Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

DOI Artikel:
Die Restaurierschule am Wiener Belvedere
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0145

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VII. Jahrgang.

Äriträgc

>>nd an vr. C.v. Liihow
(lvien, Theresianumg.
25)od.an dieBerlagsh.
(^kipsig, Königsftr. 3)
zu richten.

17. Mai

Nr. 16.

Insrrate

k 2 Szr. für die dre-
Mal gespaltene Petit-
zeile werden von seder
Buch- und Knnsthand-
lung angenommen.

1872.

Beivlatt zur Zeitschrist sür vildende Kunst.

Erscheint alle 14 Tage, für die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Kunst" g-rutis. Für sich allein bezogen kostet die Kunst-Cbronik in
allen Buch- und Kunsthandlungen, sowie bei der Post vom VII. Jahrgang an 1 Thlr. 20 Sgr.

Jnhalt: Die Restaurirschule am Wiener Belvedere. — F. v. Alten,
Aus Tischbein's Leben und Briefwechsel. — Lübke's Geschichte
der deutschen Nenaissance. — Russische Ornamentik. — Preisbe-
werbungen: Berlin, Bau des deutschen Neichstagshauses; Wien,
Medaillen für die Weltausstellung von 1873 ; London, internationale
Kunstausstellung. — Zumbusch; Eggers; Lotz. — Münchener Kunst-
verein. — GermanischeS Museum. — Das Schinkelfest deS Berliner
Arckitektenvereins. — Leihausstellung alter Bilder in Amsterdam.
— Düsseldorfer Akademie. — Kriegerdenkmal für Hanau. — Zeit-
schriften. — Berichte vom Kunstmarkt: Auktion Nv'ell Hodshon;
Auktion Gsell; Berliner Auktionen; Künstlerautographen-Auktion iu
Leipzig. — Neuigkeiten des Buck- und Kunsthandels. — Jnserate.

Die Nestanrirschule nm Wieuer Äelvedere.

Wicn, Anfang Mai 1872.

Vor vier Jahrcn haben wir unter den Ein-
richtungen, welche der damals neu ernaunte Oberstkäm-
merer, Graf Crenneville, an der seiner Obhut an-
vcrtrauteu kaiserlichen Galerie in's Leben rief, auch der
Schule für Bilderrestauration gedacht, als deren erster,
berufenster Leiter damals Direktor Erasmus Engert eiu-
gesetzt wurde. Nach Engert's Tode ist die Vorstandschaft
der Schule in die Häude des Custos Karl Schellein
übergegangen, der schon unter Engert's Direktion bei den
Restaurationsarbeiten im Belvedere erfolgreich verwendet
wurde, und unter dessen Leitung die von ihrem Gründer
mit warmer Fürsorge gehegte Anstalt sich zu allgemeiner
Anerkennung emporgearbeitet hat. Die Arbeiten der
Schule kommen nicht nur dem Belvedcre zu Statten, son-
dern auch andere hiesige und auswärtige Galerien und
zahlrciche Privatsammlungen suchen an der bewährten
Heilanstalt Genesung für ihre Schäden und Gebrechen.
Neben Schellein sind gegenwärtig noch drei tüchtig ge-
schulte Kräfte, die Herren Prem, Staudiuger und
Woska thätig; sie haben alle Hände voll zu thun, um
die dem Jnstitute zufließenden Aufträge zu erledigen.

Obwohl die Restaurirschule keinerlei Geheimmittel
anwendet, — eine Universalmedizin für kranke Bilder
giebt es bckanntlich nicht, — so kann doch ein detaillirter
Bericht über das vou Schellein angewendete Verfahren

begreiflicherweise nicht unsere Sache sein. Nur sovicl sei
zur Würdigung der in der Anstalt befolgten Grundsätze
hervorgehoben, daß dem Heilverfahren in jedem einzelnen
Fall das gewissenhafteste Studium der Malweise deS vor-
liegenden Bildes und der Art seiner Gebrechen (Sprünge,
Uebermalungen, der dabei verwendeten Bindemittel u. s. w.)
vorausgeht, und daß nach den Ergebnissen dieser Unter-
suchung die Heilmethode sich richtet. Schellein hat auf
diese Wcise die merkwürdigstcn Resultate erzielt und selbst
Bilder, die der vielerfahrene Engert für verloren erachtet
hatte, znm Leben wieder erweckt. Da der Kern der Sache
im Erhalten des Echten und im Entfernen des Falscheu
liegt — eine Aufgabe, die uur das fein gebildete Gefühl
und die erprobte Erfahruug zu lösen im Stande sind, —
so ergiebt sich von selbstdie Nothwendigkeit einer Schule,
in der diese Eigenschaften errungen werden können. Ohne
sie bleibt die Aufgabe des Nestaurators dem gefährlichen
Experementiren der Curpfuscher preisgegeben. Daß die
Anstalt am Belvedere das brüSke Dreinmalen und Drüber-
pinseln, wie es die Verrestanrirer gewöhnlichen Schlags
zu üben pflegen, entschieden pcrhorrescirt, versteht sich von
selbst. Nur wenn daS Wiederbeleben des Bindemittels
allein nicht hinreicht, um der Farbc ihre Kraft und Kon-
sistenz zurückzugeben, nur wo wirkliche Lllcken im Bilde
sind, tritt die Hand des Nestaurators ergänzend ein.

Unter den Leistungen der Schule aus jüngster Zeit
ist in erster Linie die gelungene Wiederherstellung vou
Paolo Verouese's großer „Anbetung der heil. drei
Könige" (Belvedere I, 30) hervorzuheben. Das Bild
mußte von der doppelten Leinwand, mit welcher eS uuter-
zogen war, heruntergenommen und auf neue übertragen
werden, da der alte Stoff sich von Würmcrn völlig zer-
fressen zeigte. Das ungünstige Urtheil, welches frühcr
über das Wcrk gcfällt wurde, wird jetzt weseutlich anderS
lauteu müssen, obgleich das Bild wohl in des Meisters
späterc Zeit fällt. Es stammt bekanntlich aus S. Antonio
 
Annotationen