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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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Die Ausstellung Kunstliebhaber und Sammler (Exposition des amateurs) auf der Weltausstellung von 1873
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253

Die Aussteller der Kunstliebhaber und Sammler auf der Wiener Weltausstelluna von 187^.

254

früherer Kulturepochen an der Entwicklung der Kunst
und der Gewerbe zur Anschauung bringen.

Ändem dieser Theil der Ausstellung dem Beschauer
rin Bild jener überraschenden und fesselnden Mannig-
faltigkeit entrollen wird, welche unsere Vorfahren auf dem
Gebiete der Kunstübung und der gewerblichen Thätigkeit
entfalteten, soll er zugleich die unwiderlegbarsten Beweise
des Schöuheitssinnes, der technischen Geschicklichkeit nnd
bes oft so feinfühligen Geschmackes vergaugener Zeiten
aufbriugen und zusammenstellen. Das aber ist eben der
Zweck dieser kulturhistorischen Rückschan, dieser exxo-
sition rötrospoetive. Auf den aufmerksamen Besucher wird
dieselbe nicht blos anregend, sondern auch belehrend wirken.

Der Kreis der Gegenstände, welche in Gruppe 24
aufgenommen werden können, ist nicht leicht zu bezeichnen.

Nachdem das fernste Alterthum, dann das Mittel-
alter, feruer die Leistungen des Orientes uud die Renais-
sance, ja selbst noch das letztvergangene Jahrhundert in
küustlerischer und kunstgewerblicher Beziehung sich au die-
serGruppe betheiligen, kann an einevollständigeAufführung
aller in dieselbe einzureihenden Objekte nicht gedacht wer-
den. Aber als Richtschnur läßt sich wohl der allgemeine
Gesichtspunkt, von dem aus dieser Theil der Ausstelluug
in's Werk gesetzt wird, der Gedanke nämlich aufstellen,
daß diese Ausstellung geeignet sein soll, den Geschmack zu
bitden. die Kunstforschung zu fördern, der Wissenschaft zu
uützen. Wer aber könnte, und namentlich im Vorhinein,
sagen, daß nur aus der Technik dieser oder jener Epoche,
nur auf diesem oder jenem Felde der Kleinkunst uoch
etwas Neues zu lernen sei?

Da eine solche Abgrenzung des Gebietes unaus-
führbar ist, so handelt es sich also vor Allem darum,
ein möglichst großes kulturgeschichtliches Material aus
allen Epochen bis zum Beginne unseres Iahrhunderts
zusammenzubriugen. Das allein schon wird der Kunst-
sreund gerne als ein Verdienst anerkeunen. Durch die
Besichtigung einer ganzen Reihe gleichartiger Kunst-
objektc wird der Geschmack aller Beschauer genährt und
gebildet werden, und der Fachmann, der Kenner wohl
auch Zeit und Gelegenheit zu eingehenderen Studien und
zur Erzielung bleibender Resultate gewinnen. Diese
Gruppe steht daher den so überaus wichtigen Ueberresten
aus den vorgeschichtlichen Zeiten, sowie den anliken'Kunst-
werken selbstverständlich ohne Ausnahme einer Kunst-
gattung oder eines Kunstzweiges offen. Auch für die
Gemälde älterer Meister besteht keine andere als eiue
chronologische Beschränkung: sie dürfen nicht in diesem
Jahrhunderte gemalt worden sein.

Seltene Jncunabeln, Schrotblätter, Holzschnitte,
Kupferstiche, namentlich aus dem XV. Jahrhundert sind
sehr willkommen.

Die Gegenstände der Kunstgewerbe, auf deren reiche
Bertretung ein hoher Werth gelegt wird, werden nach

dem den Sammlungen des k. k. österreichischen Mnsenms
für Kunst und Jndustrie zu Grunde liegenden System
gereiht werdcn. Es werden demnach alle Objekte auf-
genommen, welche in eiue der folgeuden Klassen gehören:

I. Geflechte.

II. Textile Kunst und ihrc Nachbildungen.

III. Lackirarbeiten.

IV. Email.

V. Mosaik.

VI. Glasmalerei (insoferne sie uicht zur Gruppe 23
gehört).

VII. Schrift, Druck und graphische Künste.

VIII. Aeußere Bücherausstattung.

IX. Lederarbeiten.

X. Glasgefäße und Glasgeräthe.

XI. Thongefäße und dekorative Thonplastik.

XII. Arbeiten aus Holz.

XIII. Geräth und kleinere Plastik in Horn, Bein,
Elfenbein, Wachs u. dgl.

XIV. Gefäße, Geräthe und Sculpturen in Marmor,
Alabaster uud sonstigem Stein.

XV. Gefäße und Geräthe aus Kupfer, Messing,
Zink und Zinn.

XVI. Eisenarbeiten.

XVII. Glocken und Uhren.

XVIII. Broncearbeiten (Gefäße, Geräthe, Reliefs).
XIX. Goldschmiedekunst (edle Metalle).

XX. Bijouterie (edle Steine).

XXI. Graveurkunst.

Um den Kunstliebhabern, durch deren Beiträge die
Gruppe 24 gebildet werden soll, volle Beruhigung uud
^ Genugthuung in Betreff der Art und Weise der Auf-
stellung ihrer Kunstobjekte zu gewähren, werden die einem
und demselben Besitzer gehörigen Gegenstände nicht ge-
trennt, sondern vielmehr unter dem Nanien des Eigen-
! lhümers vereinigt bleiben. Jm Uebrigen versteht es sich
von selbst, daß für die uuversehrte Erhaltung und unbc-
dingte Sicherheit der eingesandten Gegenstände die um-
fassendsten Vorkehrungen getroffen werden.

Jn Anbetracht der eben so verschiedenartigen, als
kostbaren Objekte dieser Gruppe wird auch dafür Sorge
getragen werden, daß den zur Ausstelluug geneigten Bc-
sitzern solcher Objekte oder den Direktoren einschlägiger
Jnstitute über die Modalitäten der Einsendung, der Auf-
stellung u. s. w. alle speciellen Auskünfte und Auf-
klärungen ertheilt werden, welche sie wünschen sollten.

Der Einsendungstermin beginnt am 1. Febr. 1873
und endet am 15. April des genannten Jahres.

Bezüglich dieser sowie anderer Bestimmungen ver-
weisen wir übrigens noch auf den Jnhalt des allgemeinen
Reglements."
 
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