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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Fischbach, Fr.: Ein Denkmal der Gebrüder Grimm
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0121

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Ein Denkmal der Gebrüder Grimm. — Korrespondenzen.

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rung unseres Gemüthslebens durch die vertieftere Kennt-
uiß deutschen Wesens und deutscher Sprache verdanken,
in ihren Mauern geboren sind. Die Biirger Hanau's
steuerten daher zusanimen, um unter der Aegide der Künst-
lergenossenschaft in würdiger Weise die Stätte zu zieren,
an welcher die Wiege der Gebrüder Grimm gestanden
hat. Eine von Konsolen getragene Marmortafel enthält
das vergoldete bronzene Medaillon mit dem Doppel-
Porträt nebst den Jnschriften:

Geburtshaus

von und

Wilhelm Grimm Jakob Grimm

geb. d. 24. Febr. 1786 geb. d. 4. Januar 1785

gest. d. 16. Dec. 1859 gest. d. 20. Sept. l 863

von Hanauern Bllrgern gestiftet 1871.

Das Ganze kröul außer dem Doppelstern der Dios-
kuren ein in Marmor ausgeführter Schwan, welchen dic
Stadt Hanau im Wappen führt.

Das Portrait-Medaillon ist eine vortreffliche Arbeit
des Bildhauers A. vou Nordheim in Frankfurt a. M.
Ueber dasselbe schrieb Herman Grimm an den Künstler:
„Der Bildhauer will und soll weniger noch als der
Maler den bestimmten Moment der Existenz wiedergeben,
sondern er vereinigt die Züge vieler Jahrzehnte zu einem
Ganzen, das etwa die verkörperte Gestalt giebt, wie dic
Erinnerung sie bietet. Jn diesem Sinnc ist mir Jhr
Basrelief eine Arbeit, die durchaus das enthält, was sie
enthalten mußte, und es freut mich, daß durch Jhre Hand
das Andenken meines Vaters und Onkels in Hanau ver-
ewigt wordcn ist. Meinen herzlichsten Dank also!"

Absender und Empfäuger mögen mir nachträglich
diese Benutzung eines Privatbriefes erlauben, da derselbe
wohl am besten das Kunstwerk würdigt. Das in Gyps
verkäufliche Medaillon eignet sich, nebenbei benierkt, vor-
trefflich als Wandschmuck für jedes Haus, in dem die
deutschen Forscher und Märchenerzähler verehrt werdeu.
Wir übergehen die leider vom schlechtesten Wetter begleiteteu
Formalitäten derEnthüllnng und Uebergabc des Denkmals
an die Stadt und erwähnen nur noch, daß bei dem Festessen
derWunsch ausgesprochenwurde, esmöge1885amhundert-
jährigen Geburtstage vonJakobGrimm auf demNeustädter
Markte in Hanau die Doppelstatue des Brüderpaares,
das Schulter an Schulter gestützt die deutsche Wissen-
schaft aufbaute und der Kunst die herrlichen Schätze der
deutschen Märchen bot, enthüllt werden. Gewiß wird
dieser Plan in ganz Deutschland Anklang und begeisterte
Unterstützung finden. Fr. Fischbach.

Korrespondenzerr.

Ttockholm, den Nl. Feiruar 1872.
Zwei Ereignisse in der hiesigen Kunstwelt erwecken
in diesen Tagen eine so lebhafte Erregung im Publikum
und sind an und für sich von einer solchen Bedcntung,

daß ich es angemessen sinde, meine schon seit längerer
Zeit abgebrochene Korrespondenz wieder aufzunehmen,
um Jhnen davon Bericht zu erstatten. Jn unserem
Nationalmuseum wurde schon Ende vorigen Jahres ein
großes und vorzügliches Bild des Grafen George von
Nosen ausgestellt, nachdem es vom Staate um den
Preis von 5,500 Rdlr. d. h. ungefähr 3,600 fl. erworben
war. Es stellt den König Erik XIV. von Schweden dar,
wie er, vom Wahnsiun ergriffen und von seinem Minister
Güran Pehrson beeinflußt, im Begriff ist, das Todes-
urtheil der unglücklichen Familie Sture zu unterzeichnen,
während ihn seine Gemahlin, das Bauernmädchen Katharina
Monsdotter, vergeblich davon abzuhalten sucht. DerName
Erik XIV., wie der Küustler selbst sein Werk genannt hat,
ist nicht hinreichend, um das Bild zu charakterisiren, ob-
wohl der König die Hauptsigur ist; „Erik XIV. ein
Todesurtheil unterzeichneud", uuter welchem Namen es
dem Staate augeboten wurde, geradczu irreleitend —
deun der hervorbrechende Wahnsinn des Königs nnd das
grause Gewicht des Urtheils, das sich in den erschrockenen
Aügeu des Mädchens, in dem Eifer des rachedürstenden
Güran ausspricht, zeigen deutlich, daß es sich hier nicht
um das Uuterschreiben eines Todesurtheils im Allgemeineu,
sondern eben um jeues ungerechte Bluturtheil handelt,
welches, ein Resultat des Wahnsinns, dem Könige seiue
Krone kosten konntc und wirklich kostete.

Das Bild ist in alterthümlichem Stile gehalten, und
mau bemerkt deutlich den Einfluß der Nichtung, die wir
gewohnt sind, als die Leys'sche zu bezeichnen, obschon
man wohl eher zugeben muß, daß die Arbeit ein
direktes Ergebniß der fleißigcn Studien der altdeutschcn
und altitalienischcn Meister ist. Eine vielleicht nicht ganz
bercchtigte Lust, die Mängel an vollendeter Zeichnung
besonders an den Körpertheileu, die vom Gewande ver-
deckt sind, wcnn nicht hervorzuheben, so doch anzudeuten,
so wie auch ein nicht ganz überwundenes Schwanken
zwischen italienischeu und altdeutschen Borbildern ist mir
anffällig geworden; sonst wüßte ich sehr wenig zu nennen,
was den großartigen und vollen Eindruck dieses er-
greifenden Kunstwerks beeinträchtigte.

Jn einem in einfachem Holzstil ausgeführtcn Zinmier
hat sich der König, dem der hervorbrechende Wahnsinn
schon in denAugen dämmert, auf die Diele niedergelassen
und sitzt so halb ruhend zu den Füßen seiner Geliebten;
das Todesurtheil hält er noch in seiner Linken. Güran
Pehrson sst eingetreten, eine Quintin-Messys'sche Figur;
er, der Emporkömmling, begierig, die Häuptcr des
schwedischen Adcls fallen zu sehen, streckt dem König die
Feder entgegen, damit er schnell unterzeichne. Jn seincm
Eifer hat er seinen Fuß sogar auf den rothen königlichcn
Manrel gesetzt. Da trifft ihn der Blick der furchtsamen,
aber liebeglühenden Katharina. Sie hat die rechte Hand
des vor ihr sitzcnden Königs ergriffen, und als gälte es
 
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