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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 54.1903-1904

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Schneckendorf-Gläser
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https://doi.org/10.11588/diglit.7291#0291

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Zchneckendorf-Gläser.

482. Gläser von Jos. Emil Sch necken darf, München.
(V4 der wirk!. Gr.)

wirkten Köppings und Zitzmanns Glasgebilde, deren
Reize wie deren Mängel in gleicher Weise zur Weiter-
arbeit auf diesem Gebiete aufforderten. — Inmitten
der Hülle von neuen Erscheinungen wußte sich Schnecken-
dors feine Selbständigkeit zu wahren. Ohne Lehrer
arbeitete er sich in die Technik der Glasbereitung
und Glasfärbung ein und gelangte schon nach
wenigen Monaten zu überraschenden und durch-
aus originelleu Ergebnissen. In Technik, Horm und
Harbe bringt Schneckendorf Neues. Die überzierlichen
Formen Köppings, die bei der leisesten Berührung
zu zerbrechen drohten und die einer Weiterentwickelung
nicht mehr fähig waren, sind verlassen, oder wenn
einzelnes, wie das hier unter Abb. ^8^ dargestellte
Glas, noch an Köpping erinnert, so ist durch Auf-
nahme von Nietallsubstanzen dem Glase eine solche
Zähigkeit verliehen, daß die Zerbrechlichkeit bedeu-
tend verringert ist, zugleich aber werden eben durch
die Nietallbeimischungen Harben von einer Pracht
und Leuchtkraft erzielt, die bisher in der Edelglas-

482—487. Gläser von Jos. Emil Schneckendorf, München.
0/., der wirkt. Gr.)

bereitung nicht gelungen waren. pierin besteht auch
der große technische Unterschied zwischen den Arbeiten
Schneckendorfs und denen Tiffanys, dessen Gläser
selbst wieder mit farbigem Glase übersponnen sind,
während Schncckendorf seine Harbenwirkungen ledig-
lich durch direkte Einwirkung der Nietalloxyde auf
reines Kristallglas erreicht. Dabei wendet er zwei
verschiedene Verfahren an: Entweder werden die
Nietalloxyde am Gebläsetisch an offener Hlamme in
das Glas eingeschmolzen und der betreffende Gegen-
stand nachträglich vollkommen fertiggestellt oder es
wird ein fertiger Gegenstand aus farblosem Glase
mit der Harbe imprägniert, und diese dann inr Muffel-
ofen eingeschmolzen. Die Vorteile beider Verfahren
sind einleuchtend: Beim ersten
kann, während die Horm all-
mählich unter der bildenden pand
entsteht, die Harbe vollkommen
in beabsichtigter Weise ange-
bracht werden, ja, es gestattet
diese Technik, mit irisierenden
Harben auf dem Glase zu zeich-
nen und zu malen. Das zweite
Verfahren ermöglicht, beliebige
Gegenstände aus jedem beliebigen
Glase — Bleiglas ausgenommen
— im Muffelofen mit denselben
leuchtenden Farben, dieSchnecken-
dorfs Ziergläser auszeichnen, zu
färben. Eignet sich das erste
Verfahren also vor allem zur
Perstellung von einzelnen Zier-
gläsern, Schmuckperlen, Hlacons
ic. durch den Künstler selbst unter
Schaffung stets neuer Formen,
so können mit dem zweiten
Verfahren Gebrauchsgläser aller
Art und Größe, deren Formen die gleichen sein
sollen, in beliebig großer Anzahl ohne wesentliche
Inanspruchnahme künstlerisch geschulter Kräfte so
gefärbt werden, daß sie an geschliffene palbedelsteiue
oder an das Harbenspiel von Schmetterlingsflügeln
und Flügeldecken ausländischer Käfer erinnern, ohne
daß doch dabei der Charakter des Materiales, des
Glases selbst, verwischt würde oder verloren ginge.
Ein rein künstlerisches Arbeiten geht also neben
einer Produktion her, die in mehr industrieller Weise
betrieben werden kann. Diese Perstellung gleich-
artiger Gebrauchsgegenstände gedenkt Schneckendors
nach seinem Verfahren in einer größeren Glashütte
vornehmen zu lassen, während er selbst in der Per-
stellung einzelner Kunstgläser fortfahren wird, um
Formen und Farben seiner Arbeiten künstlerisch

434.

(V4 d. w. G.)

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