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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Heft 22 (9. August 1872)
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Die Konkurrenz-Entwürfe zum Berliner Goethe-Denkmal, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0205

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401

Prei«bewerLungen. - Persounlnachrichtm.

402

leicht gehoben. Der ganze Entwurf ist so nüchtern unb
gemeinplätzig wie möglich. Die Architektur des Sockels
mit ihren absoluten Beendigungsformen ist grundverfehlt.
Die Symbolik ist von der äußerlichsten, erkältendsten,
Sorte. Die Statue hat durch eine gewisse Fertigkeit,
die den Mitarbeiter am Lutherdenkmal nicht verleugnet,
und durch dic Folie des Tollen in der Gesellschaft der 50
„Goethe's" eine gewisse Wirkung, die indessen auch nicht
tief geht. Es fiel einem der Schiller'sche Wahrspruch übcr
die Freiheit von Fehlern ein. — Keinen Menschen hätte
Donndorf angezogen, wenn er nicht einen Haupttrnmpf
der ganzen Konkurrenz nebenbei ausgespielt hätte: er gab
wie zurAuswahleine steheude Statuette des jungen
Goethe nach Trippel, dieabcrniitseinemPostamcntabso-
lut unvereinbar ist, also nur als eiu unfertiges Modell
eines zweiten Konkurrenzentwurfes betrachtet werden
konnte, aber fast die schwierigste Frage, die nach dem
Aufbau, noch ungelöst ließ; also — liors oonoours:
aber wahrhaft gcnial, bannend, fesselnd, anregend, be-
friedigend. Mit leicht umgeworfeneni Mantel steht die
Figur leicht angelehnt; das rechte Bein, vom Mantel-
zipfcl umwickclt, ist über das linke geschlagen tleider sieht
der Mantel ans wie ein weites bauschiges Beinkleid, was
leicht vermieden werden könnte, allein schon dnrch einen
charakteristischeren Faltenwurf des Stoffes), die Rechte hält
— wie währcnd einer Untcrbrechung der Lektüre durch
Gespräch — ein Buch, die Linke ist auf einen antiken
Trumm, ein Altarfragment gestützt. Der änßerst lebendige
und geistsprühende Kopf blickt leicht gewcndet frei hinaus.
Das ist eiue der vollendetsten Statuetten, die cs überhanpt
giebt, ein rechter Beweis nck 0011I08, was für ein Nacht-
wächter dcr Schwanthaler'sche Shakspeare ist, an den sie
erinnert; aber — es giebt ein Aber! — es ist eine
Statuette; es ist kein Modell zu einer Kolossalstatue.
Die ganze Anlage und Auffassung ist nicht monumental; eS
würde eines neucn genialen Wurfes bedürfen, um aus der
herrlichen Statuette ein nur annäherud eben so herrliches
Monument zu schaffen. Das wäre ja wohl möglich; aber
auch nur die Spur einer Garantie gewährt dies Figürchen,
zusammengehalten mit dem Denkmalsentwurfe, nicht.

Erdmann Encke in Berlin. Der Künstler kann
verlangen, daß man an ihm nicht stumm vorübergeht. Seine
hintenüber gelehntc sitzende Goethegestalt mit dem starken
Aufblick könnte nur in einem Thalkessel von den umgeben-
den Höhcn her gesehen werden. Das Postament zeigte
zwei eminent reizvolle Figürchen, auf zwei dcr unmoti-
virtesten Architekturschnörkel gelagert, die jemals an einem
hochbarocken Bauwerk zu seheu gewesen. Jhre wahrhaft
köstliche Eharakteristik stempelte sie zur heiteren und ernsten
Muse, uud über dem Portal eines Theaters im Barockstil
mit den bekaunteu abgcrissenen Giebelecken, womög-
lich in geschweiften Linien, wären sie unübertrefslich;
hier sind sie unbegreiflich. — Die stehcnde Statuette

des jungeu Goethe mit Trippel's Büstc, die zugleich vor-
geführt wurde — gleichfalls ohne Beziehung anf eiu vor-
handenes Postament —, hätte selbst ohne die vernichtcnde
Konkurrenz Donndorf's dem Vorwurfe der hölzernen
Steifheit nicht cntgehen können. Die geistreich feine Be-
lebung, die Encke bei all seinen Porträtbildungen eigeu
ist, wurde hicr auffallcnderweise total vermißt.

