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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

DOI Heft:
Heft 22 (9. August 1872)
DOI Artikel:
Die Konkurrenz-Entwürfe zum Berliner Goethe-Denkmal, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0201

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VII. Jahrgang.

Geiträge

sind an vr. C.v. Lützow
(tvien, Theresianumg.
25)od.an dieBerlagSH.
(Leip)ig. Königsstr. 3)
zu richten.

9. Ängust

Nr. 22.

Änstratc

L 2 Sgr. für dte drei
Mal gespaltene Petit-
zeile werden von jeder
Buch- und Kunsthand-
lung angenommen.

1878.

BeiLlatt zur Zeitschrist sür bildende Kunst.

Erscheint alle 14 Tage, für die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" xrrrtis. Für sich allein bezogen koftet die Kunst-Cbronik in
allen Buch- und Kunsthandlungen, sowie bei der Post vom VII. Iahrgang an 1 Thlr. 20 Sgr.

Inhalt: Die Konkurrenz-Entwürfe zum Berliner Goethe-Denkmal. II.
— Deutsches Parlamentsgebäude. — Goethe-Denkmal-Koukurrenz. —
Münchener Akademie. — Ioseph Neiter; Anselm Feuerbach. —
Düsseldorf; Weimar. — Anfrage. — Bitte an Kunstvereinsvorstände.
— Aeitschriften. — Berichte vom Kunstmarkt: Auktion Schultz
in Danzig. — Inserate.

Die Gonlmrrely-Entim'irfe zum Äerliner
Goctlie-Denlrmal.

ii.

Es wäre vierteiis möglich, eine Klassifikatioii nach
den Prinzipien des Anfbaues zu versuchen. Man
könnte dazu namentlich dadurch veranlaßt werden, daß bei
dieser Gelegenheit wieder einmal auf die Großthat von
Begas im Schillerdenkmal als etwas Bahnbrechendes und
Bcstimmendes hingewiesen worden und der Bersuch ge-
macht ist, alles Bessere auf Begas'sche Anregungen zurück-
zuführen. Mcister Begas soll dem Unwesen, das Posta-
mcnt als Träger für alles Mögliche auszubilden nnd zu
benutzen, ein Ende gcmacht und die Darstellungcn dcs
Unterbanes wieder zu cinem integrirenden Theile desselben,
zum Motiv und Mittcl seiner Gestaltung gemacht habcn.

Hieran ist nur etwas richtig, und zwar gerade die-
jenige Kleinigkeit, auf welche — im Jnteresse der Prä-
konisation allerdings ganz mit Necht — der möglichst ge-
ringe Nachdruck gelegt worden ist: das „wieder". Es
ist freilich wahr, daß ein gewisser reflektircnder Grundzug,
der die Erfindung beherrschte, dem Postament einiger
Werke dcr Berliner Schule einc bedenklich weit gehende
Entwickelung verschafft hat, daß das Bestrcben, einen ge-
wissen Gedankenkreis, der sich an eine gewisse Persönlich-
keit alS Mittelpunkt fast von selber ansetzt, möglichst zu
erschöpfen, beim Friedrichsdcnkmal zu cinem Uebermaß
von Höhe, beim Lutherdenkmal zu einem Uebermaß von
Breite des Postamentes geführt hat, währcnd doch die
auch nur annähernde Ausfüllung des ganzen gegebenen

Gedankeninhaltcs schließlich nicht ohne Zuhilfenahme der
Zusammenfassung größerer Vorstellungsbündel in die
Abbreviatur dcs allegorischen AusdruckeS bewirkt werden
konnte. Deni letzteren niöchte nun zwar, da es die Haupt-
figur vollkommen als das Behcrrschcnde festznhaltcn und
sie sowohl wie allc Dctails in vollcr Deutlichkeit zur An-
schaunng zu bringen, auch die Allegorie dnrch die Belebung
der Gestalten dem landläufigen Borwurfc vollständig zn
entrücken wnßte, schwerlich mit eincm abfälligen Urtheile
zu nahen sein, wclches den Aufbau des ersteren wohl mit
Fug trifft.

Jndessen sei es selbst, so bieten zahlreiche andere Denk-
mälcr der Schule und sogar die genannten selberso vortrcff-
liche und glückliche, ächt organischc Gcstaltungen dcr Posta-
mcntc dar, daß es unmöglich ist, ihnen unter diesem Gesichts-
puitkte etwas anzuhaben. Jn der That würde sich mit
klaren Gedanken nud Wortcn nicht nachweisen lassen, wv-
durch sich in dieser Hinsicht beispielsweise der Untersatz
der Lntherstatue mit den vier Vorreformatoren von Begas'
Postament-„Gedanken" unterscheide, als durch dic glück-
licheren Verhältnisse des Aufbaues und dic bessere Ueber-
eiiistimmung des Formencharakters zwischen Figurcn und
Architektur zu Gunsten Rictschel's. Soll aber auf den
Formencharakter der Begas'schen Gestalten hierbei gerade
besonderer Werth gelegt werden, so steht zu diesem im
Gegentheil eine größere Loslösung der Sockelfiguren vom
Sockelkern, eine centrifugale Bewegung, die bei Nach-
ahmern schon bis zur Auflösung und zum Zerfließen ge-
führt hat, und eine Vernichtung des organischen Zusam-
menhangcs in fast nothwendiger Beziehung; und für diese
Tendcnz sich zu begeistcrn, wäre Berlin in demselben
Maße dcr Ort, wie es gerade hier fast unbegreiflich ist,
die Mangelhaftigkeit dieser Ausführnng nicht zu em-
pfinden. Denn wahrlich, zwischcn vnem eisernen Schmor-
topf und cinem Gcfäße von Bcnvenuto Cellini ist kaum
ein größerer Abstand in der Genialität der Erfindung und
 
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