Über die Ausbildung der Goldschmiede.
amtlichen Ausdruck erhielt in dem uin die Mitte
des vorigen Jahrhunderts von der preußischen Re-
gierung herausgegebenen Werke: „Vorlageblätter für
Fabrikanten und Handwerker" in dessen Vorrede der
bemerkenswerte Satz vorkommt: „Der Fabrikant
und Handwerker soll sich nicht verleiten lassen, selbst
zu komponieren."
Wie verfehlt diese Ansicht war, erkennt man,
abgesehen von allem anderen, an ihren Früchten.
Mbgleich sich die handwerkliche Fertigkeit der Ber-
liner Goldschmiede auch in dem allgemeinen Nieder-
gange während der Napoleonischen Kriege erhalten
hatte, und obgleich ein so hervorragender Architekt
wie Schinkel die Entwürfe machte, wird doch kein
Renner die damals in großer Menge für den preußischen
Hof hergestellten Silbergeräte in künstlerischer Wert-
schätzung vergleichen wollen mit denen der romani-
schen und frühgotischen deutschen Goldschmiede,
deren Werke zu übertreffen, ja sie auch nur zu er-
reichen, die benachbarten Völker verzweifelten. Der
Grund dieses Vorsprunges war aber der, daß diese
Meister recht gut wußten, stilvoll könne ein Kunst-
werk, und sei es auch das kleinste, nur dann wer-
den, wenn es im Entwurf und in der Ausführung
aus dem Kopfe und aus der Hand eines Mannes
hervorgeht, der nicht nur ein Künstler in seiner Art,
sondern der auch mit dem Materiale, in dem das
Kunstwerk ausgeführt werden soll, aufs innigste ver-
209. Von Wolfgang v. Wersin. (l/100 der wirkt. Gr.)
(Das Waffer sollte aus zahlreichen Vffnungen der großen Mttel-
knofpe divergierend herabströmen.)
2(0. von Karl bsuber. C/75 der wirkt. Gr.)
traut ist, und daß auch der größte Künstler, der nie-
mals die Eigenschaften dieses Materials handwcrks-
inäßig kennen gelernt hat, kein Prunkgeräte ent-
werfen könne, das Stil hat: Stil in dem Sinne, daß
die im Material liegenden Bedingungen und seine
Bildungsmöglichkeiten berücksichtigt sind, nicht aber
die Äußerlichkeiten einer geschichtlichen Stilform
sklavisch nachgeahmt werden. Deshalb wäre es auch
einen: Goldschmied der guten Zeit widersinnig er-
schienen, sich den Entwurf von einem Maler anfer-
tigen zu lassen und sich dann abzumühen, diesen
papierenen Entwurf in allen Einzelheiten in einem
Material auszuführen, das sich seiner ganzen Bil-
dungsmöglichkeit gegen die Einzelheiten dieses Ent-
wurfs sträubt.
Damit soll nicht geleugnet werden, daß auch in
den besten Zeiten den Goldschmieden fördernde und
dankenswerte Anregungen gerade von den größten
Künstlern ihrer Zeit geworden sind. Entwürfe, des-
halb jedoch ungefährlich, weil ihnen gegenüber das
sichere Stilgefühl der Werkstatt stand, das es ver-
hinderte, daß ein solcher Entwurf als etwas anderes
betrachtet wurde, denn als eine Anregung „an den
tag gegeben zu gut der uebenden Zugend der Gold-
schmiedt", wie der Maler Hans Brofamer in seinem
Kunstbüchlein mit Entwürfen zu Pokalen und Vasen
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amtlichen Ausdruck erhielt in dem uin die Mitte
des vorigen Jahrhunderts von der preußischen Re-
gierung herausgegebenen Werke: „Vorlageblätter für
Fabrikanten und Handwerker" in dessen Vorrede der
bemerkenswerte Satz vorkommt: „Der Fabrikant
und Handwerker soll sich nicht verleiten lassen, selbst
zu komponieren."
Wie verfehlt diese Ansicht war, erkennt man,
abgesehen von allem anderen, an ihren Früchten.
Mbgleich sich die handwerkliche Fertigkeit der Ber-
liner Goldschmiede auch in dem allgemeinen Nieder-
gange während der Napoleonischen Kriege erhalten
hatte, und obgleich ein so hervorragender Architekt
wie Schinkel die Entwürfe machte, wird doch kein
Renner die damals in großer Menge für den preußischen
Hof hergestellten Silbergeräte in künstlerischer Wert-
schätzung vergleichen wollen mit denen der romani-
schen und frühgotischen deutschen Goldschmiede,
deren Werke zu übertreffen, ja sie auch nur zu er-
reichen, die benachbarten Völker verzweifelten. Der
Grund dieses Vorsprunges war aber der, daß diese
Meister recht gut wußten, stilvoll könne ein Kunst-
werk, und sei es auch das kleinste, nur dann wer-
den, wenn es im Entwurf und in der Ausführung
aus dem Kopfe und aus der Hand eines Mannes
hervorgeht, der nicht nur ein Künstler in seiner Art,
sondern der auch mit dem Materiale, in dem das
Kunstwerk ausgeführt werden soll, aufs innigste ver-
209. Von Wolfgang v. Wersin. (l/100 der wirkt. Gr.)
(Das Waffer sollte aus zahlreichen Vffnungen der großen Mttel-
knofpe divergierend herabströmen.)
2(0. von Karl bsuber. C/75 der wirkt. Gr.)
traut ist, und daß auch der größte Künstler, der nie-
mals die Eigenschaften dieses Materials handwcrks-
inäßig kennen gelernt hat, kein Prunkgeräte ent-
werfen könne, das Stil hat: Stil in dem Sinne, daß
die im Material liegenden Bedingungen und seine
Bildungsmöglichkeiten berücksichtigt sind, nicht aber
die Äußerlichkeiten einer geschichtlichen Stilform
sklavisch nachgeahmt werden. Deshalb wäre es auch
einen: Goldschmied der guten Zeit widersinnig er-
schienen, sich den Entwurf von einem Maler anfer-
tigen zu lassen und sich dann abzumühen, diesen
papierenen Entwurf in allen Einzelheiten in einem
Material auszuführen, das sich seiner ganzen Bil-
dungsmöglichkeit gegen die Einzelheiten dieses Ent-
wurfs sträubt.
Damit soll nicht geleugnet werden, daß auch in
den besten Zeiten den Goldschmieden fördernde und
dankenswerte Anregungen gerade von den größten
Künstlern ihrer Zeit geworden sind. Entwürfe, des-
halb jedoch ungefährlich, weil ihnen gegenüber das
sichere Stilgefühl der Werkstatt stand, das es ver-
hinderte, daß ein solcher Entwurf als etwas anderes
betrachtet wurde, denn als eine Anregung „an den
tag gegeben zu gut der uebenden Zugend der Gold-
schmiedt", wie der Maler Hans Brofamer in seinem
Kunstbüchlein mit Entwürfen zu Pokalen und Vasen
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