Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

DOI Artikel:
Der Krieg und die Künste
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0234

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
459

Der Krieg und die Künste. — Nekrologe.

460

Kriegführung mit dem Massenkampf nicht hinderlich. Sie
besitzt die Mittel, uns ein getreues Bild auch einer aus-
gedehnten Schlacht vorzuführen. Die Alexanderschlacht
aus Pompeji in Neapel, die Constantinschlacht Raffael's
im Vatican, die Hunnenschlacht Kaulbach's u. A. sind vor-
treffliche Beispiele. Auch die militärischeu Genrebilder
bieten eine unendliche Anzahl der anziehendsten Motive
für die Malerei.

Vor Allem ist aber die Poesie befähigt, die idealen
Seiten des Krieges hervortreten zu lassen. Das alte,
eigentliche Epos beruht auf dem Begriff des Heroischen,
wie es sich im kriegerischen Streite darftellt. Die Jlias
und das Nibelungenlied sind die unübertrefflichen Muster.
Die Tragödie kann des Krieges kaum entbehren, und selbst
Göthe's liebliche Jdhlle „Hermann und Dorothea" hat
durch deu Hintergrund gewaltiger Zeitereignisse wesentlich
gewonnen. Im Allgemeinen — während des letzten
deutschfranzösischen Krieges wurde schon im Haupt-
quartier fleißig gcmalt — ist es zwar richtig, daß während
des Krieges die Musen, mit Ausnahme der lyrischen,
welche mit in den Krieg zieht, schweigen. Aber die Musen
verfolgen die gewaltigen Ereignisse mit Jnteresse.
Diese Ereignisse sind später der Vorwurf unsterblicher
Schöpfungen.

Der Krieg, so schließt Vischer seinen Vortrag, ist
eine Nothwendigkeit; er wird immer bleiben. Gelänge es,
ihn zu beseitigen, so würde mit ihm viel Großes und
Erhebendes verschwinden. Er führt die Brandfackel mit
erhobenem Arm; aber diese Fackel hat dem Genius der
Menschheit schon oft vorgeleuchtet und ihm seine Wege
gewiesen. R. L.

tlekrologr.

Franz Bauer P. Am 14. März starb nach län-
gerem Leiden, 74 Jahr alt, kurz nach seinem Nücktritte
vom Lehramte an der k. k. Akadcmie dcr bildenden Künste
in Wien, Professor Franz Bauer. Er war volle dreißig
Jahre hindurch (seit 1842) an der Akademie als Lehrer
thätig und länger als die Hälftc dieser Zeit alleiniger
Leiter der Schule für Plastik. Sein Einfluß auf die junge
Wiener Bildhauer-Generation war deßhalb eintiefgreifen-
der und maßgebender. Selbst in den Werken seiner älteren
Schüler, die ihre weitere Ausbildung in Deutschland oder
Jtalien suchten, blieb seine Lehre, welche sich streng an
die Antike hielk, unverwischt, und ein namhafter Kreis
junger, gcachteter Künstler, längst selbständig schasiend,
legt den wohlverdienten Lorbeerkranz auf seine Gruft für
das theure Erbgut seiner Kunst. Bauer's Leben war
kein bewegtes Künstlerleben; er gehörte zu jenen beschei-
dcncn Naturen, die in stillerZurückgczogenheit ihre Freudc
nur iu der Thätigkeit finden und allen Prunk nach Außen
mit Absicht vermeiden. Diese Tugend war auch die Ur-
sache, daß Bauer's Name dem großen Publikum nahezu
unbekannt blieb. Es ist wohl mehr oder minder das
Schicksal eines jeden Kunstlehrers, der es auch inder That
ist, daß sich sein Name in die Namen seincr Schüler auf-
löst, daß die schaffendeThätigkeit in den Hintergrund tritt.

