Volkskunst, Volksbildung, Volksmuseen.
Zerstörung durch Flammen wie durch das Lösch-
wasser vorgebeugt.
Lolch ein Museum ist aber gleichzeitig der
Loden, der Anknüpfungspunkt für eine gesunde
Volkskunst. Mer inr Jahre \ty02 zu Turin die
zwar nicht sehr umfangreiche, aber in jeder Hinsicht
vorzügliche schwedische Abteilung bei der internatio-
nalen Ausstellung für dekorative Kunst sah, war
vielleicht erstaunt darüber, daß hier fast überall das
Herauswachsen einer eigenartigen Sprache aus boden-
ständigen Traditionen sich erkennen ließ, während in
unendlich vielen anderen Fällen das Suchen nach
künstlerischer Selbständigkeit und Loslösung sich als
eilt Experiment, in manchen fast wie ein Seiltänzer-
versuch sich ansah. Die Volkskunst, und das ist be-
zeichnend für ihr ganzes Wesen, macht keine Sprünge.
Wer prähistorische Museen durchgeht, der sieht an
Töpfereien und Metallwaren, daß gerade da, wo
man es nur mit einer Volkskunst iin wahrsten Sinne
des Wortes zu tun hat, die Formengebung und
Dekoration ganz entschiedene Wandlungen ausweist,
aber diese Wandlungen vollzogen sich damals, wie
sie es auch heute noch tun, wenn auch nrit einer
gewissen Stetigkeit, doch niemals von heute auf
morgen. Der Sinn für das stofflich Richtige wurzelt
sehr tief und akzeptiert den raschen Wechsel, der durch
plötzlich austauchende Ideen veranlaßt werden kann,
nicht. Das Volk verhält sich in künstlerischen Dingen
genau so wie in politischen und religiösen. Auch
hier vollzieht sich der Wechsel nicht über Nacht.
Wo aber begeisterte Draufgängerei vor dem Ver-
ständnis der Sache die Köpfe aufregte, da traten zu-
nreist unerwartet ungünstige, wenn nicht geradezu
verwirrende Resultate ein.
;;; u. Lvaiigelistensymbole an dem Presbyterium-
stuhl (s. Abb. \\o), von Max ffeilmaier, München.
Ts wurde auch in neuester Zeit an manchem
Orte versucht, wo sich eine künstlerische Volksindustrie
erhalten hat, dieselbe in neue Bahnen zu lenken;
fast durchweg ergaben sich negative Resultate, nicht
weil der Trieb gefehlt hatte, sondern weil die Sache
vielfach total falsch angefaßt, eine viel zu schnelle
Gangart eingeschlagen wurde. Wer andere Leute
lehren will, darf nicht sich selbst iminer in den Vor-
dergrund stellen; er muß vielmehr dem Wesen des
Lernenden soweit wie möglich entgegenkommen.
Daß nun in der Anlage von Museen nach Art
des Skanfen-Museums die stärkste Anregung für ein
Volk mit Traditionen liegt, wird niemand bestreiten
wollen. Deshalb hat diese Art, das Problem der
Museenanlage zur Lösung zu bringen, sofort Anklang
gefunden. In England ist die Idee vielseitig mit
Freuden begrüßt worden, in den skandinavischen
Ländern aber sind rasch andere Städte dein genialen
Beispiele, das Or. Hazelius für Stockholm schuf, ge-
folgt. König Oskar von Schweden, der im Jahre J88J
die alte Kirche von Gol nach Bygdö bei Thristiania
versetzen ließ, hat damit den Grund zu einer ähn-
lichen Museumsanlage für die norwegische Haupt-
stadt gelegt. Auch hier ist bereits eine stattliche
Kolonie solcher Hausanlagen zusammengebracht
worden. Eine andere Anlage dieser Art findet sich
in Frognersätesen, eine weitere in Lund, und Däne-
mark sieht der Vollendung einer solchen Anlage bei
Kopenhagen entgegen, die durch den unermüdlichen
Eifer von Vr. Bernhard Olsen entstanden ist. In
Deutschland ist Ähnliches in gleichem Umfange bis
zur Stunde nicht geschaffen worden.
