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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 54.1903-1904

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Die St. Maximilianskirche zu München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7291#0057

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Die St. Maximilianskirche zu München.

die die f)feilerecken bildenden Engel, der Baldachin
samt dem heiligen, die Heiligenköpfe re. herausgeholt
sind, bleiben überall deutlich zu erkennen, indem alle
Maxima der Ausladung immer wieder zu den die
ursprüngliche Vollsorm begrenzenden Flächen zurück-
kehren. Um den Eindruck der Vollform möglichst
zu wahren, ist von dem an ihre Stelle gerückten
Schmuck figürlicher oder ornamentaler Art gerade
nur soviel gegeben, als zu deren Verständnis unent-
behrlich; gleich als ob in dem starren, schlummernden
Stein sich organisches Leben geregt hätte, das, während
es sich zu entfalten begann, plötzlich, noch in embryo-
nischem Zustand, in seiner Entwicklung gehemmt
und zum Stillstand gebracht worden wäre. Eine
derartige Ausgestaltung bewahrt dem Werk das
Charakteristische im Aufbau der Massen und erfüllt
letztere mit jenem geheimnisvollen Leben, ohne das
sie uns als empfindungslose Materie erscheinen. ■—
Zur trefflichen Wirkung des ganzen Altars tragen
die großen emaillierten Bronzeleuchter und das
Tabernakel nicht wenig bei — ebenso die kleinen aus
Bronze geschmiedeten Leuchter (Abb. (00).

An deni Marienaltar (im rechten Neben-
chor) besteht nur die Mensa samt Unterbau aus
gewöhnlichem Ralkstein; das Tabernakel und die
ziemlich hoch aufsteigende Rückwand dahinter, die in
ihrer zylindrischen Rundung sich der Nische an-
schmiegt, ist aus rötlichem (Trientiner) Marmor auf-
gerichtet. Das Tabernakel selbst ist mit einer „Ver-
kündigung" in Relief geschmückt und dient einer-
sitzenden Madonna als sttostament, während die
beiden Seitenteile der Rückwand mit drei Reihen
Reliefs ■— aus dem Leben Marias und (oben)
musizierende Engel — geschmückt sind; durch reich-
liche Anwendung von Farben und Gold geben diese
Reliefs dein ganzen Altar ein sehr lebhaftes Gepräge
(Abb. 97).

Von den sonstigen künstlerischen Steinarbeiten ,
im Innern der Rirche verdienen noch die Brüstungs-
reliefs an der Orgelempore und an den Balkonen
der Turmpfeiler hervorgehoben zu werden, sowie
der von Bildhauer Alois Miller aus Marktbreiter
Muschelkalk hergestellte Taufstein (Abb. 9^). Dieser,
in zylindrischer Grundform ebenso breit wie hoch,
zeigt als Sockel einen Fries mit drei Löwenpaaren
zwischen drei Löwenköpfen, darüber in sechs, durch
einfache architektonische Glieder umrahmten Feldern,
Darstellungen bildlicher Szenen in Relief. Der kegel-
förmige Deckel ist aus Rupfer getrieben — mit
Darstellung des lebenspendenden Wassers, darüber
auf einer Rugel der heilige Geist als Taube.

Den Löwenanteil an der dekorativen Ausstattung
des Innern hat im übrigen bis jetzt das Schmiede-

94- Maximilianskirche; Taufstein von Alois Miller, Aus-
führung des Aupferdeckels von Weber 6c Rücker, München.

eisen davongetragen. Nicht allein daß die Türen
alle mit reichen Beschlägen versehen sind, — auch
die Opferstöcke (Abb. (0^), die Lichtträger, Wand-
arme sind zwar nteist einfache, aber doch sehr charakter-
volle Arbeiten; einige darunter (Abb. (06 u. (08)
erheben sich sogar zu wirklichen Glanzleistungen der
Handwerkskunst.

Zahlreiche Ausstattungsstücke — Altäre, Altar-
gerät , Meßgewänder, Altartücher, Glasgemälde,
Glocken ■— verdankt die Rirche bekannten und un-
bekannten Wohltätern; bis zur vollendeten Aus-
stattung werden aber noch Jahre vergehen. DieOrgel
ist in der Fertigstellung begriffen, ein weiterer Altar
— nach Modell von Gg. Wrba —• wird soeben in
Eingriff genommen, und für die Mosaikdekoration
der Chornische hat I. C. Becker-Gundahl bereits
eine Skizze gefertigt. Es ist zu wünschen, daß all
diese Arbeiten rüstig ihren Fortgang nehmen und
daß wir in nicht allzuferner Zeit auch über sie Ein-
gehendes berichten können.

Was unter der bisherigen künstlerischen Ober-
leitung entstanden ist, berechtigt zu frohen kjoff-
nungen; mögen sie sich bewahrheiten. G.

Kunst und Handwerk. 54. )ahrg. Heft 2.
 
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