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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Meyer, Bruno: Die Konkurrenz-Entwürfe zum Berliner Goethe-Denkmal, [3]
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Wesseln, W.: Neue Kupferstiche
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0213

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Neue Kupfcrstiche.

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außerdcm noch auf den Scitenwangen nnd dic anderen
vier in der Mittc zusammen acht Einzelgestalten aus
Goethe's Werken. Alle diese nicht ganz unwichtigen
Thcile standen nur auf dem Papier. Jn der Mitte des
Ganzen um das Postament, in einiger Entfernung von
demselben vier allegorische Gruppen, verschiedene Dich-
tungsgattungen u. s. w. repräsentirend, darunter die er-
zählende Poesie, ein würdiges Pendant zu Begas' Philo-
sophie (vulAo: pstroleusö) am Schillerdenkmal. Der alte
Gocthe mit Kniehosen endlich sieht aus wie ein dekla-
mircnder Tanzmeister. Also viel Aufwand ohne irgend
welche Bedeutung und Wirkuug.

Anton P. Wagner in Wien. Ein zweistufiger
Rundbau, unten mit einem schmalen und oben mit einem
brciteren Relicfstreifen. Der erstere enthält massenhafte
Figuren aus Gocthe's Werkcn, zum Theil recht gut, zum
Theil mäßig, zum Theil schlecht; der letztere Apollo und
die Muscn, jener mit ciner so schwerfälligen Lyra, daß
sie auf der Bank ruhen muß, vor der er steht (auch
einc schöne Reliefanordnung!). Die stehende Statue ist
recht gut, aber für Berlin unmöglich, weil sie hier schon
einmal vorhanden: als Rauch von Drake. —

Froh, noch so viel des Jnteressanten und znm Theil
Anerkenneiiswcrthcn gefunden zu haben, verzichte ich auf
cinc Blumenlcse der lustigstcn Tollheiten ohne Namen-
nennung dcr glücklichen Urheber als Dessert, in der Furcht,
daß dieses Nachtischkörbchen nicht überall den beabsichtigten
angcnehnien Nachgeschmack, sondern vielfach herbe Em-
pfindungcn erregen könnte. Bruno Mcyer.

Uene Kupferstiche.

Llater äolorosn von G. Neni, gestoch. von Trossin.
Gräsin Potockü von Tonci, gestochen von N. Nehher.
Jnfantin Margaretha von Spanien, von D. Velazquez,
gestochen von Hans Meyer.

Wenn man mit Recht Mandel's Verdienste zu
würdigen weiß, der dic Kunstwelt bereits mit so vielen
und gediegenen Kunstwerkcn bereicherte nnd keineswcgs
gewillt, auf den erworbenen wohl verdienten Lorbeern
auszuruhen, immer noch rüstig weiter schafft, so muß man
dabei auch des Einflusses eingedenk seiu, den cr als Lehrer,
als Haupt einer Schule auf die Entwicklung der Kunst
überhaupt, auf die Erziehuug tüchtiger Küustler seines
Fachs genommen hat. Aus dieser Schulc sind bcreits
Kupferstecher hervorgcgangen, wclche Namhaftes leisten,
selbst schon wieder als Lehrer wirken und den gewonnenen
Samen in weitere Kreise ausstreuen. Zu diesen Letzteren
gchört auch Trossin, cin Künstler, dcr die Borzüge dcr
Schnle — tüchtige Zeichnnng, vereint mit der Eleganz
des GrabstichelS — in jedem seiner Werkc zur vollen
Geltung bringt. Als Lehrer der Kupferstichschule in Kö-

nigsberg angestellt, findet Trossin ncbcn seincn Lehrer-
pflichten immer noch so viel Zeit, um fort und fort Ncues
zu schaffcn. Es ist nicht so lange her, daß er das große,
tüchtig durchgcführte Blatt nach Bautier's Gemälde:
„Der Sonntag-Nachmittag" zur Ausstcllung brachte; und
schon beschenkt er uns wieder mit einem Stiche, der dcn
gelungensteu Leistungen dcr neueren Zeit anzureihen ist.
Guido's Llrckor äolorosa, das Brustbild mit nach obcn ge-
wandtcm Antlitz voll Schmerz und gläubiger Ergebung, im
Berliuer Museum, ist den Kuustfreuuden allgemeinbekannt,
weil bereits oft durch Stahlstich, Lithographie nnd Pho-
tographie vcrvielfäligt. Abcr eine wahrhaft künstlerische
Reproduktion, die unS anf würdige Weise das Original
zur Darstellnng gebracht hätte, fehlte bisher. Sie ist uns
nun in dem Stiche Trossin's gegebcn.

Auch Rcyher, bereits durch mchrere vorzüglichc
Grabstichelblättcr der Kunstwelt bekannt, gehört der
Schule Mandel's an. Vor zwei Jahren brachte er Mig-
nardäs „Mancini" aus dem Berliner Museum in einem
eleganten Stiche, der ganz die Weichhcit des Originals
wiedergiebt, zur Ausstellung. Gleich nach Vollendung
dieser Arbcit machte er sich an cine neue. Des Berliner
Kupferstichkabinct besitzt cin in Pastell gemaltes Brust-
bild einer jungen Dame mit gepudertem reichem Haar,
eine etwas blasse Schönheit mit ansdrucksvollcm dunklcm
Auge, das naiv in die Welt hinaus blickt. Man neunt
das Bild allgemein „die Gräfin Potockü", eine Persönlich-
keit, welche die wunderbarsten Lebensschicksale durchgemacht
habcn soll. Unterhaltungsblätter haben sich deS Stosfes
bemächtigt und ihu novellistisch vcrwcrthet. Der Maler
des leider bcreits etwas vcrblaßtcn Pastellbildes war
unbekannt. Jch bin in der Lage, etwas über dic Geschichtc
des Bilbes, das von allen Fremden aufgesucht, Jahr aus
Iahr ein kopirt und photographirt wird, mitzutheilen. Es
wurde von dem verstorbenen Direktor Schorn eines Tages
um cine Klcinigkeit gekauft, alS namenlose interessante
Zeichnung. Wer es später Potockü taufte, konntc ich
nicht crfahrcn. Der Verkäufer war der Kunsthändlcr
Lepke, der es aus dem Nachlasse dcs Priuzen Heinrich
erwarb. Dieser brachtc das Bild aus Nom mit. Dort
ist es entstanden, nud wie ich vor Kurzem crst erfahrcn,
soll es der römische Maler Tonci gemalt haben. Tonci
ist so gut wie unbckannt, Nagler crwähnt ihn nur kurz.
Aber meinc Quelle ist eine so gute, daß ich an dem Namen
festhalten niuß. Nach dieser kunsthistorischcn Abschweifung
kehren wir zur Sache zurück. Das Pastellbild wählte
sich nun eben Neyher zum Gegenstande für seinen Grab-
stichel. Keinc lcichtc Aufgabe! Das Bild ist ganz luftig,
verschwommen. Man sieht überall Farbe und nirgends.
Ja man sicht überall jede Farbe, die man eben sehen will.
Mit Ausnahme der dunkeln Augen ist alles eine blasse
Tuschzeichnung, dic uur leicht und flüchtig getönt ist. Mau
mußte neugierig sein, wie hier dcr Grabstichel sich ans
 
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