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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Bergau, R.: Die Kunst im Hause, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0032

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VII. Jahrgang

Nr. 4.

Äeiträgc

lmdanvr. C.v.LUtzalr
<ü>im, Therefianumg.
^)od.andieVerlagSH.
<k'ip!ig. Königsstr. S>
zu richten.

1. Drrkinbrr

Äiiftrate

k 2 Sgr. sür die drei
Mal gespaltene Petit-
zetle werden vonjeder
Buch- und Kunsthant-
lung angenommen.

1871.

Beiblatt zur Zeitschrist für üildende Kunst.

Erscheint alle 14 Tage, für die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" xrntis. Für sich allein bezogen kostet die Kunst-Cbronik in
allen Buch- und Kunsthandlungen, sowie bei der Post vom Vll. Iahrgang an 1 Thlr. 20 Sgr.

-''"ha ltDie Kunst im Hause. — Das Lincolnmonumeut iu Pbiladelpbia. —
Vorlesungen im Oesterr. Museum. — Konkurrenzausschreiben für das
deutsche Parlamcntsaebäude. — Preisaufgabe dcr Goethestistung. —
M. Muncacs»). — Wiener Knnstlergcnossenschaft. — Sencfelder-Aus-
stellung in Leipzig. — Denkmal Th. Mintrop's. — G. Gaul. — Neubau
der Wiener Akademie. — Ein nener Brunnen in Köln. — Kreling's
Brunnen für Cincinnati. — Zttenbach. — Knackfust. — Zeitschriften. —
Berichte vom Kunstmarkt: Bersteigcrung der Kupferftichdoubletten
dcs Berliner Museums ; Auktion Gsell; Auklion Fromm, Bosen und van
Essen; Neuigkeiten des Buch- und Kunsthandels; Jnserate.

Die Kunst im Huuse^).

Es liegt so nahe, unser Daheim, die Räunie, in
welchen wir den grkßten Theil unsers Lebeus zubriugen,
>n einer Weise einzurichteu und zu schmücken, daß sie mit
unsern Bedürfnissen und Gefühlen in Harmonie stcheu,
gleichsam nur cin weiteres Kleid unsercs eigeneu Wesens
bilden. Nichts destoweniger wird der Schmuck unserer
Wohnung auffattender Weise nur zu häufig als etwas
ganz Gleichgiltiges und Nebcnsächliches betrachtet, auf
einige mittelmäßige Bilder an den Wänden und einige
Topfgewächse an den Fenstern beschränkt, und zwar nicht
nur von Leuten, welche täglich um ihre Existenz kämpfen,
sondern auch von jencn, welche gcistige Genüsse soust zu
schätzen wissen.

Selbst in den Zimmern der reichstcn Leute, welche
Ausgaben in keincr Weise scheuen dürfen, fehltsehr oft wirk-
licher Geschmack, d. h. es fehlen künstlerisch dnrchgebildetc
Räume mit stilvotten Möbeln und Geräthen, welche mit
Rückficht auf einander gewählt sind. Man vermißt in ihnen
so oft jene wohlthuende Harmonie aller Theile, welche die
Wohnung erst zu einem behaglichen und gemüthlichen
Aufenthalt macht.

Statt dessen herrscht bei uns fast überall die Mode,
welche nur höchst selteu mit der Schönheit im Einklang
steht. Die Möbel kauft nian fertig im Magazin; attes
andere überläßt man dem die Einrichtung besorgenden

*) Die Kunst im Hause. Bon Jakob Falke. Wien,
C. Gerold's Sohn. 187l. 8.

Tapezierer, welcher der von der Mode vorgeschriebenen
Schablonc folgt. Er glaubt Alles geleistet zu haben und
ist stolz auf das „Zusammenpassen", wenn er Tapeten,
Vorhänge an Fenstern und Thüren, Teppiche, Tischdecken
u. s. w. von gleicher Farbe, womöglich von gleichem Stoff
> gewählt, wodurch er in der Wohnung jedoch Monotonie,
Langcweile, keineswcgs aber Harmonie erzeugt hat. Der
Geschmack der Bcsitzer pflegt iu solchen modcrn eingerich-
teten Zimmern, wie ja auch in dcn eleganten Toiletten
der Damen, vollständig in den Hintergrund zn treten.

Will der Besitzer einmal viel thuu, so beausi
tragt er dcn Architekten, welcher sein Haus gebaut, ihm
ein oder mehrere Zimmer im römischen, gothischen oder
Nenaissance-Stil einzurichten. Diese Aufgabe scheint leicht,
ist aber sehr schwer auszuführen. Abgesehen davon, daß
unsere Architekten für Komposition kunstgewerblicher Ge-
genstände nur iu seltenen Fällen genügend durchgebildet
sind, giebt es eine wirklich gothische Einrichtung nicht
und kann es nicht geben, wcil nian im Mittelalter Möbel
in unserm Sinne in nur sehr beschränktem Maße hatte,
und unsere Bedürfnisse von jenen des dreizehntcn und
vierzehnten Jahrhunderts in jeder Beziehung überaus
verschieden sind. Die Versuche, Möbel und Geräthe für
die heutigen Bedürfnisse iu Formen des Mittelalters her-
zustellen, sind bis jetzt ohne Ausnahme mißlungen. Ein
neugothischer Stuhl ist oft eine Jronie auf seine Be
stimmung, indem cr den beabsichtigten Zweck, Gewährung
eines bequemen Sitzes, in keiner Weise erfüllt, dazu ge
wöhnlich noch recht roh und ungeschickt in den Formen
ist. Nicht viel besser steht es mit einer modernen Zim-
mer-Einrichtung in, Reuaissance-Stil. Die betreffenden
Möbel sind nieist, wenn sie nicht getreue Kopieen der
alten sind, recht unbequem, erfüllen also nicht ihren wich
tigsten Zweck, sind konstruktiv unrichtig und selten schön
in Formen und Verhältnissen.

Selbst wenu die ganze Einrichtuug streng iu einem
 
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