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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Scaramuzza's Bezeichnungen zu Dante's "Hölle"
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0129

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VII, Jahrgang.

Äritrögc

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Mien, Theresiamimg,
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<sk-ip;!g, Königsstr, z>
zu rlchten.

19. Äpril

Nr. 14.

Iusrrate

L 2 Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petit-
zeile werden von jeder
Buch- und Kunsthand-

1872.

Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst.

Erscheint alle 14 Tage, für die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" xratls. Für sich allein bezogen kostet die Kunst-Chronik in
allen Buch- und Kunfthandlungen, sowie bei der Post vom VH. Iahrgang an 1 Thlr. 20 Sgr.

^nhalt: Scaramuzza's Zeichnungen zu Dante's „Hö'lle". — Die Aus-
stellung der Kunstliebhaber und Sammler auf der Weltausstellung
von 1873. — Korrespondcnz: New-Sjork. — Fischbach, Album für
Wobnungsdekoration; Bergau, der schöne Brunncn zu Nürnberg.
— Medarllenkonkurrenz für die Wiener Weltausftellung. — Personal-
nachrichten: I. Keller; K. Hoff; Chr. Böttcher; Nieper; Eisenmenger;
Kundmann. — Kunftausftellungen in Düsseldorf und Wien. — Aus
stellung alter und neuer Bilder in Basel. — Zeitschriften. — B e-
richte'vom Kunftmarkt: Leipziger Kunftauktion; Auktion Midd-
leton; Auktion Paturle. — Neuigkeiten des Buch- und Kunsthandels.
— Änserate.

Scaramn^a's Zeichnnngen sn Äante's „Hölle."

Pest, im Februar 1872.

Gegenwärtig sind im Lokal unseres Landeskunst-
vereins eine Reihe von Zeichnungen des italienischen
Malers Fr. Scarainuzza zu Daute's „Hölle" ausgestellt,
welche seit einiger Zeit in den größeren Städten Oester-
reichs und Deutschlands die Runde machen. Da die
„Zeitschrift für bildende Kunst" bisher noch kein Referat
über die Leistungen Scaramuzza's gebracht hat, so nehme
ich an, daß die unparteiische Würdigung derselbeu, die ich
im Folgenden versuchen will, Zhnen nicht unwillkommen
sein dürfte.

Cavaliere Francesco Scaramuzza, am 15. Juli 1803
zu Sissa in der Provinz Parma geboren, gegenwärtig
Direktor der Akademie und Professor der Malerei eben-
daselbst, begann seine künstlerischen Studien in Parma und
beendete sie in Rom. So vielfach nun auch der Eiufluß
der großen Meister der römischeu Schule in seineu Zeich-
nungen nachzuweisen ist, so mannigfacheAnkläuge an ein-
zelne Motive der Wnnderwerke der Stanzeu und der
sixtinischen Kapelle wir zu registriren haben, Scaramuzza
hat es an diesen Vorbildern nicht genug sein lassen. Der
Mann, dcr sein Leben lang die unsterblichen Meisterwerke
Correggio's buchstäblich vor Augen gehabt, wußte sich dem
Einflusse dieser Perlen der Kunst nicht zu entziehen uud
wurde — zwar kein Correggio, wohl aber ein gelehriger
Nachahmcr seiner manieristischcn Unarten. Ja, stünde
nicht unter jeder Zeickmung ausdrücklich die Signatur
„Scaramuzza" und würde nicht die Technik das moderne

Entstehungsdatum der Blätter verrathen, wahrlich, die
Hälse und Extremitäten mancher Figur würden an die
Autorschaft Parmeggianino's glauben machen. Hiermit
ist jedoch der Eklekticismus Scaramuzza's noch nicht in
alle Bestandtheile zerlegt. Die Nömer und die Mauieristen
niüssen sich die Kameradschaft der modernen französischeu
Jllustratoren gefallen lassen; und auch Raffael, Correggio
und (der Leser verzeihe mir diese Zusammenstellung) Dor6
genügen Scaraniuzza nicht, da man das Verständniß ein-
zelner Partien seincr Zeichnungen geradezu in dem
Studium der Karrikaturen Cham's oder der Zeichner
des Kladderadatsch suchen muß. Wer das Bild Nr. 70:
„Lucifer, die Seelen der Verräther zermalmend" oder
Nr. 24: „Die Dämonen schließen das Thor der Stadt
vor Virgil" gesehen hat, wird diese scheinbar paradoxe
Behauptung gerechtfertigt finden.

Aus diesem mixtum eompositum kann kein lebens-
fähiges Kunstwerk, kann überhaupt kein Kunstwerk ent-
stehen. Die Komposition ist denn auch in den meisten
Blättern maiigelhaft, oft sogar dem Sinne der bezüglichen
Stelle in der Oivinn comweäia ganz widersprcchend,
wie z. B. die räumliche Anordnung der Verschwender und
der Geizigen auf Nr. 17. Hier hat Scaramuzza seinen
Dantetotal niißverstanden, und ersollte sich in irgend eiuem
Kommentar rücksichtlich der Auffassung dieser Stelle unter-
richten.

Den eigentlichen Todesstoß erhalten jedoch viele
Blätter durch die Benutzung eines ganz unkünstlerischen,
theilweise bildlich absolut nicht darstellbaren Vorwurfes.
Ju diese Kategorie gehören etwa die Hälfte der Zeich-
nungen. Man übe seine Phantasie an dem Versuche,
sich eiu Bild vorzustelleu, auf deni „ein Näuber von einer
schwarzen Natter in den Nabel gcstochen wird, und Feuer
aus der Wunde und aus dem Rachen der Schlange her-
vorbricht, worauf sie sich fest und unbeweglich Eines das
Andere betrachten, und der Rauch sie umhüllt, indem Eiues
 
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