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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Deutsche Renaissance
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DeutsLe Nenaissauce.

seileu. Sie verleitet zu einer gewissen derben Sprcchweise, I
die nianche zart angelegte Judividualität gar nicht auf- '
kommen läßt. Sie wäre daher kcineswegs wünschenswerth,
wenn es sich um eine Publikation größten Styls handeltc,
wie sie den klassischen Denkmälern Griechenlands ünd -
Jtaliens in Frankreich und Eugland öfter zu Theil gewor-
den ist, und wie wir sie von der Deutschen Neichsregierung
der Gegenwart oder der nächsten Zukunft doch nun wohl
auch einmal erwarteu dürfcn. Hier haben wir ein Privat-
unternehmen vor uns, das durch das Zusammenstehen einer
Anzahl von Künstlern mit dem Verleger untcr manchen
Opfern in's Lebeu gerufen ist und zur ersten Ausfülluug
einer seit Jahren empfundcnen Lücke dienen soll. Hier
gilt es, in knrzer Zeit zn einer möglichst vollständigen
Uebersicht zu gelangen und daS Gesammelte leicht und
begnem in allgcmeine Zirknlation zu setzcu. Welche'
Diniensionen das Werk annehmen wird, kann man nach
der Anlage der ersten Abtheilung, welche nur Denk-
mäler aus Nürnberg enthalten wird, ungefähr er- ^
mcssen. Es sind für Nürnberg allein 10—12 Hefte, i
durchschuittlich mit lO Tafeln und kurzem Text, bestimmt;
Das Gauze dürfte daher mit tauseud Tafeln wohl kaum
zu groß angeschlagcn sein, wenn alle Hanptwerke der
Deutschen Rcnaissauce vou dcnAlpeu bis au's Meer berück-
sichtigt werdeu sollen. Wir wllnscheu dem nationalen
Unternehmen einen rnstigen Fortgang, um dies hoheZiel
in uicht allzu fernerZeit zu erreichen; und dazu vorAllcm
recht zahlreiche Mitarbeiter aus den dkeihen unserer Archi-
tekten, wclche der Verleger zu allscitiger Unterstützung
dnrch einzusendende künstlerische Beiträge auffordert.
Dicser Auffordernng ist bereils mehrseitig entsprochen
worden. Die Bearbeitnng der Denkmäler Augsburgs
hat Hr. Baurath Lehbold daselbst übernommen, dic der
Denkmäler Landshuts Hr. I)r. Gehring daselbst. Für
Nothenburg a. d. T. ist Hr. Georg Graef, Zeichen-
lehrer der dortigen Gewerbeschule, für Kvln Herr
Stadtbaumeister Raschdorff als Mitarbeiter ein-
getreten.

Von dcr ersten Abtheilung, deren Bcarbeitung Prof.

A. Ortwein iu Nüruberg übernommen hat, liegen uns
bisher zwei Hefte vor. Jn bunter Folge bietcn uus die-
selbcn Werke der Architektur, dekorative Details, hänsliche
Ausstatlungsstücke, Eisenarbeiten, Werke der Bronzetechnik
und der Goldschmiedekunst. Es war offeubar die Absicht,
in diescr Ouvertüre den Themenreichthum des Ganzen vor-
weg anzudeuten und die Darstellnngsweise an der Vor-
sührnng von Werken verschiedenartiger Technik zu erpro-
ben. Leider wird uns auch der weitere Verlauf der Pu-
blikation wohl noch häufig durch die Mannigfaltigkeit
des Dargebotenen für dessen Stückhaftigkeit entschädigen
müssen. Denn schon das Schasfen unsrer nächsten Alt-
vordern licgt ja als Torso, zerschlagcn und verschleppt,
in der Welt umher, uud erst der langen Arbeit der Forschung

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wird es gelingen, die Trümmer dsr verlorcnen Schönheit
zn eiuem idealen Bilde wieder zusammen zu fügen. Aber
um so dringender sei deßhalb an sämmtliche Mitheraus-
geber die Bitte gerichtet, uns das Wenige, was ganz er-

halten ist, auch ganz und im Zusammenhange vorzuführe»,

und. wo es die Umstände nnr irgend gestatten, die Denk-
mäler einer bestimmten Gattung oder lokalen Sthlschattir-
ung bei einander zu lassen und durch vergleichende Zusam-
menstellung übersichtlicher zu machen. Sonst laufen wir
Gefahr, daß die Sammlung, während sie unsre Kenntniß
erweitert, den Sinn verwirrt und in den Händen des
Praktikers zu jener unhistorischen Sthlvermischung führt,
vor welcher wir durch das Studium des Alten uns
gerade schützen wolleu. Jedenfalls wird es gut sein,
im Text au geeigneter Stelle zusammenfassende Be-
merknngen allgemeiner Art, Charakteristiken bestimniter
Bangruppen, lokaler Sthlunterschiede, historischer Ent-
wickeluugen einzelner Zweige dcr Künst einzufügen, wie
dies Ortwein z. B. bei Erläutermig der Gangarkaden
des Funk'schen Hauses zu Nürnberg (zu Bl. 7) gethan
hat. Register, in denen das örtlich Zusammengehörige,
das im Werke oft in verschiedenen Heften getrennt vor-
liegen wird (z. B. das eben erwähnte Funk'sche HauS auf
Bl. 7 u. 13), sich beisammen findet, dürfen selbstverständlich
nichl fehlen; und nicht minder wünschcnswerth würden über-
sichtliche Einleitungen zu jeder Abthcilung sein, — und zwar
ausführlicherc, als sie der Verfasser im ersten Heft uns
bietet, — welche von jeder Stadt oder Landschaft ein kunst-
geschichtliches Bild gäben und wo möglich auch die Punkte
andeuteten, an welcheu sich der Zusammenhang diescs
Einzelbildes mit dem Gesammtverlaufe der Kunstgeschichte
deutlich erkennen läßt. Um hierfür ans den vorliegendeu
Blättern ein Beispiel anzuführen: so weisen die Pilaster-
füllungen an der Thür vom Nupprecht'schen Hause iu
der Hirschelgasse (Bl. 3.)in den Motiven ihrer Dekoration
uud in den in ihre Mitte eingelassenen Scheibeu offenbar
auf lonibardisch-venetianische Muster hin, während die
Bekrönung einen selbständigeren Charakter zeigt. Der
Verfasser hat es zwar nicht verabsäuml, auf das Verhält-
niß der Nürnberger Dekorateure zu Jtalicn in der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts in der Einleituug hinzu-
deuten, ohne dasselbe jedoch bei dem einzelnen Falle specieller
zu erläutern. Wir meineu aber, gerade eine solche
genaue Detailbetrachtung und Vergleichung niüßte zur
richtigen Erkenntniß des Wesens der deulschen Nenaissance
führen.

An häuslichen Ausstattungsgegeiiständen briugt uns
das Werk auf Bl. 6 (die Nr. ist im Text mit 4 vertauscht)
in dem Ofen aus dem Heubeck'schen Hause eiu Prachtstück
jener Töpferei, die in W. Lübke's geistvollcm Aufsatz über
die alten Oefen der Schweiz (neuerdings abgedruckt in
dcssen kunsthistorischen Stndieu, S. 261 ff.) einc so treff-
liche Würdigung crfahren hat; ferner auf Bl. 4 eincn mit
 
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