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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 54.1903-1904

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Gmelin, L.: Bericht des Preisgerichts der Turiner Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7291#0215

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Bericht des Preisgerichts der Turiner Ausstellung.

mehren, sondern noch eine weitere Aus-
zeichnung — ein Verdienstdiplom — hin-
zuzufügen.

Auch die Frage, wer Anspruch auf
den Preis erheben könne, ob der Künstler
oder der Ausführende, oder auch der Aus-
steller, der eine umfangreiche Schaustellung
mit Arbeiten der verschiedensten Künstler
und Werkstätten zusammengebracht hat, —
führte zu einem langen und eingehenden
Redekampf, in welchem sich zwei Anschau-
ungen gegenüberslanden; die eine befür-
wortete die unbedingte Vorherrschaft der
Künstler, während die aildere deil Stand-
punkt vertrat, daß sich die Kunst so wenig
von der Technik trennen könne wie die
Seele vom Körper. Sicher ist, daß von
beiden Komponenten die erstere die vor-
nehmere ist; da sie aber eng mit der
zweiten verbunden ist und um so Vortreff-
licheres leistet, je vornehmer die zweite sich
äußert, so machte einer der Juroren den
Vorschlag, „Ausführungsdiplome" zur Ver-
teilung zu bringen. Das war indessen un-
ausführbar, da bei den Italienern der ent-
werfende Künstler höchst selten namhaft
gemacht war. Dagegen konnten bei den
durch Vermittlung von Handelshäusern beigezogenen
Künstlern oder Firmen an letztere Preise verteilt
werden. Besondere Schwierigkeiten entstanden bei
Auszeichnuilg mehrerer Mitarbeiter an demselben
Werk, da es oft schwer zu entscheiden war, welchenr
derselben das Hauptverdienst zukam und welcher
dabei am meisten in modernem Geist mitgear-
beitet hat.

Das Preisgericht machte ferner den Vorschlag,
die Kunstschulen mit scharfen Augen und strengem
Urteil zu betrachten; „ein unverdienter Beifall ist
immer zu verdammen, aber auf erzieherischem Gebiet
ist er schlimmer als ein Verbrechen". Man erkannte
an, daß einige ganz ausgezeichnete Proben modernen
Kunstnnterrichts auf der Ausstellung zu sehen waren,
konnte aber auch nicht verschweigen, daß andere eine
große Zurückgebliebenheit an den Tag legten.

Das Verzeichnis der Preife ist nach Ländern
geordnet, wobei innerhalb dieser Abschnitte mit der
höchsten Auszeichnung begonnen und die Einzel-
aussteller alphabetisch mit ziemlich ausführlicher
Urteilsbegründung aufgeführt werden; es wird auch
vermerkt, ob die betreffende Auszeichnung einstimmig,
mit großer Majorität (eine Stimme dagegen) oder
mit einfacher Majorität erfolgt ist. Befremden muß
es dabei allerdings erregen, daß die Länder nicht

gleichartig behandelt worden sind. Lückenlos sind
bei allen Ländern die Ehrendiplome und die goldenen
Medaillen aufgezählt; während aber bei fast allen
Ländern auch die silbernen Medaillen der Reihe
nach genannt sind, ja bei Frankreich, Schweden,
Norwegen sogar auch alle mit dem Anerkennungs-
diplom bedachten Aussteller — wenigstens inner-
halb eines summarisch gehaltenen Textes — er-
wähnt werden, sind für die nach Deutschland ge-
fallenen 30 Silbermedaillen und 60 Anerkennungs-
diplome nur p/3 Seite übrig gewesen. Ebenso
erging es Österreich, wogegen bei Italien diesen
beiden Preisgruppen f8 Seiten gewidmet sind. Was
den Verfasser des Berichts zu dieser ungleichmäßigen
Behandlung veranlaßt hat, wissen wir nicht; gewiß
aber ist, daß dies — zumal gar keine Übersicht
über die Zahl der Aussteller und Preise, über
die Verhältniszahlen zwischen Ausstellern und
Prämiierten ic. gegeben ist — ein ganz falsches
Bild von den Erfolgen auf der Ausstellung Hervor-
rufen muß. Daß gerade Deutschland und Öster-
reich in diesem von einem Preisrichter erstatteten
Bericht — der äußeren Form nach •— am schlechtesten
weggekommen sind, obgleich es in Wirklichkeit sich
gerade umgekehrt verhielt, ist zum mindesten unauf-
merksam. G.

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