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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 54.1903-1904

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Volkskunst, Volksbildung, Volks-Museen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7291#0064

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Volkskunst, Volksbildung, volksmuseeu.

Bedürfnisse, der Le-
bensgewohnheiten
und Arbeitsverrich-
tung der Bewohner.
Es sagte jedem Be-
sucher: „So sieht

dein Land aus!" 3n
der Tat schien das
alles nicht nur auf
großes Interesse, es
schien auch auf all-
gemeines Verständ-
nis zu stoßen. Man
war hier mit großem
Geschick den Vor-
stellungskreisen des
Volkes entgegenge-
komnien und hatte
die Leute zu Ver-
gleichen angeregt.
Das fehlte in der
an sich hochbedeut-
samen Altertümer-
ausstellung vollstän-
dig, deshalb blieb
ihr kostbarer Inhalt
wie der Inhalt so
manchen Museums
dem weitaus größten
Teile der Laien un-
verständlich.

Mit dem Schluffe
der Ausstellung ver-
schwand diese ganz
vorzüglich zusam-
mengestellte Gruppe
von anregenden kul-
tur-und kunsthistori-
schen Bildern wieder
MS. Naximiliauskirche; vom Eidboden. Ts

Vsterkerzeuleuchter, entwarfen von war ein temporär
Hch. v. Schmidt, ausgeführt von aufgestelltes Volks-
Kirsch, München. inuseunt in des Wor-

tes bester Bedeutung
gewesen und nicht recht verständlich ist cs, daß in
einem Laird, wo so viel Sinn für heimische Art, so viel
Liebe zur Scholle, so große, allgemeine Vpferwillig-
keit für alles, was dem eigenen Volk zu nützen im-
stande ist, daß hier iticht der Grund zu einer Anlage
geschaffen wurde, die dauernd als wichtiges Glied
überall da in die Volkserziehung einbczogen werden
müßte, wo sich die Einsicht Bahn gebrochen hat,
daß die Kenntnis des eigenen Bodens, seiner spezi-

fischen Art der Bebauung, seiner Geschichte in jeder
Hinsicht eigentlich mit zu den fundamentalen Kennt-
nissen des Menschen zählen müßte! Dieser Einsicht
haben sich freilich in der Schweiz sowohl wie anders-
wo sehr viele Kreise noch nicht erschlossen, ja manchen-
orts wird sie durch den Knterrichtsplan der Mittel-
schulen direkt unterdrückt. Was nützt es, wenn ein
junger Mann die schwierigsten Stellen aus antiken
Autoren zu interpretieren imstande ist und es daneben
nicht fertig bringt, einen wirklich guten deutschen
Aufsatz zu verfassen! Was nützt es, wenn er mit
entlegenen Dingen bekannt, anderseits aber nicht im-
stande ist, das nächstliegendste in tadelloser Sprache
knapp auf seinen Zweck und die daraus resultierende
Gestalt hin zu kennzeichnen!

Die Frage der Volksmuseen oder der Nutzbar-
machung unserer Museen für das Volk, die neuer-
dings allerorten als direkt gestellte Forderung auf-
tritt, muß notwendigerweise von wesentlich anderen
Gesichtspunkten aus behandelt werden als alles, was
mit dem wissenschaftlichen Museumsbetrieb und seinen
Forderungen im Zusammenhänge steht. Ob die
Leiter der lettzeren Anstalten immer die berufenen
Kräfte seien, um auch die Forderungen nach Ver-
breitung von Kenntnissen unter dem Volke in durchaus
zweckdienlicher, also nicht vom exklusiv wissenschaft-
lichen Standpunkte aus betriebenen Weife richtig zu
organisieren, erscheint durchaus fraglich, denn ein
Verkennen dessen, was not tut, ist unter Kmständen
schlimmer als ein Unterlassen. Es dürfte von In-
teresse sein, jene Erscheinungen näher ins Auge zu
fassen, wo diese Bestrebungen bereits positive Lei-
stungen hervorgebracht, Museumsanlagen auf eigen-
artiger Basis aufgebaut, geschaffen oder aber sich
mit den Aufgaben der Jugenderziehung bereits ver-
schmolzen haben und aus diese Weise von größtem
Einflüße auf das Niveau der ganzen Nation sind.

Im ersten Falle ist es eine Reihe von Erschei-
nungen auf skandinavischem Boden, die dort seit
mehreren Jahren bestehend, zunächst bahnbrechend
für das eigene Land wurden, es in Zukunft vielleicht
auch anderswo sein können. Dafür freilich müßte
die Erkenntnis an Macht gewinnen, welch ein heil-
loser Unfug es ist, bei den meisten Museumsbauten
die architektonisch-dekorativen Fragen über Zweck
und Inhalt der Gebäude zu stellen. Der Ausspruch:
„Das Museum hat sich noch nicht als eigentlicher
Organismus entwickelt, bei dem die Funktionen be-
stimmend für alles übrige sind", ist absolut richtig.
Im zweiten Falle ist es nötig, zu erläutern, unter
welchen bestimmenden Gesichtspunkten sich die Tätig-
keit der Museen in den Vereinigten Staaten von
Nordamerika ganz im Gegensatz zu europäischen
 
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