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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Vom Christmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0063

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115

Vom Cbristmarkt. I.

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Baron v. Roberts (Robert Alexander) und Alexander ?
Zick." In achtzehn, von Franz Hanfstängl nach den
Originalzeichnnngen hergestellten Photographien entrollt
sich vor dem Beschauer in sinniger Answahl ein Chklus
der Hauptmoniente des gewaltigen Kampfes, nicht in
objektiver historischer Reihenfolge der Ereignisse, sondern
mit Hervorhebung der subjektiven Erscheinungen, die er in
dem Leben der verschiedensten Kreise des Volkes hervor-
gerufen. Wir konnen diesen Gedanken, nicht minder die
Ansführung, die ihm zu Theil geworden, nur aufs höchste
billigen. Historische oder historisirende Bilder der ver-
schiedenen Kriegsscenen, massenhaften wie individnellen,
in der idealen wie in der realen Gattung, giebt es ja die

für wahre Leidenschaft zu geben. Jm Allgemeinen zeigt
sich, daß diese Darstellungsweise da zu den erfreulichsten
Ergebnissen führt, wo sie mit rein realistischen Mitteln
in unreflektirter Weise wahrhaft künstlerische, d. h. ideale
Resultate erzielt. Deßhalb möchten wir die Zeichnungen
Nr. II, V nnd XV für die gelungensten halten; in ihnen
erklärt sich Alles von selbst, nirgend sentimentale Rührung,
sondern natürliches Gefühl, und überall sieht man, auch
in dem individuellen Ausdruck der Gesichter, daß immer
aus dem Leben geschöpft worden ist; auch die mehr
neckischen und humoristischen Sujets, wie der eine straßburger
Schönheit annektirende Soldat, die kleinen Charpiezupfe-
rinnen und „Smollis" sind nicht übel gedacht, obgleich

Au-s Fechner's „Der deutsch-franzv'sische Krieg."

Hülle und Fülle, so daß es für den Künstler schwer wird,
mit etwas Neuem, Packendem vder wenigstens vom schon
Dagewesenen Abweichendem in dieser Gattung aufzutreten.
Dagegen war es ein glücklicher, bis jetzt nur in einzelnen
Kunstwerken zur Ausführung gebrachter Gedanke, in einer
Reihe bald genreartiger, bald im höheren Stile gehal-
tener Zeichnungen die Eindrücke und Stimmungen, die
Bestrebungen, Gemüthsbewegungen und Zustände zu
versinnlichen, zu deuen der letzte Krieg Veranlassung gege-
ben. Wir möchten dieß im Gegensatze zu der bis jetzt
vorwaltenden gezeichneten Epik, eine gezeichnete Lyrik
nennen, die jedenfalls den Vorzug hat, uns imnier etwas
Empfundenes, nie etwas Todtes zn bieten, wenn sie auch
andererseits freilich der Klippe nicht entgeht, niitunter er-
künstelte Empfindung für ächte und rhetorisches Pathos

die gestaltende Ausführung hier etwas hinter derjpoetischen
Absicht zurückbleibt; dies gilt noch mehr von den rührenden
und ideal-poetischen Vorwürfen. Am wenigsten konnten
wir begreifen, wie auf das sonst gut erfundene und ge-
zeichnete Bild: „Liebesgabe" ein ganz nach französischer
Affenweise aufgeputzter Backfisch, noch dazu mit der „ver-
kehrten Front" sich präsentirend, als Hauptfigur kommt.
Soll das einmal eine deutsche Jungfrau werden? Wir
bezweifeln es; eher hätte sie ihrem Aufputz nach Anlage
zu einer französischen Cocotte. Das Technische der Zeich-
nungen anlangend, sowie die photographische Wiedergabe,
verdienen beide das unbedingteste Lob. Auch die jedes
Bild umrahmeuden Arabesken, Figuren rc. zeichuen sich
ebenso durch künstlerische Erfindung wie geschmackvolle
Ausführung aus.
 
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