Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

DOI Artikel:
Die Hamburger Kunstausstellung, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4814#0176

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
343

Die Hamburger Kunst-Ausstellung.

344

malt sei. Uebrigens meinen wir, daß es nicht eines
Künstlers Aufgabe sein könne, derartigen Künsteleien
seine ganze Arbeitskraft zu widmen; man bewundert diese
so wie die zahlreichen uaturwahr gemalten Früchte wohl
einmal, wendet sich aber, wenn sie wie bei Heimer-
dinger immer und immer wieder in ermüdender Mono-
tonie auftreten, gelangweilt ab. Von allen s. g. Still-
leben in der heurigen Ausstellung möchten wir nur auf
das von Budde, ausgezeichnet durch hübsches Arrange-
ment und sinnvolle Umgebung, und auf die von Frln.
Peters mit gcwohnter Virtuosität gemalten und ge-
schmackvoll arraugirten Nosen hinweisen.

Bei der Beschränktheit des Raumes muß ich mich
über die zahlreichen Landschafteu kurz fassen. Unter den
Winterlandschaften zeichnet sich I. Jakobson's Kirche
im Schnee durch gelnngene Wiedergabe der winter-
lichen Atmosphäre, der Schueedecke und des grauen Ge-
mäuers vortheilhaft aus. Eine Sommerlandschaft von
A. Mosengel, Getreide im Vordergrunde, Schnitter und
eine ländliche Behausung im Mittelgrunde, zeichnet mit
überraschender Wahrheit den in heißer Sommerschwüle
verschwindenden Hintergrund mit allmälich dichter und
schwärzer heraufziehendem Gewölk. Ein vollkommen
unverständlicher Hintergrund (zur Linken) beeinträchtigt
das im Uebrigen brav gemalle Bild von Arnz, Orti
Lnllustinni; ein Versuch desselben Künstlcrs, auf einer
Harzlandschaft (Regenstein) einen Regenbogen darzu-
stellen, ist in fast komischer Weise mißlungen. Ein an-
ziehendes Bild von südlichem Himmels- und Meeresblau,
italienischer Architektur unv Straßenscenerie cpiebt Har-
rer (Rom) in seincm Atrani; das Gemälde ist an sich
hübsch genug, um der Bemerkung im Katalog „Massa-
niello's Geburtsort" entrathen zu köniien; was kümmert
es uns, wer dort geboren? Oder würde ein schlechtes
Gemälde dadurch gcwinnen, daß es eine historisch merk-
würdige Landschast darstellt? Charakteristisch und lebendig
gelangt uns Jtalieu noch in den Bilden von Preller zr.
(Strand bei Neapel) und v. Türke (Motiv vou Capri)
zur Anschauuug. Eine Landschaft des älteren Morgen-
stern zeigt alle Eigenschaften, welche den Ruf dieses an-
spruchslosen und liebenswürdigen Meisters begründet
haben. Dagegen vermögen wir in den römischen Land-
schaften des Prof. E. Schleich keine des Künstlers wür-
digen Leistungen zu erkennen, bescheiden uns aber gerne,
daß die Schuld an uns liegen mag. Bennewitz v. Löfen
eutzückt uns durch seinen farbenfrischen, poesievollen Früh-
lingund den träumerischenZauber seines Wald-Jnterieurs;
nur ein ähnliches Werk von Hofelich in München könnte
ihm die Palme unserer Gunst streitig machen. Die baye-
rischen Seen und dic schweizerischen Berge haben so vielen,
zuni Theil schr tüchtigen Leistungen zum Vorwurf gedient,
daß es uns selber fast unbillig zu sein scheint, wenn wir
nur eine als ganz besonders gelungen bezeichnen, dic Zug-

spitze von Horst, welcher mit klarem Farbenton Licht und
Schatten, Vorder-, Mittel- und imposanten Hintergrund
zu einem harmonischen Ganzen vereiuigt. Fiedler's
Cairo, P. v. Franklin's unsern Augen leider zu früh
wieder entzogene kaukasische und Starkenborgh's west-
virginische Landschaft bringen eine erfreuliche Abwechslung
in die ewigen Berge und Seen Europa's.

Lutteroth (Villa Doria) läßt in der Farbengebung
viel zu wünschen übrig; ein breiter ziegelrother im Hinter-
grunde sich hinziehender Farbenstrich gemahut an die erste
Zeile von Heine's Loreley. Noch abenteuerlicher ist desselben
Künstlers Vesuv, ein Bild, auf dem der Maler mit großen
Spinatflecken anstatt der Bäume, einem breiten grellrothen
Streifen mit eingeschmierteu (sit venin vvrbo) weißen
Strichen (Einige vermuthen ohne genügenden Grund,
daß damit die Stadt Neapel gemeint sein solle) einem
Berge, welcher wie ein Fabrikschornstein rancht und ver-
schwenderischer Anwendung erstaunlicher und unbegreif-
licher Lichtefsekte und Tinten „bis an die äußersten
Gränzen der malerischen Möglichkeit vordringt" (Kossak).
Das alles für nur — 1200 Thlr.! Mosengel mit
seinem Sonnenblick vor dem Regen zeigt einen scharfen
Blick für die Stimmungen der Natur und verräth in
diesem wie in dem bereits früherer besprocheneu Bilde
eiue seltene Gabe für die Stimmungslandschaft. Bür-
kel's Negenwetter im oberbayerischen Dorfe ist in seiner
Art ein kleines Juwel, eine licbenswürdige Rache ver-
muthlich für eine Chicane des Wetters, die den Künstlcr
vcrhinderte, Studien im Freien zu machen. Um nicht zu
weitläufig zu werden, beschränke ich mich darauf, als
tüchtige Leistungen hervorzuheben: Hansch (Wien),
Junthal bei Kufstein und Hochalpe aus dem Zillerthal,
A. Steffan, die Jungfrau, Vollweider, Abend am
Vierwaldstätter See, Hengsbach, der Aarfall, die Land-
schaften von Vosberg in Hannover und von V. Ruths
in Hamburg; des letzteren vom Kunstverein angekaufter
Nebel im Spätherbst stört durch unnatürlich lila und
violett gefärbte Bäume; unsere Wahl wäre auf ein
anderes Bild des gut vertretenen Meisters gefallen.
Unter den Mondscheinlandschaften ist wohl eine der besten
die von Abels, welcher den bleichen Ton in seinem an-
spruchslosen Bilde vorzüglich getroffen hat. Jn anderer
Weise wird die malerische Wirkung des Mondlichtes ver-
werthet von Jakobson iu Düsseldorf, von Sommer in
seiner Küstenansicht, und ganz besonders von Kreutzer,
dessen Mondaufgang aus schweren Wolkenmassen ein
Werk von hervorragender Bedeutung ist. Die Winter-
landschaft ist zahlreich und ungewöhnlich gut vertreten;
kaum eine oder zwei sind als mißlungen zu bezeichnen;
wenu ich einer oder der andern den Preis zuerkcnnen
sollte, so würden es vielleicht die Bilder von Duntze
und Hilgers in Düsseldorf uud P. F. Peters in
Stuttgart sein; meine Lieblinge vor allen würden aber
 
Annotationen