Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 54.1903-1904

DOI Artikel:
Habich, Georg: Ignatius Taschner
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7291#0030

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ignatius Taschner.

Bauernkalender, den der Aünstler gegenwärtig für
denselben Wiener Verlag vorbereitet, freuen wir uns
im voraus!

Taschner, der bisher seinen ständigen Wohnsitz
in AAinchen hatte und als regelmäßig ausstellendes
AAtglied der „Luitpold gruppe" angehörte, hat
im Frühjahr dieses Jahres von der preußischen
Regierung einen ehrenvollen Ruf als Lehrer an die
Kunstschule in Breslau erhalten und nach längeren
Verhandlungen mit dem bayerischen Winisterium des
Innern, das durch Erteilung eines größeren Staats-
auftrags bemüht war, den Aünstler seiner Heimat
zu erhalten, endlich jenem ehrenvollen und gewinn-
bringenden Anerbieten Folge geleistet. Dazu kann
man dem Breslauer Aunstinstitut nur gratulieren,
vorausgesetzt, daß Taschner als Lehrer völlig freie
Pand behält, daß er vor allem Gelegenheit bekommt,
frei von akademischer Schablone und fern von grauer

Theorie, in praktisch-handwerk-
lichem Betrieb seine eminente
technische Befähigung zu ent-
falten und diese — nicht wie
der Professor im schulmäßigen
Atelier, sondern wie der Aieister
in der Werkstatt seinen Gesellen
— den Lernenden zu vermitteln.
Als unnahbaren Atelierlöwen,
der mit großen Sprüchen den
Jüngern imponiert, können wir
uns Ignatium schlechterdings
nicht vorstellen, wohl aber als
einen guten Aleister, der seine
Lehrlinge mehr durch das Bei-
spiel und die Tat, denn durch
iveise Lehren zu fördern sucht.
Werkstätten, nicht Ateliers, frisch
zugreifende Gesellen, keine „Alei-
sterschüler" — das ist es, was
Taschner in der Folge braucht.
Damit ist schon gesagt, daß wir
das Feld seiner Tätigkeit als
Lehrer lieber auf dem Gebiete der
angewandten Aunst (im weitesten
Sinne) als in dem der reinen
Plastik suchen würden. Die Zahl
der ordengeschmückten „akademi-
schen Bildhauer" wird Taschner
durch seine Lehrtätigkeit wohl kaum vermehren,
peil ihm! — Wohl aber dürfen wir aus seiner
Schule mit der Zeit tüchtige und bescheidene Leute
erwarten, die sich in selbstgewählter Beschränkung
als Weister zeigen, fei es, daß es den Titel eines
Buches geschmackvoll zu füllen, eine Pausfassade
plastisch zu schmücken oder den Pfeiler eines Brunnens
sinnvoll zu beleben gilt. Was das Waterial von
dem Aünstler verlangt, was die Technik ihm gebietet,
was es heißt, sich dem tektonischen Gedanken eines
Ganzen unterzuordnen, darüber wird, so vertrauen
wir, ein Schüler Taschners sich nicht im unklaren
fein. Tausend Handgriffe und Vorteile, die, heute
in: akademischen Schulbetrieb der Aunst verloren, zu
jener Zeit aber, da Alb recht Dürer zu Wohl-
gemuth in die Schule ging, durchaus zum Begriff
des gelernten und geschickten Aünstlers gehörten: die
schlechte und rechte Vertrautheit mit dem ganz

E.

39 11. -40. Buchschmuck zu Grimms Märchen („Der Liseuhans"). Verlag von M. Gerlach & Ko. (f. Tafel 2).

l6
 
Annotationen