer und nicht Tanova
als Maßstab nehmen — erkennt man den geborenen
Plastiker, und es ist bei Taschner kein Zufall, daß
er die trockene Sachlichkeit des Birnbaum- oder Buchs-
holzes und die Schärfe der durchziselierten Bronze
der virtuosen Stukkoskizzenhaftigkeit in Gips wie der
schummerigen Transparenz des Tarraramarmors
gewöhnlich vorzieht. Zwar hat er wohl gelegentlich
versucht, antike Formenschönheit in permen- und
Stelenform im Marmor zu erreichen, aber hier blieb
die Ausführung kühl, leer, ja konventionell und weit
hinter dem Entwurf zurück. Wie anders packt er
dagegen den körnigen Muschelkalk an! Die köstlich
naive Figur eines fränkischen Schifferknechts, die er
als originellste Plastik des ganzen Baues zum Schmuck
des neuen Münchener Rathauses beigesteuert hat, ist
das gelungenste Beispiel für eine gesunde Primitivität,
die gerade im dekorativen Fach am Platz ist (Abb. (3.)
IS. vom Postament des Gocthestandbildcs.
17. Skizze zu einen» Goethestandbild; beim Straßburger Wett-
bewerb 1900 mit dem 3. Preis ausgezeichnet.
das Roß, in dein Taschner sein Pferde-Zdeal hinstellt:
der rechte deutsche „Alepper".
Zweifellos liegt hier, in der Darstellung eines
sorglosen Vagantentums, solcher zigeunerhaften
Existenzen, Taschners eigentliche Begabung als
Plastiker. Zhnen fühlt sich das leichte Aünstlerblut
ja immer ein wenig wahlverwandt, hier gibt er,
der das Leben eines fahrenden „Taugenichts" nicht
nur aus der romantischen Erzählung kennt, am
meisten von sich selber. Möchte dieser jugeudmutige
pumor unseren Aünstler in sein künftiges Leben
hinausbegleiten und, unangefochten von den seiner
harrenden „großen" Aufträgen, immer wieder Ge-
legenheit finden, sich künstlerisch zu betätigen. So
etwas wie den berühmten pandwerksburschen auf
der Walz, „Wanderer" genannt (Abb. sl) macht
Taschner z. Zt. niemand nach. Das ist Bein von
seinem Bein, denn von „Fleisch" darf man bei diesem
ausgemergelten Hungerleider von Bruder Straubinger
füglich nicht reden. Übrigens diese Dürre, man
möchte sagen Ausgedärrtheit der Gestalten ist
charakteristisch für Taschners Formanschauung. Vom
„blühenden" Fleisch, der berühmten »morbidezza«
will er nichts wissen. Der gekreuzigte Heiland inter-
essiert ihn plastisch mehr als die paradiesischste Eva,
und in der Darstellung des asketisch entfleischten Leibes
kann er sich, wie sein letzter Aruzifixus ff. unten), ein
ganz im derben, „geschnittenen" Metallstil gehaltener
Silberguß bezeugt, nicht genug tun. Gleich den alten
Gotikern, seinen Ahnen im Geiste, liebt er die
Struktur klarzulegen. Sehnen und Muskel-
stränge sind ihm wichtiger als das Fettpolster, das
ihm sogar ein Greuel ist. Daran aber — wenn
wir Donatello oder Dürer und nicht Tanova
als Maßstab nehmen — erkennt man den geborenen
Plastiker, und es ist bei Taschner kein Zufall, daß
er die trockene Sachlichkeit des Birnbaum- oder Buchs-
holzes und die Schärfe der durchziselierten Bronze
der virtuosen Stukkoskizzenhaftigkeit in Gips wie der
schummerigen Transparenz des Tarraramarmors
gewöhnlich vorzieht. Zwar hat er wohl gelegentlich
versucht, antike Formenschönheit in permen- und
Stelenform im Marmor zu erreichen, aber hier blieb
die Ausführung kühl, leer, ja konventionell und weit
hinter dem Entwurf zurück. Wie anders packt er
dagegen den körnigen Muschelkalk an! Die köstlich
naive Figur eines fränkischen Schifferknechts, die er
als originellste Plastik des ganzen Baues zum Schmuck
des neuen Münchener Rathauses beigesteuert hat, ist
das gelungenste Beispiel für eine gesunde Primitivität,
die gerade im dekorativen Fach am Platz ist (Abb. (3.)
IS. vom Postament des Gocthestandbildcs.