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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 7.1872

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383

Korrespondenzen.

384

Anfray, Brion, Brillouiu, Duverger uud Gide wareu in
den anziehenvsten Leistuugen im Genre vertreten, Voltz,
Verboeckhoven, B.C- Koekkoek, Schelfhout uud Wyangaert
in Viehstücken und Landschaften.

Nur wenige Tage zuvor wurde die 84 Bilver zäh-
lende Sammluug des verstorbenen Kunstliebhabers Le
Graud Loekwood versteigert, bei welcher Gelegenheit so
manche Schätze wieder an's Tageslicht kamen, die noch
aus früheru Zeiten bei den Kunstfreunden im besteu An-
denken stehen. Zu dieseu gehörteu Hasenclever's unver-
gleichliche Weinkenuer, auS der ehemaligen Düsseldorfer
Galerie, eiue vou Bierstadt's grandioseu Landschaften,
„Die Gipfel des Iosemite", Genrebilder von Sohn,
Julius Schrader und „Der Bücherwurm" vou Spitzweg.
Feruer erfreute man sich hier au geluugeueu Darstellungeu
von Böttcher, Siegert, Dillens, Saleutiu, Kraus, Gesel-
schap, W. H. Beard, Meyer von Bremen, Carl Becker,
Julius Hübner und Plathner, Landschaften und Seestücken
von Iacobsen, August Becker, O. Achenbach, de Haas
und Herzog.

Fast gleichzeitig fand auch die Ausstellung uud der
Verkauf der Bilder statt, die von deutschen und fran-
zösischen Künstleru zum Besten der Abgebrannteu in
Chicago beigesteuert wurden. Die französische Abtheilung
war bei Weitem die zahlreichste und enthielt viele überaus
anziehende kleinere Werke der hervorragendsten Künstler,
wie Gerome, Meissonier, Horace Vernct (ein Geschenk
Goupil's), Brion, Bretou, Cabanel, Merle, E. Frore,
Duverger, Seignac, Lejeune, Gidc und Jacomiu. Unter
deu deutschen Bildern sind vorzüglich die Gaben C. Hüb-
uer's, Stammel's, Siegert's, E. A. Schmidt's, Tanner's
und Sonderland's zu erwähnen.

Bei solchem Zuflust ausländischer Kuustprodukte, zu
denen noch die stets geöffneten Ausstellungen bei Knoedler
und Schaus kommen, kann mau sich freilich nicht über die
so oft beklagte Thatsache wundern, daß die akademische
Ausstellung verhältnistmäßig nur geringen Anklang findet.
Nur wenige unter den hiesigen Küustlern könuen sich mit
den europäischcn überhaupt messen, uud uuter diesen
wenigeu zieht es uoch maucher vor, seine Hauptbilder in
andern Räumen auszustellen, z. B. Church, der, ob-
gleich selbst Mitglied der Akademie, sich's zum Gesctz ge-
macht zu haben scheint, sich dort bloß in seinen unbedeu-
tendsten Arbeiten zu zeigen und diesmal uur eine Studie
„Bambusstcngel" geliefcrt hat, die niemandeu im min-
desten ansprechen kann, denn es siud wirklich nur Stengel
im buchstäblichen Sinn, da nur der untere Theil der
Pflanze, aber nicht die Kronen gegeben sind. Trotzdem
zeichnet sich die diesjährige Frühlingsausstelluug vortheil-
haft vor ihren Vorgängerinnen aus und zeigt namentlich
eine größere Anzahl anziehender Genrebilder als in
früherer Zeit, wo die Landschaft und das Porträt fast
ausschließlichvtrtreten waren. Eastman Iohnson stellte

eine seiner besten Leistungen aus: „Der verwundete
Tambour", eine Neminiscenz aus dem Nebellenkrieg.
Der Tambour, noch ein Knabe, der einen Schuß in's Bein
erhalten hatte, wurde, nachdem die Wunde verbunden
worden, auf sein Verlangen von einem Soldaten auf die
Schulter geuonimen, uud verrichtete auf diese Weise sein
Amt, bis die Schlacht gewonnen war. Rechts wird ein
Sterbender von seinen Gefährteu fortgetrageu, und auf
der Linken erblickt man einen Verwundeten, der in stum-
mem Schmerz die neben ihm liegende Leiche eines Jüug-
lings, wahrscheinlich seines Sohues, betrachtet. Der
Hintergrund ist von dem Staub und Rauch der uoch to-
benden Schlacht erfüllt. Das Bild zeigt alle Vorzüge
Johnson's in der Zeichnung und der ergreifeuden Wahr-
heit des Ausdrucks. Die Aufmerksamkeit des Beschauers
wird beim ersten Anblick nur vou der Hauptgruppe in
Anspruch genommen, der sich die andern beiden gcbührend
unterordnen, indem sie zugleich beitragen, die Situation
schlagend zu verauschaulichen. Zwei Darstellungen neueng-
lischen Landlebens von E.W.Perry finden ebensalls leb-
hafteAnerkennung. Auf dem einen erblickt man eiue Familie
eifrig beschäftigt mit den Vorbereitungen zu dem jährlichen
Danksagungsfest, welches hauptsächlich durch große Fami-
lienmahlzeiten gefeiert wird. Das Bild ist fleißig aus-
geführt und würde noch mehr Lob verdienen, wenn die
Gesichter etwas weniger leblos wären. Dieser Mangel
ist um so auffallender, als er keineswegs aus Unfähigkeit
entspringt, wie das Seitenstück beweist, welches unter dem
Titel „tulliinA' it over" zwei Nankeefarmer vorführt, die
in einer Scheune behaglich irgend einen wichtigen Plan,
etwa eine große Vcrbesserung oder einen Verkauf be-
sprechen. Ein ächt neu-englischer Typus ist darin mit
frischer Lebendigkeit und Wahrheit wiedergegeheu. Der
begabte Thiermaler James H. Beard stellt „DieWittwe"
aus, eine Terrierhündin, welche mit wahrhaft rührender
Trauer das vor ihr liegende Halsband ihres Gefährten
betrachtet, während ihr Söhuchen, das noch zu jung ist,
um den Verlust in seinem volleu Umfange zu empfinden,
ruhig neben ihr auf einem Kissen schläft. Der Ausdruck
des Schmerzes ist mit höchster Wahrheit wiedergegeben,
ohue darum der Eigenthümlichkeit des Thieres im min-
desten zu nahe zu treten. W. H. Bcard liefert ein Bild
von Dickens inmitteu Ler von ihm geschaffenen Gestalten,
von denen jedoch uur diejenigen dargestellt sind, welche
zur Karrikatur hinneigen, die noch obendrein gesteigert ist;
nichts als unerfreuliche Häßlichkeit, zu der noch eine auf-
fallend harte und dürftige Farbe kommt. I. G. Brown
hat wie gewöhulich aumuthige Darstellungen von Kiu-
dern beigetragen. Porträts sind in großer Zahl vor-
handen, untcr denen sich die Wcrke von Huntington,
Anies, Littlefield und Stone durch frische Wirklichkeit
und sorgsame Ansführung hervorihun. Drei Porträts
von William Page sind so starr und leblos, so gesucht
 
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