Jahr für Jahr nimmt die Zahl der charak-
teristischen Bauten, in denen sich lokale Eigenart in
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Zerstörung durch Flammen wie durch das Lösch-
wasser vorgebeugt.
Lolch ein Museum ist aber gleichzeitig der
Loden, der Anknüpfungspunkt für eine gesunde
Volkskunst. Mer inr Jahre \ty02 zu Turin die
zwar nicht sehr umfangreiche, aber in jeder Hinsicht
vorzügliche schwedische Abteilung bei der internatio-
nalen Ausstellung für dekorative Kunst sah, war
vielleicht erstaunt darüber, daß hier fast überall das
Herauswachsen einer eigenartigen Sprache aus boden-
ständigen Traditionen sich erkennen ließ, während in
unendlich vielen anderen Fällen das Suchen nach
künstlerischer Selbständigkeit und Loslösung sich als
eilt Experiment, in manchen fast wie ein Seiltänzer-
versuch sich ansah. Die Volkskunst, und das ist be-
zeichnend für ihr ganzes Wesen, macht keine Sprünge.
Wer prähistorische Museen durchgeht, der sieht an
Töpfereien und Metallwaren, daß gerade da, wo
man es nur mit einer Volkskunst iin wahrsten Sinne
des Wortes zu tun hat, die Formengebung und
Dekoration ganz entschiedene Wandlungen ausweist,
aber diese Wandlungen vollzogen sich damals, wie
sie es auch heute noch tun, wenn auch nrit einer
gewissen Stetigkeit, doch niemals von heute auf
morgen. Der Sinn für das stofflich Richtige wurzelt
sehr tief und akzeptiert den raschen Wechsel, der durch
plötzlich austauchende Ideen veranlaßt werden kann,
nicht. Das Volk verhält sich in künstlerischen Dingen
genau so wie in politischen und religiösen. Auch
hier vollzieht sich der Wechsel nicht über Nacht.
Wo aber begeisterte Draufgängerei vor dem Ver-
ständnis der Sache die Köpfe aufregte, da traten zu-
nreist unerwartet ungünstige, wenn nicht geradezu
verwirrende Resultate ein.
;;; u. Lvaiigelistensymbole an dem Presbyterium-
stuhl (s. Abb. \\o), von Max ffeilmaier, München.
Ts wurde auch in neuester Zeit an manchem
Orte versucht, wo sich eine künstlerische Volksindustrie
erhalten hat, dieselbe in neue Bahnen zu lenken;
fast durchweg ergaben sich negative Resultate, nicht
weil der Trieb gefehlt hatte, sondern weil die Sache
vielfach total falsch angefaßt, eine viel zu schnelle
Gangart eingeschlagen wurde. Wer andere Leute
lehren will, darf nicht sich selbst iminer in den Vor-
dergrund stellen; er muß vielmehr dem Wesen des
Lernenden soweit wie möglich entgegenkommen.
Daß nun in der Anlage von Museen nach Art
des Skanfen-Museums die stärkste Anregung für ein
Volk mit Traditionen liegt, wird niemand bestreiten
wollen. Deshalb hat diese Art, das Problem der
Museenanlage zur Lösung zu bringen, sofort Anklang
gefunden. In England ist die Idee vielseitig mit
Freuden begrüßt worden, in den skandinavischen
Ländern aber sind rasch andere Städte dein genialen
Beispiele, das Or. Hazelius für Stockholm schuf, ge-
folgt. König Oskar von Schweden, der im Jahre J88J
die alte Kirche von Gol nach Bygdö bei Thristiania
versetzen ließ, hat damit den Grund zu einer ähn-
lichen Museumsanlage für die norwegische Haupt-
stadt gelegt. Auch hier ist bereits eine stattliche
Kolonie solcher Hausanlagen zusammengebracht
worden. Eine andere Anlage dieser Art findet sich
in Frognersätesen, eine weitere in Lund, und Däne-
mark sieht der Vollendung einer solchen Anlage bei
Kopenhagen entgegen, die durch den unermüdlichen
Eifer von Vr. Bernhard Olsen entstanden ist. In
Deutschland ist Ähnliches in gleichem Umfange bis
zur Stunde nicht geschaffen worden.
Jahr für Jahr nimmt die Zahl der charak-
teristischen Bauten, in denen sich lokale Eigenart in
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