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Die Kunstauktion: internat. Nachrichtenblatt des gesamten Kunstmarktes — 3.1929

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Nr. 7 (17. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.47052#0082
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12

..Die Kunstauktion“

17. Februa^hf

NACHRICHTEN

VON


ERALL

Die Kunstschätze
der russischen Prinzessin Paley
Ein Gegenstück zum Streit um die Berliner
Sowjet-Auktion
Der Prozeß, den die Prinzessin Paley,
morganatische Gattin des Onkels des Zaren
Nikolaus II., des Großfürsten Paul von Ruß-
land, gegen den Verkauf ihrer von der Sowjet-
Union beschlagnahmten Kunstschäße in London
angestrengt hat, erregt zurzeit das größte
Aufsehen in den interessierten Kreisen in
London und Paris. Nachdem ihr Gatte und
ihr Sohn von den Bolschewisten ermordet
worden waren, gelang es der Prinzessin, mit
ihren beiden Töchtern aus Rußland zu fliehen
und in Frankreich ein Asyl zu finden. Sie ließ
in Zarskoje Selo, der Sommerresidenz der
kaiserlichen Familie, ihr Palais mit einer
Sammlung seltener Kunstschäße, wie Gemälde,
Gobelins, wertvolle Möbel und Antiquitäten
zurück. Diese Kunstwerke sind vor kurzem
von der Sowjetregierung an ein französisch-
englisches Syndikat von Kunsthändlern ver-
kauft worden, das die Sammlungen nach
London überführte und versuchte, sie dort zur
Versteigerung zu bringen. Prinzessin Paley
erhob gegen den Verkauf ihres Eigentums
Einspruch, und es gelang ihr, eine einstweilige
Verfügung durchzuseßen, die die Gegenstände
bis zur gerichtlichen Klarstellung unter Se-
quester stellte. Das englische Gericht erster
Instanz hat sich zuungunsten der Klägerin
ausgesprochen und erklärt, daß nach den zur-
zeit in Rußland herrschenden Geseßen das
Palais der emigrierten Prinzessin mit seinem
gesamten Inhalt an Kunstschäßen in ein
Museum umgewandelt und als solches in
Staatsbesiß übergegangen sei. Die Prinzessin
hat jedoch durch ihre Advokaten die Erklä-
rung abgeben lassen, daß sie gegen dieses
Urteil Berufung einlege und den Prozeß durch
alle Instanzen durchfechfen werde. Die An-
gelegenheit wird also in der nächsten Zeit den
Londoner Appellations-Gerichtshof und als
höchste Instanz das englische Oberhaus be-
schäftigen.
Der ganze Fall beschäftigt zurzeit die Lon-
doner und Pariser Presse in starkem Maße,
die in ausführlichen Berichten zu der An-
gelegenheit des Verkaufs russischen Emi-
granten-Eigentums durch die Sowjets Stellung
nimmt. Soll doch anscheinend durch den
Verkauf der Sammlung Paley ein Präzedenz-
fall geschaffen werden, dem die Veräußerung
weiterer „nationalisierter" Kunstschäße in den
„Bourgeois-Ländern" nachfolgen soll. Ge-
spannt darf man auch sein, welche Schritte
das anglo-französische Kunsthändler-Syndikat
unternehmen wird, wenn die Rechtsprechung
des englischen Oberhauses die Entscheidung
trifft, daß die Kunstwerke ihrem früheren Be-
sißer zurückzuerstatten sind. Juristisch um-
stritten dürften auch die Erwerbsverhältnisse
der Käufer dieser Kunstschäße sein, da es sich
im Gegensaß zu der Berliner Sowjet-Auktion
hier um den Verkauf einer geschlossenen
Kunstsammlung eines Besißers handelt, bei
der der besißrechtliche Nachweis der ganzen
Sammlung geführt werden kann.
Deutsche Ausgrabungen an
klassischen Stätten
Die deutschen Ausgrabungenau f
Aegi na haben im Gelände des Tempels
der Aphrodite Lage und Aussehen eines
M y s t e r i e n h e i 1 i g t u m s der Hekate
aus dem Anfang des 5. Jahrhunderts

