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Der Brand der Königl. Kunst-Akademie zu Düsseldorf.
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Joseph Kehren, der ein bedeutsames Gemälde „Saulus
an dcr Leiche des gesteinigten Stephanus" begonnen hatte
und einen schönen init Kohle gezeichneten Entwurf
„Ahasverus" in Oelfarben auszuführen gedachte. Anch
Th. Maaßen und P. Molitor sehen sich ihrerArbeiten
beraubt, die gleich den Schöpfungen von H. Commans
und R. Nissc vollständig vernichtetsind. Jndes letzteren
Atelier befanden sich gerade fünf fertige Bilder, zur Ab-
sendung auf verschiedene Ausstellungen bereit. Am
schwersten von Allen aber dürfte Prof. H. Wislicenus
betroffen sein, dessen Werkstatt ebenfalls ganz ausgebrannt
ist. Die Mcnge verschiedener Kartons, die theilweise, wie
das großc „Götterbacchanal", noch nicht zur Ausführung
gelangten, und sechs treffliche Bilder, deren Bollendung
nahe bevorstand, sind gleich zahlreichen Studien und Ent-
würfen untergegangen. Die auch koloristisch rühmens-
werthen Gemälde behandelten die vier Jahreszeiten, in
lebensgroßen Frauengestalten symbolisch dargestellt, für
dic Nationalgalerie in Berlin, eine gewappnete Germania
auf der Wacht am Nhein und cine große Lorelei. Un-
weit von dem Atelier von Wislicenus liegt die Dienst-
wohnung des Akademie-Jnspektors, Malers Holthausen,
welche auch zerstört wurde; doch gelang es den Be-
wohnern sich selbst zu retten, wie denn überhanpt
glücklicherweise kein Menschenleben zu beklagen ist. Die
Landschafterklasse mit den dort befindlichen Studien der
Schuler dersclben, ein Theil der Kupferstecher- und die
Bauklasse wurden gleichfalls ein Opfer der Flammen.
Dagegen konnten die werthvollen Arbeiten aus den Ateliers
der Professoren Deger, Carl Müller (Bruder von
Andreas Müller) und I. Keller bis auf einigeS Wenige
in Sicherheit gebracht werden. Auch das große Bild
„Die Grablegung Christi" von Prof. Julius Röting
hat mau gerettet, doch ist es so stark beschädigt, daß seiue
Wiedcrherstellung sehr schwierig, wenn nicht unmöglich
sein dürfte. Aus der Werlstatt des Prof. August Wittig
ist das Bedentendstc herausgeschafft worden, doch ist sein
Vcrlust an Ghpsmodellen, Formen und Abgüssen, so wie
an unbrauchbar gewordenem Marmor immerhin be-
trächtlich. Leider sind anch die vier kolossalen Neliefs,
wclche Wittig eben beendet hatte, gänzlich zerstört worden.
Dieselben gaben in schönen Medaillons die Porträts von
Naffael, Michelangclo, Dürer und Holbein wieder und
waren sür die jüngst restaurirte Nheinfayade der Akademie
bestimmt, wo sie in den nächsten Tagen angebracht werden
sollten. Ein großes Glück muß es genannt werden, daß
sich der Brand nicht auf den Saal ausdehnte,worin sich die
llreste unserer ehcmaligen Galerie befinden, unter denen die
„Himmelfahrt Mariä" von Nubens diegrößteBedeutung
hat. Man hatte dies kolossale Bild schon von der Wand
genommen, um cs nöthigenfalls fortschaffen zn können,
was aber immerhin sehr schwer gehalten haben würde, da
es auf eine starke Eichcnholzplatte gcmalt und deswegen
1805 nicht mit nach München gebracht worden ist. Eiue
werthvolle Sammlung von neuen Oelgemälden, welche
die Mitglieder des „Vereins Düsseldorfer Künstler z»
gegenseitiger Unterstützung und Hülfe" für eine denmächst
zu Gunsten desselben stattfindende Verlosung geschenkt
haben, konnte aus den Näumen des Schlosses, wo sie
einstweilen aufgestellt war, noch eben gerettet werden, ehe
dieselben vom Feuer verzehrt wurden. Der Antikensaal,
das Museum der Gypsabgüsse und die darüber befindliche
Landesbibliothek sind ebenfalls erhalten worden. Der
Hauptverlust trifft die obengenannten Historienmaler, die
aber nm so härter betroffen sind, als sich die Früchte
