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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 54.1903-1904

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Zimmermann, Ernst: Steinzeugkrüge von Richard Riemerschmid
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https://doi.org/10.11588/diglit.7291#0289

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Lteinzeugkriige von Richard Rieinerschmid.

-Z80. Waschgeschirr aus Steinzeug; entworfen von Rich. Riemerschmkd, München; ausgeführt von

Reinhold Merkelbach, Grenzhausen.

alte Tradition des Landes gänzlich aufgegeben tind
nur getan, was jetzt so ziemlich alle Auusttöpfer
Europas tun: ein Produkt geschaffen, das reichlicher
bereits vertreten ist, als das Bedürfnis verlangt. Sie
vermehrte hiermit nur zu ihrem eigenen Schaden eine
schon nicht geringe Konkurrenz, noch dazu auf dem
a:i sich nicht allzu umfangreichen Gebiete des Luxus,
statt endlich wieder einmal das Gebiet anzubauen,
das das eigentliche und ursprüngliche Wirkungsfeld
der Aeramik zu alleit Zeiten gewesen ist, um dessent-
willen sie überhaupt erfunden ward, das aber die
moderne Aeramik noch immer heute gen: zu ver-
meiden sucht, weil hier die Lorbeeren nicht so leicht
winken wie auf dem anderen: das des Gebrauchs-
geschirrs, als dessen lhauptvertreter bei dem Steinzeug
der Bierkrug gelten kann. Der Bierkrug wird und
muß immer, mag auch vorübergehend einmal die
Blöde sich anderswo hinwenden, dein Steinzeug
bleiben. Ein vernünftig denkendes Zeitalter wird
stets seiner vortrefflichen Eigenschaft, der schlechten
Wärmeleitung, eingedenk bleiben und auch in seiner
kräftigen Gestaltungsmöglichkeit ein Wittel zur
Symbolisierung eines mannhaften Trunkes erblicken.
Und damit bleibt dem Steinzeug auch die Ver-
pflichtung, dies Symbol zu kunstreicher Veredelung
zu bringen.

Das ist nun erfreulicherweise von seiten der
anderen im „Aannenbäckerländchen" wirkenden Fak-
toren geschehen, und man kann hierbei der Firma
Rein hold Werkelbach in Grenzhausen nicht
dankbar genug sein, daß sie sogleich den richtigen
Weg eingeschlagen und sich an einen Witarbeiter
gewandt hat, der alle Gewähr für ein günstiges
Gelingen bot. Zn Richard Riemerschmid hat

sie einen Aünstler gewonnen, der zu den befähigtesten
Aräften der modernen Bewegung gehört und nament-
lich durch seine so erfolgreiche Betätigung auf den
verschiedensten Gebieten die Fähigkeit, sich auch in
für ihn technisch und künstlerisch fernliegende hinein-
zuarbeiten, vollauf bewiesen hat. So kann der Er-
folg nicht ausbleiben.

Und was bis jetzt vorliegt, berechtigt in der
Tat zu den schönsten Hoffnungen. Aünstler und
Techniker stehen hier zwar erst in den Anfängen,
aber der richtige Weg, der zum Ziele führen muß, ist
eingeschlagen, und das ist die Hauptsache. Zunächst
ist das Gebiet des Bedürfnisses betreten, in dem
nur Bierkrüge/ Rannen, Senftöpfe, Butterdosen und
Waschgeschirre in Bearbeitung genommen wurden.
Damit hat man sich ökonomisch auf die richtige
Basis gestellt. Dann hat man die alten Techniken
des naffauischen Steinzeugs wieder hervorgesucht, die-
selben aber, soweit es nötig war, den modernen
Produktionsarten angepaßt. Auf diese Weise wurden
vorher Grnamente in Formen gepreßt und auf die
Artige gelegt, nachdem jene vorher nach einer neuen
Erfindung in der Waffe gefärbt waren. Die alte
Ritztechnik aber, d. h. das Umziehen der Grnamente
durch eingeritzte Linien, zwischen die dann kobalt-
blaue Farbe gelegt wurde, ist so der modernen
Wechanik angepaßt worden, daß, um das jedes-
malige Ritzen an den Gegenständen selber zu ver-
meiden, die Linien breit in die Hohlform gedrückt
worden sind, so daß sie nachher beim geformten
Gegenstände als erhöhte Stege erscheinen, zwischen
die dann init Leichtigkeit die Farbe gelegt werden
kann, eine höchst einfache Technik, die zwar an
Frische und Reiz sich nicht ganz mit der früheren

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