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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0065

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Jahrgang.

seitrüge

"nd°nO^C.V.Wtz°w
<wi°n. Th-r-siannmg,
^iod.andi-Vcrlngtzh.
Königsstr. z>
zu richten.

Iaiinar

Nr. 7.
Änsrrate

L 2 Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petit-
zeile werden von jeder
Buch- und Kunsthand-
lung angenommen.

1872.

Bciblatt zur Zeitschrist siir trildcnde Kunst.

^scheint alle 14 Tage, fnr die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" ^ratis. Für sich allein bezogen kostet die Kunst-Cbronik in
allen Buch- und Kunsthandlungen, sowie bei der Post vom VII. Iahrgang an 1 Thlr. 20 Sgr.

Vinnie Ncam. — Korrespondenz aus New-Nork. — Nekrologe:
^ .^wderichs; Altgelt; Kirchmayer. — ONroniciue äss ^Xrts. —
^celsestipendien für Schüler der Akademien zn Dresden nnd Leipzig.
717 Koniurreilzausschreiben des K. V. für Nheinland und Westfalen. —
Giese. — Münchener Knustverein. — Ein Museum von Kopien-—
Wiener Weltausstellung. — Düsseldorfer Ausstellungen. -- ^ammlung
von Kunstwerken für Chikago. — Verein der Alterthumsfreunde im
Nhemlande. — Monnment für Thorwaldsen. — Warwick Castle. —
Aufruf. — Goetbe's Euphrosync, Neplik und Dnplik.—Zeitschriftcn.
B e ri chte vom Kunstmarkt: Auktion Mündler. — Berliner Kunst-
auktionen. — Inserate.

Vinnie Rcam.

Ncw-Uork, Dezember IS7I.

0. Die Jndustric-Ausstellung, welche alljährlich
don dem „Auicrikauischen Justitut" veraustallet wird, ist
Zwar an sich sclbst keiu geeigneter Gcgeustaud der Be-
iprechuug iu diesem Jourualc. Was uus dahiuzieht, ist
wie sollen wir es nennen? — einc sonderbare Er-
icheiuung, eine Kuriosität. Ini obereu Theile des großeu
Gebäudes besindet sich eiue sogenannte Kunstgalerie, deren
Inhalt größtcutheils aus Chroniolilhographieu, Photo-
graphien aus den vcrschiedeuen photographischeu Austalteu
der Stadt, eiuigen Brouzegüssen und.dcn Abgüsseu der
berühnitcn Statuetten von Johu Rogers besteht. Au
deiu Ende dieser Abtheiluug besiudet sich ein kleiner Halb-
rirkel, durch eiue Eiseustange abgeschlosseu, wo man ausier
eiucr Gestalt iu Btarinor, Bliriam geuaunt, uud einer
Kiuderbüste uiehrere verhüllte Modelle und feruer einen
Zettel erblickt, der dic Aukündigung enthält, daß Viunie
Neaiu hierjeden Nachmittag au der Arbeit anzutresfen sei.
Nack einer Weile werden die Vcrhülluugen eutferut, und
Pünktlich um vicr Uhr crscheiut eine Dame und arbeitet
au eiuer der unvollendeten Büsteu — oder vieluiehr, sie
niacht glaubeu, daß sie arbeite, denn von wirklicher Arbeit
kanu selbstverstäudlich iu dem eingeengten, vou vielen
hundert Neugierigeu umdräugten Raunie, bei uugüustigeiu
2ichte und so kurze Zeil vor deui Einbrechen der Däuiuieruiig
keine diede seiu.

„Wer ist Viuuie Reani?" werden Kunstkritikcr uud

Liebhaber fragen, deuu schwerlich hat eins ihrer Werke
jenseits des Oceaus Beachtung gefunden; dennoch ist
Biuuie Ream seit den letzten drei bis vicr Jahren der
Gegeustaud so vielfacher Besprechuug gewesen, gestern bis
iu die Wolkeu erhobeu, heute kritisch veruichtet worden;
ihr Ruf ist so pilzartig schnell, gleichsam über Nacht aus
der Erde geschosseu; sie ist außerdem ei» so charakteristisches
Produkt, eine so schlagende Jllustration hiesiger Zustände,
daß man sie uud ihrc Werke bei deni besten Willen nicht
länger mit Stillschweigen übergehen kann.

Vinnie Ream kam vor einigen Jahren aus dem
Westen — ich glaube aus Kansas — nach Washington,
wo sie, wie so vicle andere Frauen und Mädchen, im
Schatzamte Beschäftiguug faud. Der Anblick der dortigen
Kunstwerke, wic uian die Dinger nennt, welche, mit einigen
lobenswerthen Ausnahmen, den Gesetzen der Schönheit
nnd Wahrheit Hohn sprechen, begeisterte sie, sich auch in
derglcichen zu versuchen, und ste fing an zu modellircn.
Deu Mangel an höherer Begabung suchte sie durch eine
andere Fähigkeit auszugleichen, welche Niemand ihr strei-
tig machen kann, nämlich die, sich in den Vordergrund zu
bringen und sich durch ihre Freunde ausposaunen — wie
man es nennt, „puffen" zu lasscn. Für dergleichen
Manipulationen ist Washington vor allen der geeignetste
Ort. Die Mehrzahl der Kongreßmitglieder und der
höheren Beamten besinden sich in Bezug auf Kunst der-
malen noch in kindlichem Unschuldszustande, vorzüglich
diejenigen aus den westlichen und südlichen Staaten,
welche weder daheim Gelegenheit haben, ihren Geschmack
dnrch Anschauung von Kunstwerken zu bilden, noch je in
Europa gewesen sind: Ehrenmänner, einsichtig und prak-
tisch in ihrer Sphäre, die aber nicht viel Untcrschied
zwischen einer Theaterdekoration und dem Freskobild eines
italieuischen Meisters schen würdcn .und ihr Leben lang
nicht einsehen.können, warum man nicht auch oh»e ange-
strengtes Studium ein großer Gelehrter oder Künstler
 
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