Chronik des Bayer. Knnstgewerbevereins.
Meister Seidl, den man damals
Unfern „Giebel-Gabel" nannte,
pat den Vogel abgeschossen
Und den ersten Preis errungen!
Schade, daß es nicht so wurde,
wie er es so schön erdachte!
Doch mit städtischen Behörden
Ist nur schwer ein Bund zu flechten
Und sie ließen sich's nicht nehmen,
Bauten so, wie s i e es wollten
Und wie 's nun geworden ist.
Innen aber ließ sich S e i tz und
G e d o n , der nrit Feuereifer
voll genialer Schöpferkraft
Damals für das Knnstgewerbe
wirkte, nicht ins Handwerk pfuschen.
Und sie schufen im Vereine
Unsren Saal und unsre Stube
Und was sonst des Hauses Zierde!
Friedrich August Rau Ibach, Lossow
Schmückten es mit ihren Fresken,
Kurz — im Jahre achtundsiebig
Stand es in Vollendung da,
Und am Ersten des (Oktobers
Ist man festlich eingezogen.
Barth hat uns in lnst'ger weise
Dies Ereignis ausgezeichnet
Und die Festgcwänder derer,
Die im Zug er abgebildet,
Alle stilvoll ausgestaltet!
Seitz und Gedon seh'n wir wandeln,
Schreiterrd vor dem Kunstgewerbe,
Hinter ihm den alten Miller,
Und als wackere Vertreter
Aller Freunde schöner Künste
Führt den Reigen, der sich anschließt,
voller würde Anton Seidl,
Der begeistert mitgeholfen,
Als es galt, das Haus zu bauen.
Die belebende Wirkung, die von dem
neuen Vereinshause ausging, ward allen
offenbar.
wie ein junges Frühlingswunder
Sahen sie es blühen, sprossen,
Und wer dies nicht selbst erlebte,
Kann es heute kaum begreifen.
Aber damals war's den meisten
Eine neu erschloff'ne Welt.
Mögcn's jene nie vergessen,
Die in unsren jüngsten Tagen
Kühn nach neuen Formen streben,
Daß an dieser Weihestätte
Ihre eig'ne wiege steht!
Dainals hatte man die Bresche
In das milde Dorngestrüppe,
Das des Volkes Kunst erstickte,
Mit vereinter Kraft erschlossen
Und den neuen weg eröffnet,
Der zu neuen Zielen führte. —
Dankbar wollen wir gedenken
Derer, die an erster Stelle
Des Vereines Führer waren,
In den letzten fünfundzwanzig
wie im Flug verfloff'nen Jahren:
Miller, Lange, Seitz und Thiersch
Und als neu gewählter Vorstand —
Lin Juwel der Juweliere
Unser hochverehrter Merk.
Treulich haben sie das Steuer
Des Vereins geführt und alle
Ihre Kräfte anfgcboten,
Daß die Fahrt beim Sonnenscheine
wie bei Stürmen und Gewittern,
Eine Fahrt zum Glücke war.
Redner gedenkt alsdann der Ver-
dienste der führenden Knnstgewerbemeister
im Verein:
Niemals werden wir im Leben
Unsre Meister je vergessen!
Und wir wollen alle ehren,
In dem Einen, der als Herold
Sie zum Kampfe aufgerufen,
Der mit ihnen jenen ersten
Sieg erfochten, dem wir unser
Heutiges Jubiläum danken.
In diesem Augenblicke wurde die
hinter Pflanzenschmuck unter einem reichen
Baldachin anfgestcllte Büste des seligen
Ehrenpräsidenten des Vereins, Ferdinand
v. Miller, enthüllt, dem die darauffolgenden
Verse gewidnret waren:
„Dir, der du zu lichten Höhen,
Uns geführt, gilt unser Dank!
Und obgleich der Stab des Führers
Deiner müden Hand entsank,
Fühlen heute wir, wie damals,
Deines Geistes starke Kraft,
Der auf festen Grund uns stellte,
Der noch heute wirkt und schafft!
Treulich stehen wir am Werke
Pflegen das, was du erstrebt.
Daß die Kunst das Volk erfreue
Und im Volke blühend lebt!
Fröhlich sprießt auf allen wegen
Deine Saat, die du gestreut
Uud die Jungen sind am Werke,
Daß sie wieder sich erneut!
Darum sei dir alle Zeiten
Unsres Dankes Zoll geweiht,
Dir, der du das Kunstgewerbe
Aus verfall und Not befreit!"
Ist auch manches Wunsch geblieben,
was wir zu erreichen suchten,
Lines können wir wohl sagen,
Daß, wohin wir schauen mögen,
Überall im Deutschen Reiche
Reiches Leben sich entfaltet,
m.
(7\ —(7^ u. \76. Lesezeichen, gezeichnet von Alois Müller, München.