Fleigc in Münster. Der Aufbau mit den vier
Gruppen um das Postament vcrdient als eine der gelun
generen Bildungen Erwähnung. Jm Einzelnen war nichts
Schlagendes gegeben, manches Verfehlte zu bemerkcn.

O. Gradler in Berlin. Der Künstlcr hat sich
durch eine ganze Anzahl hübscher Entwürfe zu ornamen-
talen Arbeiten nnd zu Nippcsplastik gut cmpfohlen. Seiue
außerordeutliche Begabung für diesen Kreis hat er wieder
bewiescn. Er hat ein treffliches Modell zu ciner Stutz-
uhr oder dergleichen gcliefert, in dem sitzenden Goethe zählt
erzum Besten derKonkurrcnz, einigeDetails, namentlick die
Figürchen des oberen Aufsatzes, sind ungemein reizvvll, fein
und schön, auch das Ganze ist sinnig, aber ein klcines Möbel,
gegen dieWand zu stellcn. Wirsind uiis imAllgemeinenüber
die Berechtigung eincr solchen Anlage schon klar gewordcn.

Edmund Hellmer in Wien. Der junge, von der
Münchener Ausstellnug her als talcntvoll und tüchtig be-
kannte Künstler hat durchweg Malheur gehabt. Seiu Ent-
wurf ist in einem Zustandc fast komischen Anseheus bcim
Transport ramponirt in Berlin angekommen und daher nur
von ernsteren Beschauern nach Gebührgcwürdigt. Jn Frage
kounte er nicht wohl komnieu, dafür war die Durchbildung
uoch zu unreif; außerdem paßt der zopsige Charakter nicht

für Berlin. L- ill.

(Schtuß folgt.)

Jn Nr. I. dieses Berichtes („Äuiistchronik" Nr. 18) sind
ein paar siniiciitstellende Druckschler stehen gebliebeu: 324,
Z. 21 v. u.: „scheiut niir (nickt: nur) durch diese Erwägung
dargethan". Diesetbe Berwechselung — „nur" statt richtig:
„mir" — ist auch in dem gleichzeitig ausgegebenen Hefte IX
der „Zeitschrift" auf S. 285 in der Anmerkung, Z. 12 v. u.
passirl. 325, Z. 23 v. o.: „ciue rein pathologische Erschei-
uuiig" (nicht Anschauung). 326, Z. 16 v. o.: „Der Goethe,
den gewisse Leute (nicht Lautc) nachahmen".

preislirwrrbiiiigkii.

Deutschcs ParlamcntSgebäiidc. Es verlautel, daß die
Architeklen Bohnstedt, Kaiscr uud v. Großheim, Ende
und Böckmann, Mhlius und Bluntschli zu einem
engeren Konkurse für das deutsche Neichstagshaus eingeladen
werdcn sollen, uud zwar giebt man als Ablieferuiigsterniiii der
neuen Projekte den l. April 1873 an.

Die Jury fiir das Berlincr Gocthedcnkmal hat die
drei auSgesetztcn Prcise (ä 40 Friedrichsd'or) den Bildhauern
Adolph Douudorf in Dresden, Fritz Schaper in Berlin
und Nudolph Siemering in Berlin zucrkanut und außerdem
empfohlen, diese drei Künstler und Alexander Calandrelli
in Berlin zu einem »euen Weitkampf unter einandcr eiuzuladen.

prrsoimlimchrichteii.

Münchcucr Akademic. Der Kvnig von Bayern hat der
Wahl von Ehrcnmitgliederii der Akademie der bildcnden Küustc
dic Bestätigung erthcilt, und demzufolge sind ;u Ehren-
mitgliedcrn dcr Akademie der bildeuden Künste ernannt': a>
die Bildhauer Friedrich Drake inBerlin; Reinhold Begas
 
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