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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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255

Korrespondenzen. — Kunstlitercitur.

256

Korrespondenzen.

New-Nvrk, im März 1872.

0. Eine Neuigkeit ist die Aufstellung der Bronze-
Statue Benjainin Frankliu's auf?rintinA lIou8k Lciuure,
in der Nähe des Stadthauses uud des iui Bau begrifseuen
Postgebäudes, auf dem Platze, wo sich die Druckereieu und
Bureaux fast aller New-Vorker Zeiluugen befinden.
Das Werk ist von Plaßmau, uud der „Stifter" Kapitän
de Groot hat es der Stadt zuni Gescheuk gemacht. Franklin
ist uatürlich in der Tracht seiner Zeit dargestellt und hält
eiu Blatt in der Hand, mit seincu Wahlspruch : „Illonsst^
tlio best polie^." Es fehlt nicht an der Porträtähnlich-
keit und eiuer gewissen Sorgfalt in der Ausführnng; aber
das ist anch alles. Das Beste, was sich von dieser zweifel-
haften ueueu Verzieruug sagen läßt, ist noch das, daß sie
nicht so schlecht ist als das Nngethüm, welches auf Dnion
8ciuui'o als Abraham Lincolu fignrirt. Von idealer Auf-
fassuug ist keine Spur zu finden, nicht einmal von Ge-
schmack. Zum Ueberfluß sind die Beine für den Körper
viel zu kurz gerathen und erinnern auffallend an Theatcr-
tricots, mit Ansnahme der abscheulichen Falteu, dereu
sich kein anständiger Schneider schuldig machen würde.
Uebcr unsern öffentlichen Mouumentcn scheint ciumal ein
Unstern zu walten, und guter Wille uud Geldmittel reichen
sich die Hand, um stets die uuglücklichsten und geschmack-
losesten Machwerke in die Welt zu setzeu.

Eine höchst erfreuliche Erscheinung auf dem Gebicte
der Skulptur ist dagegen eine gegeuwärtig uoch unvollen-
dete Statue von Georg Heß, welche bestinmit ist, den
Platz vor eiiiem theologischen Semiuar in New-Brunswick,
im Staat New-Jersey, zu schmückeu. Sie stellt einen der
Grüuder der Anstalt vor, dem die Ehre zu Theil wird,
noch bei Lebzeitcn auf diese Weise verewigt zu werdeu,
und soll in Brouze gegossen werden. Die Gestalt ill in
sitzender Stellung dargestellt und zeichnet sich durch eine
so ideale Auffassung aus, daß sie eineu wohlthuenden Ge-
gensatz zu der Plaßmau'schen Arbeit bildet. Während dort
ein dankbarer Vorwurf in's Gewöhnliche, ja Triviale her-
untergezogen ist, wird hier einer Alltagserscheinung, ohne
der Aehnlichkeit Eintrag zu thun, eine edle Schönbeit
verliehen. Auch die Drapirung ist mit so viel Geschick
und Geschmack behaudelt, daß die moderne Kleidung einen
durchaus malerischeu, gefälligen Anblick gewährt. Jedcn-
falls haben die Vorsteher des theologischen Seminars,
eiue Klasse von Menschen, der man sonst nicht eben ge-
neigk ist, viel Kunstverständniß zuzutrauen, in der Wahl
des Künstlers weit mehr Takt bewiesen oder Glück ge-
habt, als man dies den hiesigen Kunstrichtern, denen bei
solchen Gelegenheiten die Entscheiduug zusteht, nach-
rühmen kann.

Kunstliteratur.

Friedrich Fischbach, Album für Wohnungs-

dekoration. Hauau, F. Fischbach. Lief. I-

Spitzengewebe.

Jakob Falke hat uuskürzlich ineiuemvortrefflichen
Buche gezeigt, wie wir unsere Wohnung in künstlerischer
Weise einrichten und schmücken können. Doch stellten sich
der Verwirklichung dieses Jdeals bisher große, für Viele
uuüberwindliche Schwierigkeiteu entgegen, da die Gegen-
stände unseres täglichen Gebrauchs, also Tapeten, Teppiche,
Vorhäuge, Glas uud Porzellau, aber auch Möbcl, Lam-
pen, Bilder- und Spiegelrahmen rc. von schöner, küust-
lerisch durchgebildeter Form, die noch nicht Mode ist, in
den meisteu Berkaufslädeu, wegen der geringen Nachfrage
darnach, nur ausuahmsweise zu finden sind, das besondere
Anfertigen derselben nach Zeichnungeu eines Künstlers
im Allgemeinen aber viel zu theuer, oft geradezu un-
nwglich ist.

Und doch werden dergleichen Gegenstände, ganz ab-
gesehen vou der Nachahmung älterer kunstgewerblicber
Gegenstände zum Zweck dcr Täuschung, heute in vielen
Fabrikeu, besonders Oesterreichs, schou wieder iu irefflichster
Weise und zwar mit Hilfe der Maschinen zu billigen Prei-
sen angefertigt. Aber der Kunstfreund erfährt nur sehr
schwer die Bezugsquellen.

Diesem lkebclstande des mangeluden Berkehrs
zwischeu Fabrikanten und Käufern, welcher eiu sehr weseut-
liches Hiuderniß der Verbreitung des guten Geschmacks
und in Folge dessen der Hebuug unserer Künst-Jndustrie
ist, uud welchem auch durch die Ausstellungeu nur in be-
schränkten Kreisen entgegen gearbeitet werden kann, wenig-
stens auf einem Gebiete, dem der Flächendekoration,
abzuhelfen uud zugleich den Geschmack für stilistisch kom-
pouirte Muster zu bilden, ist der Zweck niehrer Publi-
kationen des rühmlichst bekaunteu Musterzeichners uud
Malers Friedrich Fischbach in Hanau.

Fischbach fußt mit seiner schöpferischen Thätigkeit
auf dem Besteu, was auf diesem Gebiete jemals hervor-
gebracht worden ist. Er hat die Flach-Ornameute aller
Zeiten uud Völker studirt uud besitzt dic größte Samm-
lung älterer Flach-Ornamente, welche überhaupt wohl
vorhaudcn ist. Aber er kopirt für die moderne Jndustrie
nur selten alte Muster, sonderu kompouirt dieselben nach
den durch scin eingehendes Studium alter Kunst als richtig
erkanuten Grundsätzen der Alten mit Taleut und Ge-
schmack, jedesmal für dic modernen Zwecke uud Bedürf
nisse und mit Rücksicht auf die moderne Tcchnik, wclche
durch die Maschine gegen diejenige vergangener Jahr-
hnuderte oft geiiug im Vortheil ist. Da die Muster mit
besonderer Rücksicht auf die Eigenschafteu des verwendeten
Materials und die Art der Technik komponirt sind, so lassen
sie sich leicht ausführen uud sind auch bei sonst gleicher
Qualität meist viel billiger als diejeuigen mit deu moder
uen und allgemein beliebteu stilistisch falschen Mustern.

Nachdem Fischbach seiu „Albuni fiir Stickerei" ab-
geschlossen, hat er das oben angezeigte Unternehmen be-
gonnen, iu welchem er die schönsten seiuer unzähligeu, seit
vielen Jahren für verschiedene Fabriken gezeichneten
und von dcmselben ausgeführteu, theilweise auch schon
in Zeitschriften, z. B. der Stuttgarter Gewerbehalle,
publicirten Flächenmuster für Weberei aller Art <TePpiche,
Möbelstoffe, Tischzeug, Fenstervorhänge, Schutzdeckeu)
 
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