Ohne Kommentar
Herr Heinrich Nüßlein, Nürnberg,
schreibt uns am 28. Januar 1929:
,Jch fühle mich, veranlaßt, Ihnen, freiwillig die
Anerkennung auszusprechen über den wissen-
schaftlichen und praktisch hohen
Inhalt IhrerZeitung. Ich habe von Anfang
Ihr Blatt bezogen, dann abbestellt, aber die Kün-
digung zurückgezogen, weil der immer wert-
voller gewordene Inhalt mich gefesselt
hat,
*
Frau E. Adelsberger, Kunsthistorikerin
und Dozentin an der Volkshochschule in Wies-
baden, schreibt uns unter dem 4. Februar:
„Da ich eine Anzeige in Ihrer Zeitung „Die
Kunstauktion“, die wissenschaftlich und kaufmän-
nisch wirklich vorzüglich geleitet ist, für sehr wert-
voll und nutzbringend halte, möchte ich Ihnen an-
liegend einen Anzeigenentwurf samt Größenangabe
übersenden.“
*

Die Schweizer Zeitschrift „Das Ideale
II e i m“ schreibt in ihrem Februar-Heft d. J.
folgendes:
„In der vorzüglich redigie r t e n
Wochenzeitung „Die Kunstauktion“, deren ge-
naueLektürejedem Sammler zu emp-
fehlen ist, wird, im Zusammenhang mit den
jüngst aufgedeckten Van Gogh- und Dossena-Fäl-
schungen, mit beherzter Offenheit über
die durch das Expertisenunwesen geschaffene Lage
gesprochen . . .“

Zacharie Birtschansky
PARIS, 88, FAUB. ST-HONOIilS
(en face de l'Elysee)
TßL. ELYS. 17-02
Tab leaux * Meubles
Obj ets d’Art
Verkauf an Händler

ermittelt, das noch in späterer Zeit viel be-
sucht wurde. Die Untersuchungen in A e z a n 1
(Kleinasien) haben Prof. M. S c h e d e , der
Direktor für die orientalischen Unternehmun-
gen der Berliner Museen, und Prof.
D. Krencker von der Berliner Technischen
Hochschule vorläufig abgeschlossen.
Am Tempel ist die Ausbeute an wuchtigen
Architekturgliedern sehr bedeutend. Die
Kellergewölbe waren ganz ungeheuerlich
verschüttet, und der Abtransport durch die
engen Fensterluken war langwierig. Immer-
hin gelang es an zwei Stellen, den mit wohl-
erhaltenen Marmorplatten bedeckten Fußboden
zu erreichen. Vom Tempelhof wurde der Ver-
lauf der Säulenhallen festgestellt, der
T o r b a u und die Treppe, die vom Markt-
plaß heraufführt. Eine kleine Grabung wurde
beim Heiligtum der Meter Steunene vorgenom-
men. In der Höhle selbst konnte wegen des
ständig abbröckelnden Gesteines nicht ge-
arbeitet werden, aber auf der natürlichen Fels-
terrasse vor dem Höhleneingang. Hier fanden
sich zahlreiche Bruchstücke von T o n -
firgürchen der sitzenden Kybele,
auch der Rest eines marmornen Weihereliefs.
Alles könnte der späthellenistischen Zeit an-

wohl anfertigte. Auch diese Sammlung gibt
Kunde von der verschwenderischen Schaffens-
kraft des Meisters.
Kaesbach- Stiftung
in München-Gladbach
Dr. Walter Kaesbach, einst Mit-
arbeiter Tschudis und Justis an der Berliner
National-Galerie, jeßt Direktor der
Kunstakademie in Düsseldorf, hat seine
Sammlung von Bildern unserer Zeit seiner
Vaterstadt München-Gladbach gestiftet. Jahre-
lang wollten sich nicht die rechten Räume
dafür finden lassen, was wohl auch einer Ab-
neigung gegen die „moderne Richtung“ zuzu-
schreiben war. Jeßt hat die Stadt in dem
Karl-Brandt-Hause, das sie gleichfalls gestif-
tet bekam, die Kunstwerke Dr. Kaesbachs
aufstellen lassen können. Es sind in der
Hauptsache Werke von Heckel, Nauen
und R o h 1 f s , dann von Campendonk, Fei-
ninger, Kirchner, Macke, O. Müller,
Nolde, Pechstein und Schmidt-Rottluff. Als
einzige Plastik steht darunter der Terrakotta-
Kopf einer Sinnenden von Wilhelm Lehm-
bruck.