Bauer's Arbeitskraft aber waltete trotz seiner gewissen-
haften Pflichterfüllung als Lehrer sein ganzes Leben hin-
durch stets rege im Atelier, und manches treffliche Werk
ging in aller Stille noch während der letzten Jahre aus
seinem traulichem Studium auf der Wieden dem Orte
seiner Bestimmung zu. Mangelte auch Bauer's Arbeiten
der großartige küustlerische Schwung, welcher die Werke
seines römischen Lehrmeisters Thorwaldsen beseelte, er-
hoben sie sich nicht zum Bedeutsamen und in der Kunst-
geschichte Fortdauernden, so sind sie doch immerhin zu dem
Besten zu zählen, was Wien in den letzten Dezennien
Plastisches geleistet hat. Der Hauptgrund des strengen
Festhaltens an gewohnten, sicheren Principien, welches
Bauer's Wesen und Kunst kennzeichnet, und welches im
späteren Alter, wo freilich sein heimatliches Wien sich als
Ganzes umzuwälzen begann, in eine gewiffe Aengstlichkeit
sich verlor, lag zum großen Theile in den Berhältnissen
begründet, unter welchen Bauer seine Studienjahre zu-
bringen mußte. Von armen Eltern geboren (sein Vater
war Dicner an der k. k. Jngenieur-Akademie), hatte er früh-
zeitig auf's Verdienen zu sehen. Er war zwar der jüngste
unter fünf Geschwistern, aber nichlsdestoweniger siel ihm
bald das schöne, wenn auch nicht inimer beneidenswerthe
Lovs zu, nicht nur für sich, sondern auch für seine An-
gehörigen in materieller Hinsicht Sorge zu tragen. Zur
damaligen Zeit stand in Wien Klieber's Atelier in Flor,
und auch Bauer trat in dasselbe ein. Er und sein intimer
Freund Dietrich waren die Seele in der Werkstatt des
Meisters, welcher in der Regel nur die Modelle, ost sogar
blos die Skizzen entwarf und die Ausführung den beiden
jungen Künstlern überließ. Zu den vorzüglichsten Ar-
beiten, welche Bauer iu Klieber's Atelier ausführte, zählt
die plastische Ausschmückung der Weilburg bei Baden und
des Schloffcs zu Eisenstadt in Ungarn. Bauer erwarb
sich bei Klieber, diesem Virtuosen der Stein- und Holz-
technik, im praktischen Gebiete der Bildhauerkunst jene
Tüchtigkeit und Gewandheit, die von seinen Schülern
stets bewundert wurde. Das eigentlich künstlerische Stu-
dium wurde an der Akademie, und zwar unter Käsmann
und Schaller getrieben. Wie weit der praktische Sinn
Klieber's, der übrigens in der Kunstgeschichte Wiens einen
ehrenvollen Platz einnimmt, auf seine Gehilfen Einfluß
gewann) mag hier zur Charakteristik der pecuniären Ver-
hältnisse Bauer's nicht übergangcn sein. Bauer erhielt
als Taglohn einen Gulden; aber für die zwei Stunden,
die er morgens an der Akademie zu seiiicm und auch zu
Klieber's Vortheile studirte, kam davon ein Zwanziger
in Abzug, sodaß vierzig Kreuzer Conventionsmünze zu
Bauer's Unterhalt und zur Unterstützung seiner An-
gehorigen übrig blicben. Aus dieser Zcit datiren von
Bauer's Hand einc Anzahl schöner Statuetten, Reliefs
u. A., welche der junge strebsame Künstler nebenbei für
verschiedene Kunstindustrielle in Wachs bossirte. Die
besten Arbeiten lieferte er dem Goldarbeiter Steinle, dem
Vater des berühmten Malers. Trotz dieser Thätigkeit
und trotz dieser gedrückten Lage wußte Bauer doch noch
hinreichend freie Zeit, zu gewinnen, um die verschiedenen
Disciplinen des allgemeinen und für ihn nothwendigen
Wissens zu Pflegen, insbesondere sich mit der Literatur
vertraut zu machcn, Anatomie und sonstige Hilfswissen-
schaften zu bctreiben, ja sogar bei aller angcstrengten
Thätigkeit noch um den Neichel'schen Preis mit einer
Gruppe «Pshche und Amor" zu konkurriren. Dicses sein
 
Annotationen