jahrelangen Strebens, wie Studien u. dgl., eben durch
nichts ersetzen lassen. Dabei waren deren Werke, bis
auf sehr geringe Ausnahmen, nicht versichert, sodaß sich
zu dem ideellen auch der materielle Verlust gesellt-
Doch ist gegründete Aussicht vorhanden, daß sich der
Staat znr Deckung des letzteren bereit sinden läßt, ein-
gedenk der vielen Opfer, welche die Künstlerschaft Düssel-
dorfs stets für patriotische uud philanthropische Zwecke
gebracht hat. Auch hat sich hier in der Stadt ein Komitü
von angesehenen Männern gebildet, welches dcu schwer
heimgesuchten Künstlern thätige Hülfe zu leisten bezweckt;
und selbst ans London und andern fernen Städten sind
schon Beweise aufrichtiger Theilnahme und schätzenswerthe
Anerbietungen eingelaufen, wic denn auch eine zahlreich
besuchteGeneralversammlungdesKünstler-Unterstützungs-
vereins einstimmig beschlossen hat, den geschädigten Mit-
gliedern so viel wie eben möglich beizustehen. Schwere
Verluste trafen auch deu Kunstverein für die Rheinlande
und Westfalen, desscn gesammtes Jnventar mit allen
Platten und Abdrücken seiner Prämicnblätter, sowie die
Holzstöcke der Nethel'schen Fresken ein Naub der Flam-
nien wurden. Man hat allerdings die Platte des be-
rühmten Keller'schen Stichs der Disputa im Schutt ganz
zusammengcbogen wieder aufgefunden, doch hat eine
chemische Untersnchung crgeben, daß eine Herstellung der-
selben kaum möglich sein wird, weil sie ganz verkratzt und
oxydirt ist. Glücklicher Weise befanden sich die Gelder
und Werthpapiere des Kunstvercins nicht im Sekretariat,
und der Verwaltungsrath des Vereins hat beschlossen,
seine Geschäfte nngestört fortzuführen und dieBuchführung
aus den Büchern und Korrespondenzen der Agenten mög-
lichst herzustellen.
Gegcnwärtig ist eine gerichtliche Untersuchung über
die Entstehung des Brandes eingeleitet, die wohl manche
Begehnngs- und Unterlassungssünden osfenbaren wird.
Die ausgcbrannten Umfassungsmauern der Akademie
bieten einen traurigen Anblick dar. Wir hoffen indessen
zuversichtlich, daß auch hier bald aus den Ruinen neues
Lebcn blühen werde. Moriz Vlancknrts.
Der Brand der Königl. Kunst-Akademie zu Düsseldorf.
228
Joseph Kehren, der ein bedeutsames Gemälde „Saulus
an dcr Leiche des gesteinigten Stephanus" begonnen hatte
und einen schönen init Kohle gezeichneten Entwurf
„Ahasverus" in Oelfarben auszuführen gedachte. Anch
Th. Maaßen und P. Molitor sehen sich ihrerArbeiten
beraubt, die gleich den Schöpfungen von H. Commans
und R. Nissc vollständig vernichtetsind. Jndes letzteren
Atelier befanden sich gerade fünf fertige Bilder, zur Ab-
sendung auf verschiedene Ausstellungen bereit. Am
schwersten von Allen aber dürfte Prof. H. Wislicenus
betroffen sein, dessen Werkstatt ebenfalls ganz ausgebrannt
ist. Die Mcnge verschiedener Kartons, die theilweise, wie
das großc „Götterbacchanal", noch nicht zur Ausführung
gelangten, und sechs treffliche Bilder, deren Bollendung
nahe bevorstand, sind gleich zahlreichen Studien und Ent-
würfen untergegangen. Die auch koloristisch rühmens-
werthen Gemälde behandelten die vier Jahreszeiten, in
lebensgroßen Frauengestalten symbolisch dargestellt, für
dic Nationalgalerie in Berlin, eine gewappnete Germania
auf der Wacht am Nhein und cine große Lorelei. Un-
weit von dem Atelier von Wislicenus liegt die Dienst-
wohnung des Akademie-Jnspektors, Malers Holthausen,
welche auch zerstört wurde; doch gelang es den Be-
wohnern sich selbst zu retten, wie denn überhanpt
glücklicherweise kein Menschenleben zu beklagen ist. Die
Landschafterklasse mit den dort befindlichen Studien der
Schuler dersclben, ein Theil der Kupferstecher- und die
Bauklasse wurden gleichfalls ein Opfer der Flammen.
