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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Förster, B.: Mandels Stich der Madonna Panshanger von Raffael
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0057

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vn. Jahrgailg.

^eiträge
sindanOr.C.v.Liivow
^Vien, Theresianunifl.
25)od.andieBcrlngSK.

(Leip)iy Königsstr. Z)
zu richten.

29. Drrrmlier

Nr. 6.

Iusrratr

Mal gespaltene Petit-
zeile werden von jeder
Buch- und Kunsthand-
lung angenommen.

1871.

Bcililatt zur Zcitschrilt fiir öildcudc Kunst.

Erscheint alle 14 Tage, für die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" ^rntis. Für sich attein bezogen kostet die Kunst-Chronik in
atten Buch- nnd Kunsthandlungen, sowie bei der Post vom VII. Jahrgang an 1 Tblr. 20 Sgr.

^nhalt: Mandel'S Stich der Madonna Panshanger von Nafsael. —
Die Kunst im Hause. — Nekrologe: Paul Konewka; Aug. Dircks. —
Weihnachtsausstettung dcr Wiener Künstlergenossenschaft. — Keramiiche
AuSftellung in Berlin. — Münckener Kunstvercin. — Das Winckcl-
mann'sfest in Berlin. — Brieskasten. — Berickte vom Kunst-
markt: Die Auktion Santaretti; Jnserate.

Mandrl's Llich dcr Madoniia panshanyer von
Uaffael.

Obiges Gcmälde, das zu den zartesten Schöpfungen
des Aceisters aus seiner frnheren Periade zählt, ist bisher
so gut wie völlig unbekannt geblicben. Wer es nicht an
Ort und Stelle auf dein schönen Laudsitze seines Eigen-
lhüiners, des Grafen W. Cowper, nach dcni es benannt
wird, aufsuchen koiinte, mnßte sick nüt der Thatsache be-
gnügen, daß es übcrhaupt vorhanden war. Es dürfte
wohl kaum ein anderes so werthvollcs Raffael'schcS Bild
existircn, das nicht wenigstens in Eincin Stich schon ver-
vielfältigt nnd sonüt auch einem weitcren Kreis von
Kennern und Liebhabern bekannt geworden wärc. Das
Bild selbst ist auf Holz genialt, 24" hoch, 17" breit; es
ist ein Kniestück iMd enthält nnr die Mutter und den
Knaben mit schönem landschastlichem, auch arckütcktonisch
geschmücktem Hintergrunde.

Passavant bemcrkt über das Bild in seinem bekannten
Werke (Theil II, S. 37 ss.): „Die Komposition ist un-
verkennbar von Nasfael in der Zeit entworfen, als er von der
Peruginischen Btanier sich zu derFlorentinischen ncigte." ...
„Dic Gewänder sind stark lasirt; der vordere Theil der
Landschaft hat einen bräunlich grünen, die Ferne einen
hellblauen Ton. Ob das Bild in allen Theilen von
Nafsael selbst ausgeführt ist, schien mir zweifelhaft;
erhalten ist es vollkommen. Bin ich recht gut unterrichtct,

so befand es sich früher in Ilrbino und wnrde von Cowper,

dem englischen Gesandten zu Florenz, erstanden, welcher
die ausgezcichnete Bildcrgalerie gegründet, die den Land-
sitz jener Familic. PanShangcr bei Hertkort, scknnückk."

Es ist auffallend, daß trotz der Schönheiten des
BildcS, die nach dem Stich, dcr jctzt endlich vorliegt, so-
fort in die Augcii fallen, sich bis vor Kurzem noch Keiner
zu der daukbaren Aufgabe bereit gefunden hatte, dasselbe
küustlcrisch zn vcrviclfältigen, währcnd fast alle übrigen
gleichwerkhigcn Gemälde dicses Mcistcrs sogar in mehreren
Bearbeitunge» vorliegen. Erst ganz neuerdings hat nns
E. Mandel in der Bearbeitung des Bildes ein neues
werthvolles Geschenk gemacht, daö hicinem Ilrtheile nach
den besten früheren Arbeiten dieseS Bkeisters ebenbürtig
an die Seite tritt. Schon im Jahre 1858 hatte Mandel
aus einer zu diesem Zwecke nnteriionimenen Reise das
Bild selbst gezeichnek. aber andere Arbeiken dräugte» sich
dann zunächst in den Bordergrnnd, nnd so hat er seit
jener Zeii bekannllich das sogenannte Porträt Nasfacl's
nach dessen Bilde im Lonvre, seine berühmte Madonna
della Sedia, nnd seincn letzten prachtvollen Stick, die
Bella di Tiziano, beide lctzleren nach den Originalen im
Palazzo Pitti, erschcinen lassen. Erst nach der Vollendung
dieser Arbeitcn konnte dic Btadonna Panshanger in
Angrisf genommen werden und ist in den letzten Wochen,
nachdcm der gleichmäßige Fortgang der Arbeit mannig-
fache Verzögernngen erfahren halten, glücklich beendigt
worden. Dic erstcn Abdrücke, dic vproiivo^ cko ro-
mnrczuo, liegen bereits vor, dic spätercn werden binnen
wenigcn Wochen im Kunsthandel erschcinen. Die Platte
ist, wic wir hören, noch im Besitz dcs Künstlers, welcker
gern Kcnnern den Anblick des prachtvollen Blaltes ge-
stattet. Der Stich ist hoch nnd 7^/z" tzreit, hat

also die gleiche Größe mit dem bekanntcn Mandel'schen
Stiche dcr Madonna Colonna, zn der die Madonna
Panshanger ein vortreffliches Pendanl bildet. Ueber
die Trcue, mit der Mandel das Original wiedergiebt.
kann ich nicht urtheilen, da ich dasselbe nur aus Be-
schreibungen kcnne; aber daß jeder Zug in dem Stiche
Raffael'scken Geist atbmet, sicht man sofort. wenn man
 
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