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N. Lavreince: Der Vergleich
Farbstich von. F. Janinet. — 1. Zustand, vor der Schritt. — Kat.-Nr. 205
Versteigerung bei Sotheby & Co., London
am 18. bis 20. Mär z 1929
N. Lavreince
La Comparaison
Gravüre en couleurs par Janinet.
i. etat, avant la lettre, Nr. 205 du Cat.
Vent e c he z Sotheby & Co, London
le 18-20 Mars 1929

gehören oder geht doch wenigstens der großen
Bauperiode Aezanis im zweiten nachchrist-
lichen Jahrhundert voraus. In Angora ergab
sich durch die von der Altertümerverwaltung
vorgenommenen Abbrüche einiger später An-
bauten an der Moschee Haci Bayram die Mög-
lichkeit, zu weiterer Klarheit über den Tem-
pel des Augustus zu kommen. Prof.
Krencker glaubte feststeilen zu können, daß
auch dieses Bauwerk auf einem Podium ge-
standen hat.
Unveröffentlichtes von Schubert
Der Bibliothek des Conservatoire in Paris
hat Ch. Malherbe, einst Archivar und Biblio-
thekar der Pariser Oper (1863—1911), eine herr-
liche Sammlung von Musikautographen
und Handschriften vermacht, in der sich
auch eine ansehnliche Reihe von Stücken
Schuberts befindet. Es ist ein Bestand
von etwa 40 Stücken mit nicht weniger als
449 Seiten, über den jeßt J.-G. Prud’homme in
der „Zeitschrift für Musikwissenschaft“ be-
richtet. Dieser kleine Bruchteil von Schuberts
Riesenwerk, das ja nach Groves Verzeichnis
nicht weniger als 10 000 Stücke umfaßt, ist fast
vollständig für die Gesamtausgabe von
Schuberts Werken verwertet. Immerhin finden
sich ein paar ungedruckte oder
vom Druck abweichende Stücke,
besonders die Walzer, Deutschen
Ländler, und wahrscheinlich das Wid-
mungsstück für Salieri. Mehrere
unter den Pariser Blättern sind Skizzen,
erste Entwürfe, andere sind bloße Ab-
schriften oder Transpositionen,
wie Schubert sie für Künstler oder Freunde

Das Schmuckmuseum in
Pforzheim
Dem Kunstgewerbeverein der Schmuck-
stückstadt Pforzheim ist es gelungen, sein
Schmuckmuseum wieder aufzustellen. Ur-
sprünglich war geplant, diese kostbaren Be-
stände im Gebäude der Badischen Kunst-
gewerbeschule zu belassen und dort mit den
Schulsammlungen zu vereinigen. Es stellte
sich aber heraus, daß ein solches Industrie-
Museum und ein Schulmuseum auf zu ver-
schiedenem Boden gewachsen sind. Jeßt ist
das Schmuckmuseum in den Eckturm des
„Industrie-Hauses“ gezogen, wo es seine
Schmuckwaren und Geräte vorteilhaft aus-
breiten kann.
W ohnmöglichkeiten
und Wohngewohnheiten
In diesem Jahre veranstaltet der Deutsche
Werkbund in den Breslauer Aus-
stellungshallen eine große Ausstellung,
die interessante Vergleiche der Wohn-
möglichkeiten und Wohngewohn-
heiten ermöglichen wird. Die histori-
sche Abteilung wird einen kurzen Ab-
riß der Wohnform zeigen. Ange-
gliedert ist eine Länderschau mit einem Über-
blick über das praktisch im Klein-
wohnungsbau Erreichte.
Ein isländischer Kunstverein
Auf Reykjavik haben die isländischen
Musiker, Dichter und bildenden Künstler einen
„Bund isländischer Künstler“ gegründet.