Dagegen konnten die werthvollen Arbeiten aus den Ateliers
der Professoren Deger, Carl Müller (Bruder von
Andreas Müller) und I. Keller bis auf einigeS Wenige
in Sicherheit gebracht werden. Auch das große Bild
„Die Grablegung Christi" von Prof. Julius Röting
hat mau gerettet, doch ist es so stark beschädigt, daß seiue
Wiedcrherstellung sehr schwierig, wenn nicht unmöglich
sein dürfte. Aus der Werlstatt des Prof. August Wittig
ist das Bedentendstc herausgeschafft worden, doch ist sein
Vcrlust an Ghpsmodellen, Formen und Abgüssen, so wie
an unbrauchbar gewordenem Marmor immerhin be-
trächtlich. Leider sind anch die vier kolossalen Neliefs,
wclche Wittig eben beendet hatte, gänzlich zerstört worden.
Dieselben gaben in schönen Medaillons die Porträts von
Naffael, Michelangclo, Dürer und Holbein wieder und
waren sür die jüngst restaurirte Nheinfayade der Akademie
bestimmt, wo sie in den nächsten Tagen angebracht werden
sollten. Ein großes Glück muß es genannt werden, daß
sich der Brand nicht auf den Saal ausdehnte,worin sich die
llreste unserer ehcmaligen Galerie befinden, unter denen die
„Himmelfahrt Mariä" von Nubens diegrößteBedeutung
hat. Man hatte dies kolossale Bild schon von der Wand
genommen, um cs nöthigenfalls fortschaffen zn können,
was aber immerhin sehr schwer gehalten haben würde, da
es auf eine starke Eichcnholzplatte gcmalt und deswegen
1805 nicht mit nach München gebracht worden ist. Eiue
werthvolle Sammlung von neuen Oelgemälden, welche
die Mitglieder des „Vereins Düsseldorfer Künstler z»
gegenseitiger Unterstützung und Hülfe" für eine denmächst
zu Gunsten desselben stattfindende Verlosung geschenkt
haben, konnte aus den Näumen des Schlosses, wo sie
einstweilen aufgestellt war, noch eben gerettet werden, ehe
dieselben vom Feuer verzehrt wurden. Der Antikensaal,
das Museum der Gypsabgüsse und die darüber befindliche
Landesbibliothek sind ebenfalls erhalten worden. Der
Hauptverlust trifft die obengenannten Historienmaler, die
aber nm so härter betroffen sind, als sich die Früchte
jahrelangen Strebens, wie Studien u. dgl., eben durch
nichts ersetzen lassen. Dabei waren deren Werke, bis
auf sehr geringe Ausnahmen, nicht versichert, sodaß sich
zu dem ideellen auch der materielle Verlust gesellt-
Doch ist gegründete Aussicht vorhanden, daß sich der
Staat znr Deckung des letzteren bereit sinden läßt, ein-
gedenk der vielen Opfer, welche die Künstlerschaft Düssel-
dorfs stets für patriotische uud philanthropische Zwecke
gebracht hat. Auch hat sich hier in der Stadt ein Komitü
von angesehenen Männern gebildet, welches dcu schwer
heimgesuchten Künstlern thätige Hülfe zu leisten bezweckt;
und selbst ans London und andern fernen Städten sind
schon Beweise aufrichtiger Theilnahme und schätzenswerthe
Anerbietungen eingelaufen, wic denn auch eine zahlreich
besuchteGeneralversammlungdesKünstler-Unterstützungs-
vereins einstimmig beschlossen hat, den geschädigten Mit-
gliedern so viel wie eben möglich beizustehen. Schwere
Verluste trafen auch deu Kunstverein für die Rheinlande
und Westfalen, desscn gesammtes Jnventar mit allen
Platten und Abdrücken seiner Prämicnblätter, sowie die
Holzstöcke der Nethel'schen Fresken ein Naub der Flam-
nien wurden. Man hat allerdings die Platte des be-
rühmten Keller'schen Stichs der Disputa im Schutt ganz
zusammengcbogen wieder aufgefunden, doch hat eine
chemische Untersnchung crgeben, daß eine Herstellung der-
selben kaum möglich sein wird, weil sie ganz verkratzt und
oxydirt ist. Glücklicher Weise befanden sich die Gelder
und Werthpapiere des Kunstvercins nicht im Sekretariat,
und der Verwaltungsrath des Vereins hat beschlossen,
seine Geschäfte nngestört fortzuführen und dieBuchführung
aus den Büchern und Korrespondenzen der Agenten mög-
lichst herzustellen.
Gegcnwärtig ist eine gerichtliche Untersuchung über
die Entstehung des Brandes eingeleitet, die wohl manche
Begehnngs- und Unterlassungssünden osfenbaren wird.
Die ausgcbrannten Umfassungsmauern der Akademie
bieten einen traurigen Anblick dar. Wir hoffen indessen
zuversichtlich, daß auch hier bald aus den Ruinen neues
Lebcn blühen werde. Moriz Vlancknrts.