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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 54.1903-1904

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7291#0106

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Ehronik des Bayer. Kunstgeiverbevereins.

<77. Entwurf zu einem Kokosbecher von Hub. v. Seit; (^88^);

Griginal in Besitz von Di-. Gg. kfirth.

Nachbem bas allen ans bem kferzen fommeube „kfoch"
verklungen war, machte Prof. Fr. v. Miller sich znin Dol-
metsch der Empfindungen, welche die Versammlung gegenüber
bem vorrebner beseelte. Er schilderte, wie Jos. v. Schmädel
zu Beginn der 70 er Jahre als junger Architekt durch Bau-
entwürfe für bas v. Millersche Stammhaus au der Nymphen-
burgerstraße mit dem Besitzer dieses lhauses näher bekannt
geworden sei, — wie er infolgedessen mit der baulichen Leitung
der Ausstellung von <876 betraut wurde —, wie er später
(<880) die in ihrer Art einzige Schützeufestzeitung und dann
(<88<—<887) unsere Vereinszeitschrift redigiert habe, — wie er
int Vereine von Gskar v. Miller die elektrische Ausstellung
im Glasxalaste inszenierte, — wie er allezeit eine nie ver-
sagende Kraft war, wenn es galt, großen Aufgaben durch
Hede und Schrift die Wege zu ebnen, — wie er auf dem
Gebiet der graphischen Kunst bahnbrechend gewesen ist und bei
alledem all die Jahre her treu bei uns ausgehalten hat. Die

warmen Worte fanden in dem auf Hat v. Schmädel ans-
gebrachten, wohlverdienten „lhoch" freudigen wiederhall —
nicht minder die frischen, humorvollen Daukesworte des Ge-
feierten.

Mit den Jubiläen war's aber noch nicht zu Ende.
Herrn Eberspacher, der vor 25 Jahren die Hestauration des
Vereinshauses übernommen und gleichfalls auf seinem Posten
ansgeharrt hat, wurde vom Vereinsvorstand unter anerkennen-
den Worten ein prächtiger Blumenstrauß überreicht, den jener
mit der Zusage, auch fernerhin anszuharren, eutgegennahm
und mit einem „Hoch" auf den Verein seinem Dank Aus-
drnck gab. — Als letzter Jubilar trat Hausverwalter Mittel-
dorf zum vorstaudstisch, wo der Vereinsvorsitzende Merk ihm
die Urkunde über die Verleihung des Ehrensoldes überreichte,
und dabei die in Vereinskreisen allbekannte vielseitige Verwendbar-
keit des Jubilars zu schildern Veranlassung nahm: <882 Beihilfe
beider Einrichtung der Elektrizitätsausstellung; <885 und <886
desgleichen bei der Netallausstellung in Nürnberg bzw. in
Berlin; <888 Platzmeister bei der Deutschnationalen Kuust-
gewerbeausstellung in München, wo Mitteldorf am 9. Juni
bei einem infolge Kurzschlusses ausgebrochenen Brande durch
rasches Abschneiden der Leitungsdrähte großes Unglück verhütete;
<895 und <900 ein Jahr bzw. fünf Monate lang auf den
Weltausstellungen in Ehicago und Paris tätig; <902 in
ähnlicher Weise bei der Ausstellung für moderne dekorative
Kunst in Turin. — Der Gefeierte dankte in einfacher herzlicher
Weise mit dem versprechen, dein Verein zu dienen, so lange
seine Kräfte reichen.

Damit war der offizielle Teil des Eröffnungsabends er-
ledigt; eine Heihe von Musikvorführuugen schloß sich daran,
während im Nebensaal durch die darin untergebrachte Aus-
stellnng des Ergebnisses eines vom Verein für christliche Kunst
veranstalteten Wettbewerbes um Entwürfe zu einem Altar für
die Kirche in Feucht bei Nürnberg so recht zeigten, wie not-
wendig für den Kunstgewerbeverein die Erweiterung der Aus-
stellungshalle ist, die für solche kleinere, eigenartige Ausstellungen
passende Häume bieten soll.

Zweiter Abend — den <o. November. — Vortrag von
lh. L. v. Berlepsch: Uber japanisches Kunstgewerbe. Die
japanische Kunst ist durchaus Volkskunst, deren Formsprache
offenkundig in der Natur wurzelt. An der Vaud seiner Bilder-
bücher wird der Japaner von Jugend aus mit den Naturformen
vertraut gemacht; eine Trennung von „hoher Kunst" und
„Knusthandwerk" gibt's nicht. Die japanische Kunst kann auf
eine ununterbrochene Entwickelung von <-<00 Jahren zurück-
schauen. Das Kunstempfinden der Japaner wird wesentlich
unterstützt durch ihre hohe Intelligenz und durch die Natur
des Landes, das keine Eiszeit gehabt hat und — vielleicht infolge
davon -— eine ungemein reiche und farbenprächtige Flora und
Fauna besitzt. Die Gartenkunst spielt dabei eine bedeutsame
Holle; mit feinem Kunstgefühl weiß der Japaner auch Blume
und Blumenvase miteinander in Einklang zu bringen.
„Tellerbukets" wie sie bei uns üblich sind, stellt man in Japan
nicht her. Größere Gärten sind teils landschaftlich, teils
architektonisch gehalten; die kjügelgärten werden meist malerisch,
die Tempelgärteu ernst, würdevoll angelegt. — In der Pracht
der Kostüme tut sich der an der Blumenpracht entwickelte
Farbensinn kund, besonders in Gewebe und Stickereien; Spitzen
kennt das japanische Kuustgewerbe nicht, so wenig wie Gobelins.
— Als im 6 Jahrhundert der Buddhismus eingeführt wurde,
kam mit ihm auch eine schon hochentwickelte Kultur herüber,

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