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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Die bildende Kunst der Gegenwart auf der Wiener Weltaustellung von 1873
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Silvanus, Phil.: Aus Lepke's Kunstsalon
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Fischbach, Fr.: Ein Denkmal der Gebrüder Grimm
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0120

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231

Aus Lepke's Kuustsalon.

232

18. Künstler, welche an der Preisbewerbung nicht
theilzunchnien wüuschen, haben dies bei der Einsenduug
ihrer Werke bekanut zu geben, in welchem Falle diese letz-
tercn niit der Bezeichnung „Hors (loneours" versehen
werden."

Äns Ltpke's Gunstsalon.

Berlin, >m März 187S.

Obwohl der Kunsthändler Lepke eigentliche Aus-
stellungen der in seinem vorübergehenden Besitz befind-
lichen Objekte nicht veranstaltet, so bieten doch seinc
außcrordentlich reich gcfüllten Salons, die er nicht nur
dem Käufer sondern auch dem Kenner bereitwillig öffnet,
stets einen genußreichen Anblick werthvoller Oelgemälde.
Jch notire kurz eine Anzahl der Gegenstände, die ich bei
wiederholten Besuchen in den letzten Wochen dort be-
obachten konnte.

An der Spitze ist zu nennen ein Seestück von A.
Achenbach: bewegte See an dcr Nordseeküste bei bedeck-
tem Himmel, mit Stasfage. Die Behandlung der auf
den Strand hinzischenden Wellen, der vom Winde gejagten
Wolken und der Möven, die, mit Wind und Wolken
kämpfend, den naben Sturm verkündigen, der Männer,
welche ein Boot in das Wafser schieben, um zu einem vor
Anker liegenden Fahrzeuge zu gelangen, endlich die groß-
artige Aulage des ganzen Tableau's, alles kennzeichnet
den nach dieser Richtung hin schwerlich zu übertreffenden
Meister. — Ebenfalls von hoher Schönheit, wenn schon
weniger großartig als das eben genannte Gemälde, ist
ein anderes Seebild desselben Meisters in dem Ausstel-
lungslokal der Berliner Künstler in der Kommandanten-
straße.

Dann verdient vor Allem Erwähnung ein äußerst
feines und originelles Genrebild von F. Defregger:
drei Knaben, einer alten Frau zuhörend, die ihnen aus
einem Buche Geschichten vorerzählt. Einen an und für
sich trivialen und unbedeutenden Gegenstand mit solcher
Frische und Lebenswahrheit darstellen zu können, zeigt
wieder das hohe Taleut des bekannten Künstlcrs.

Hingegen wird das Wesen des Genrebildes meiner
Meiuung nach völlig zerstört, wenn der Künstler sich eng
an die durch Ort und Zeit gegebenen Bedingungen an-
schließt, vor Allem, wenn er die momentanen, gespreizten
und unschönen Frauentrachten auf der Leinwand ver-
ewigt. Es ist gerade so, als wollte man in der Poesie
die Scheidemünze der gesellschaftlichen Höflichkeitsphrasen
verwerthen. Jn diesen Fehler verfällt Krauß in seiner
nbrigens mit geschickter Technik und feiner Farbenbehand-
lung gemalten „Wochenstube." Bedeutender als diese
Verquicknng von Modejonrnal und künstlerischer Dar-
stellung ist ein Porträt aus der Hand desselben Meisters:
cin Fraucnkopf von vollendeter Schönheit, in großartiger

Auffassung und feiner Durchführung gleich anerkennens-
werth.

Sehr originell und zart ist ein kleines Gemälde von
Lutteroth: „Der Abschied." Zwei weibliche Figuren
stehen an dem flachen, mit Schilf bewachsenen Ufer eines
See's (im Hintergrunde ist die Alpenkette sichtbar) und
winken einem Schiffe zu, das sich schon außerhalb
des Bildes befindet.

Die „reine" Landschaftsmalerei ist mit großer Kühn-
heit und genialer Auffassung vertreten in einer Alpen-
landschaft von O. v. Kamecke. Das Bild athmet
Calame'sche Großartigkeit und Reinheit der Natur: vor

uus steht einer jener steilen Alpenfürsten, das steingraue

Haupt mit weißen Schnee-und Eismassen bedeckt; am
Fuße desselben ein ärmliches Hochgebirgsdörfchen; Noth-
ställe für das Vieh, aus grauen Steinen mit jener bekann-
ten einfachen Technik zusammengefügt; durch die grünen
blumenreichen Matten führt der von niedrigen Stein-
mauern eingefaßte Pfad.

An die Seite dieses einfach großen Kunstwerkes
stellen wir eine Alpen-Landschaft vonB. Schultze. Frei-
lich ist das hier behandelte Thema so großartig, daß es
nie ganz ausgebeutet wird und, einigermaßen geschickt be-
handelt, seiner Wirknng stets sicher ist; in dem vorliegen-
den Falle jedoch verdient die eigenthümliche Auffassnng
des Künstlers besondere Anerkennnng.

Ein Landschaftsbild von Mathias Schmidt aus
den Alpenregionen leistet in Bezug auf das Landschaftliche
wenig und erregt mancherlei Bedenken: ein Gebirgspfad
steigt steil aus dem Thale herauf, bietet aber dem Blicke
des Zuschauers, der ihn zu verfolgen sich bemüht, große
Schwierigkeiten; fast ebenso unerklärlich ist die Farbe der
Felsenwand, an der sich die Straße entlang zieht. Originell
aber ist die GrupPe, die den Vordergrund des Bildes füllt
und den eigentlichen Jnhalt desselben bildet: eine arme
Familie, mit großer Anstrengung einen Karren den Berg
hinan ziehend; zwei Patres, ein fetter und ein magerer,
stehen am Wege mit sichtlichem Wohlgefallen, daß sie nicht
zu arbeiten brauchen „wie andere Menschen", auch nicht
wie dieser Kärner, der indessen von dem „modernen'Zeit-
geist" noch nicht ergriffen ist; denn andächtig zieht er
trotz der mühevollen Arbeit den Hut vor den frommen
Männern. Phil. Silvanus.

Ein Denkmal der Gekrnder Grimm.

An dem Geburtshause der Gebrüder Grimm in
Hanau wurde am 24. Februar eine Gedenktafel enthüllt,
welche durch ihre Bedeutung und Schönheit allgemeines
Jnteresse verdient. Die kunstgewerbreiche Stadt Hanau
darf mit Recht darauf stolz sein, daß zwei Männer, welche
Deutschland zu seinen edelsten Söhnen zählt, und denen
wir und unsere Nachkommen eine so unendliche Bereiche-
 
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