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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Bergau, R.: Die Kunst im Hause, [1]
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Doehn, Rudolf: Das Lincoln-Monument in Philadelphia
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0034

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Das Lmcoln,Monument in Philadelphia.

62

lhnenzunächstLiegendejedoch — bis vorKurzem warenviele
Künstlcr zu stolz, sich um die Kunst-Jndustrie zu küm-
niern — vernachlässigen. Jhre Kenntnisse reichen nach
dieser Seite hin nicht aus. Ein Lehrbuch der Aesthelik,
ivelches Unterricht erlheilt, in welcher Weise die Wohnung
künstlerisch ausgestattet und zn cinem behaglichen, znm
Weilen einladenden Aufenthalte gemacht werden kaun,
sehlte bisher aber gänzlich. Dasselbe verdanken wir jetzt,
dor wenigen Monaten unter obigem Titel erschienen,

geistvolleu Kunsthistoriker Jakob Falke, früher in
Nürnberg, jetzt in Wien, welcher durch seine populären
^chriften über die Kunst-Jndustrie alter uud neuerer Zeit
schon vielfach gü.»stig auf die Kunst-Zustände der Gegen-
ivart eingewirkt hat.

Das Buch ist aus Vorträgen entstanden, welche
Falke im österreichischen Museum gehalten (vergl. Mit-
theilungen des österreichischen Museums für Kunst und
^ndustrie, Nr. 53 und 65) und giebt geschichtliche und
kntisch-ästhetische Studien über Dekoralion und Ausstat-
tung der Wohnung.

Der Vcrfasser will durch dieses, für das große
Publikum gcschriebene BuchVerständniß und bewußtes,
sicheres Urtheil an Stelle eincs dnnkeln Gefühls in
Sachen der Kunst-Jndustrie treten lassen und Antwort
geben anf jene zahlreichen Fragen, welche die Wohnung
in ästhetischer Beziehung uns stellt. Er hat nicht nur
für Künstler und Dekorateurs, sondern vor Allem für die
Bewohner des Hauses, vorzüglich auch die Hausfranen
geschrieben, denen er damit ein ästhetisches Hausbuch und
einen Nathgeber zu bieten wünscht.

Der Weg, welcher zu diesem, klar ausgesprochenen
Ziele führen könnte, erschien dem Verfasser ein doppelter:
einmal, indem er die Geschichte verfolgt und beobachtet,
i" welcher Weise die jeweiligen Bedürfnisse befriedigt
worden sind, wie Bedürfuisse und die Deckung dcrselben
fich allmählig umgewandelt haben, und auf welche Weise
endlich das jetzt Borhandene entstandeu ist; sodann, in-
deui er die in der Natur der Dinge liegenden Bedingnngen
"ntersucht und die Nesultate eiuer Kritik unterzieht,
welche dann angiebt, was rccht »nd gut und was ver-
werflich ist. Falke führt uns mit sicherer Hand anf beidcn
Wegen zu demselben Ziele. R. Bcrgan.

(Schluß folgt.)

Das Lincoln-Momunelit in Philadclpljia.

Am 22.Mai des Jahres 1865 wurde die „Liucoln-
Monument-Association" zu Philadelphia gegründet, um
dem cdlen, so ruchlos hingemordeten Präsidenten Abraham
Lincoln ein würdiges Denkmal zu setzeu, für welches
man im Staate Peunshlvanien allein mindestens 100,060
DollarS zn sammeln gedachte. Da indessen bei den sänve-

ren Zciten, wclche in den Vereinigten Staaten auf dcn
vierjährigen, blutigen Bürgerkrieg folgten, die Gelder
nicht in dem gehosften Maße eingingen, so beschloß man
am 11. Juli des genannten Jahres, sich »ur auf ein
Monument zu beschränken und von der ursprünglich in-
tendirten Anlage eines Parkes und eines Jnvalidenhauses
abzusehen. Die Finanzlage der Association stellte sich im
September 1871 wie folgt: Die Gesammteinnahmen be-
trugen 36,272 Dollars 73 Cents; die Statue kostete
19,300 Dollars, der Granituntersatz, das Postament
u. s. w. 9,500 Dollars, sonstige Ausgaben 3,128Dollars
81 Cts., zusammcn 31,928Dollars 81 Cents, sodaß sich
ein Ueberschuß von 4,343 DollarS 92 Cents ergab, der
für Bezahlung noch aussteheuder stkechnungen verausgabt
wcrden wird. Die feierliche Enthüllnng des Denkmals
fand am 22. September dieses Jahres als dem ueunten
Jahrestage der unsterblichcn Emancipations-Proklamation
Abraham Lincoln's statt. Wir entnehmen die nachstehende
Beschreibung dieser Fcierlichkeit und des Denkmals selbst
im Wesentlichen der „New-Nork Tribune" und dem
„Philadelphia Demokrat." —

Am Freitag, den 22. September, rückten sämmtliche
Milizsoldaten von Philadelphia nebst eiuigcn Neger-
regimentern zur Parade aus nud stellten sich auf dem
Festplatze auf. Zur bestimmten Zeit betrat Herr Professor
Charles I. Still, Präsident der Lincoln-Monurnent-
Association, die Rednerbühnc und gab in kurzen Zügen
eine Entstehuugsgeschichte des durch freiwillige Beiträge
aus dem Volke in's Leben gerufenen Denkmals. Nachdem
das Standbild unter dem Donuer der Kanouen enthüllt
wordeu war, hielt der Oberst Mac Michael die eigent-
liche Festrede, in welcher er den Charaktcr nnd die Thaten
des Märtyrer-Präsidenten schilderte. Am Abend fand
eine glänzende Illumination des ganzen Moiiumentes statt,
und ein prachtvolles Feuerwcrk wurdc zu Ehrcn der
Emancipations-Proklamation abgebrannt.

Das Monumeut ist auf dem Hauptfahrwegc nahe
der Einfahrt von der Brownstraße, zwischen Lcmon Hill
und den großen Fairmonnt-Wasserwerken, aufgestellt
worden nnd fällt allen Bcsnchern deS uahegelegencii Parks
sofort in die Augen.

Die Statue selbst ist von dem bekauuten amerikanischen
Bildhauer Nandolph Rogers, über dessen Leben und
Werkc wir in dieser Zcitschrift (Bd. V, S. 288 ff.) bei
Besprechung der Bronzethüren im Kapitolzu Washington
City Näheres berichteteu, iu Rom modellirt und in der
königlichen Erzgießerei zuMüncheu von Miller gegossen
worden. Präsident Lincoln ist dargestellt auf einem
Stuhle sitzeud, den Blick ernst und voll Würde nach
Süden gerichtet, da er seine ganze Amtszeit hindurch mit
deu rebellischen Südstaateu zu kämpfen hattc und schließ-
lich selbst das Opfer des südlichen Fanatismus ward.
Iu der linken Hand hält er eine Nolle, die mehrfach er
 
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