UNTER KOLLEG^

Vorträge
Die Berliner City
Im Rahmen der staatlichen Kunstbib1
hielt Stadtbaurat Max Berg am 1
bruar einen Vortrag über „die B e r.
C i t y“. Der Vortragende sprach sich f11
rationelle Lösung dieses hochaktuelle11'
blems aus. In einer Reihe von Lichtbilder^’
er Schemata der Citybildung und
die gegensäßlichen Tendenzen hin, 1
Europa und Amerika zur Auswirkung M
Die New Yorker City stellte er als "l
einer ungeregelt und unrationell sid1
wickelnden Konzentration hin. Er zeiSj]
durch unpraktische Raumverwertung LR
Luft von den Ärbeitsräumen der Citybe'^
abgehalten wird und entwarf dagelL’1^^_
Plan einer Idealcity mit ab
häusern, die zu hufeisenför•’rein, ygn
Blöcken zusammengeschl0Gzeige [
werden, in deren Mitte sich Parks Ulli^unstau'|,<
stige Anlagen befinden sollten, die für
licht und gesunde Luft in den Büro'^^^^
sorgen würden. An der Hand von Auf*1“ ——
aus verschiedenen EntwicklungsepoclK'l
zelner Städte wies er nach, das es d11 JV
möglich sei, die Cityentwicq 1
planmäßig anzugreifen und nacM I
sparenden und hygienischen GesichtsPj ‘-ICr
zu regeln. In unmittelbarem ZusamO1'
mit der Citybildung steht die Konze11;
der einzelnen Lebensgebiete und. $
Zweige. In verschiedenen Plänen ur, 9 üi J e
würfen zeigte der Vortragende, wie o V .
zelnen Gebiete nach einem Zusamme!!| (j.' *üeh
drängen und wie dieser zu bewerk5 L e em
wäre. So brachte er Vorschläge yhfer ‘er
Lokalisierung des geistigen Lebens, ln 1
einer Universitätsstadt, deren Lage e ^rs
an die Havel geseßt werden könnte, Zfcf,. werd
wirklichen wäre. Qschei
ben «
Industriegestaltung küfreise-
als Großstadtprobleni ^schüßf'
Uber dieses Thema hält Oberregmdjh^01^ z
Dr.-Ing. Rappaport, der in der I
deutschen Industriesiedlung, dem RubJ1^ *e es
an erster Stelle tätig ist, im Rahmen (l
der Staatlichen Kunstbibliothek verans1^ u s,
Vortragsreihe „Berlin“ am > 9 "'ar
tag, den 18. Februar, abend 8 % 11,1 sc
Hörsaal, Prinz-AlbrechfSi’j .unve
einen Lichtbildervortrag. > ^^ker.
Nordchinesische und oriental’^^ge
Vorgeschichte !eren<k
| I |z ■ U
Zwischen Nordchina und dem Oriei‘‘ r'ipling
in der prähistorischen Zeit Kulturbez1'/11 Verßa
bestanden. Eine Reihe von Nachwei5e|1/?r9ut fm
der schwedische Gelehrte Prof. Dr. A i1 , sformi
s o n aus Stockholm auf, der über diese5!
als Gast der Gesellschaft für osta5! > ist <jc
Kunst in der Akademie der Kl ’Yüngsfc
sprach. Er wies auf die Ähnlichkeit mglicßj
Stücken der Metallkunst und d7'niehf f
ramik hin. Als Hauptdokument S|ch au
Zusammenhanges führte er das „Toten11' der v
an, das in der Keramik Nordchinas
näheren Orients oft wiederkehrt. Die. —
der Kulturbeeinflussungen erblickt ADöj p
in Nomadenvölkern. nfg
Kunstfreunde und Kunstber
Am Mittwoch, 20. Februar, uF1^^
nachmittags, spricht Herr Walter IjB
über „Kunstfreunde und K u n T
sitz“ im zweiten Berliner Rund.
V o r t r a g aus dem Zyklus „In der %
der Lebenden“. -Y

Der sterbende Experte
Der Antiquar Mosesbacher liegt im
Schluchzend reicht ihm seine Tocht1
fromme Helene, ein Kruzifix. Mose5
nimmt es, hält es inbrünstig vor die bre(l
Augen, flüstert: „Tiroler Arbeit U11
nichts Besonderes“ und — stirb1

*
Wahrheit und Dichtung
Zu Reynolds kam einmal ein Mann,1
Gesicht so unbedeutend war, daß 5*1
große Porträtist anfangs weigerte,
nichtssagenden Kopf zu malen. Diese
versuchte nun der Künstler, soviel er ’
zu mildern, indem er in das Portrö
hineinmalte, als er darin sah. Aber a'J
fand es unähnlich. Da sagte der
resigniert: „Nun habe ich einen Sche.
Ausdruck in das Gesicht des Mannes
gemalt, — und jeßt erkennen ihn nicht
seine besten Freunde.“.
*


Ballgespräch
Sie: „Woher kommt es eigentlich,
Berlin die Tanzlokale am Montag so vol1
Er: „Das will ich Ihnen gleich ®
Fräuleinchen. Alle Leute wissen,
Lokale am Montag eigentlich leer sind
laufen sie alle hin — — und d a u 1V ä!
die Lokale selbstverständlie
— — Das ist doch sehr einfach!“
*
Auch eine Wärmehalle . . . Winter
Vor dem neuen Kühlhaus in der
Woche drängen die Leute zum Eingang
ist denn da los?“ fragt einer. „Aber
doch die neue W ä r m e h a 11 e“, bei,
jemand, — „da sind doch nur —7 Grab’
_y


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