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Meister Seidl, den man damals
Unfern „Giebel-Gabel" nannte,
pat den Vogel abgeschossen
Und den ersten Preis errungen!
Schade, daß es nicht so wurde,
wie er es so schön erdachte!
Doch mit städtischen Behörden
Ist nur schwer ein Bund zu flechten
Und sie ließen sich's nicht nehmen,
Bauten so, wie s i e es wollten
Und wie 's nun geworden ist.
Innen aber ließ sich S e i tz und
G e d o n , der nrit Feuereifer
voll genialer Schöpferkraft
Damals für das Knnstgewerbe
wirkte, nicht ins Handwerk pfuschen.
Und sie schufen im Vereine
Unsren Saal und unsre Stube
Und was sonst des Hauses Zierde!
Friedrich August Rau Ibach, Lossow
Schmückten es mit ihren Fresken,
Kurz — im Jahre achtundsiebig
Stand es in Vollendung da,
Und am Ersten des (Oktobers
Ist man festlich eingezogen.
Barth hat uns in lnst'ger weise
Dies Ereignis ausgezeichnet
Und die Festgcwänder derer,
Die im Zug er abgebildet,
Alle stilvoll ausgestaltet!
Seitz und Gedon seh'n wir wandeln,
Schreiterrd vor dem Kunstgewerbe,
Hinter ihm den alten Miller,
Und als wackere Vertreter
Aller Freunde schöner Künste
Führt den Reigen, der sich anschließt,
voller würde Anton Seidl,
Der begeistert mitgeholfen,
Als es galt, das Haus zu bauen.
Die belebende Wirkung, die von dem
neuen Vereinshause ausging, ward allen
offenbar.
wie ein junges Frühlingswunder
Sahen sie es blühen, sprossen,
Und wer dies nicht selbst erlebte,
Kann es heute kaum begreifen.
Aber damals war's den meisten
Eine neu erschloff'ne Welt.
Mögcn's jene nie vergessen,
Die in unsren jüngsten Tagen
Kühn nach neuen Formen streben,
Daß an dieser Weihestätte
Ihre eig'ne wiege steht!
Dainals hatte man die Bresche
In das milde Dorngestrüppe,
Das des Volkes Kunst erstickte,
Mit vereinter Kraft erschlossen
Und den neuen weg eröffnet,
Der zu neuen Zielen führte. —
Dankbar wollen wir gedenken
Derer, die an erster Stelle
Des Vereines Führer waren,
In den letzten fünfundzwanzig
wie im Flug verfloff'nen Jahren:
Miller, Lange, Seitz und Thiersch
Und als neu gewählter Vorstand —
Lin Juwel der Juweliere
Unser hochverehrter Merk.
Treulich haben sie das Steuer
Des Vereins geführt und alle
Ihre Kräfte anfgcboten,
Daß die Fahrt beim Sonnenscheine
wie bei Stürmen und Gewittern,
Eine Fahrt zum Glücke war.
Redner gedenkt alsdann der Ver-
dienste der führenden Knnstgewerbemeister
im Verein:
Niemals werden wir im Leben
Unsre Meister je vergessen!
Und wir wollen alle ehren,
In dem Einen, der als Herold
Sie zum Kampfe aufgerufen,
Der mit ihnen jenen ersten
Sieg erfochten, dem wir unser
Heutiges Jubiläum danken.
In diesem Augenblicke wurde die
hinter Pflanzenschmuck unter einem reichen
Baldachin anfgestcllte Büste des seligen
Ehrenpräsidenten des Vereins, Ferdinand
v. Miller, enthüllt, dem die darauffolgenden
Verse gewidnret waren:
„Dir, der du zu lichten Höhen,
Uns geführt, gilt unser Dank!
Und obgleich der Stab des Führers
Deiner müden Hand entsank,
Fühlen heute wir, wie damals,
Deines Geistes starke Kraft,
Der auf festen Grund uns stellte,
Der noch heute wirkt und schafft!
Treulich stehen wir am Werke
Pflegen das, was du erstrebt.
Daß die Kunst das Volk erfreue
Und im Volke blühend lebt!
Fröhlich sprießt auf allen wegen
Deine Saat, die du gestreut
Uud die Jungen sind am Werke,
Daß sie wieder sich erneut!
Darum sei dir alle Zeiten
Unsres Dankes Zoll geweiht,
Dir, der du das Kunstgewerbe
Aus verfall und Not befreit!"
Ist auch manches Wunsch geblieben,
was wir zu erreichen suchten,
Lines können wir wohl sagen,
Daß, wohin wir schauen mögen,
Überall im Deutschen Reiche
Reiches Leben sich entfaltet,
m.
(7\ —(7^ u. \76. Lesezeichen, gezeichnet von Alois Müller, München.
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