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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Vermischte Nachrichten.

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selben besten Falls nur mehr oder minder ausqeführte Skizzen
sind. eine Manier die namenttich hier aus nahe liegenden
Gründen vielfache Nachahmung findet. Als die bedeutendsten
Arbeiten möchte ich nächst dem „Männlichen Bildniß" von
Ribot die Landschaften des alteren Daubigny und
Diaz bezeichnen. Ribot's beide Bilder, — außer dem er-
wähnten noch ein „Mädchen mit einem Hunde" — zeugen von
tiefem Studium der alten, besonders der spanischen Meister.
Der Hauptvorzug der Landschaft von Daubigny xore lag in
außerordentlicher Klarhcit des Kolorits, jenes der in ihren
Linien einfachsten Landschaft von Diaz in der festen Zeich-
nung nnd kräftigen Pinselführung. Sein vorzüglichstes Streben
ist auf die täuschende Darstellung von Luft- und Lichteffekten
gerichtet. Von Corot sahen wir zwei seiner fast nur Grau
in Grau gemalten Bilder, denen sich dichterische Stimmnng
nicht absprechen läßt, wenn ihm anch die Form fast gar keinen
Werth zu haben scheint. Franyois wollte poelisch werden,
brachte es aber nur bis zum Süßlichen. Daubigny d. I.
Abendstimmung leidet an einer unangenehmen Schwere des
Kolorits, was auch von Durand-Prager gilt, dessen
Wasser noch kompakter erscheint als seine Erde. Brendel's
Schafheerde gehört mit zum Besten, was ich von diesem reich-
begabten deutschen Künstler sah, der sich wie der Frankfurter
Schreyer nach französischcn Mustern bildete. Ein Blick auf
das Bild genügt, um sich zu überzeugen, daß er in der letzten
Zeit nicht vergeblich nach größerer Selbständigkeit gerungen
hat und im Begriffe steht sich der Fesseln zu entledigen,
welche ihm die Sucht nach Fremdem und Neuem angelegt.
Schreyer producirt viel und kommt dabei nirgends über
den Charakter flüchtiger Skizzen hinaus, die freilich breit und
efsektvoll behandelt sind und darum Viele bestechen. Bon dem
hypersentimentalen und dazu kläglich verzeichneten „Liebespaar
im Walde" von Chifflart ist es wohl am besten ganz zu
schweigen, und so kommen wir anf nnsere hiesigen Künstler zu
sprechen. — E. Sjoung's „Hochzeitzug auf der Alm" machte
viel von sich reden, zum Theil wohl wegen der ungewöhnlich
großen Maßverhältnisse. Jch verkenne auch dessen mannichfache
Vorzllge, namentlich den Reichthum an kllnstlerischen Moliven
nicht, kann ihm auch trotz allem Realismus der Durchbildung
Poeste nicht absprechen, aber ich fühlte mich dort und da
allzusehr an die Modelle des Künstlers erinnert und fand
Manches im Kostüm und Ausdruck „gar zu schön". Als ganz
treffliche Arbeit ist der Studienkopf Munkacsy's zu seinem
bekannlen Bilde „Die letzten Stunden eines Verurtheilten" zu
rechnen, in welchem alles Theatralische glijcklich vermieden ist,
obwohl es nahs genug lag. Von packenver Charakteristik war
H. Kauffmann's „Pferdehandel". Lindenschmit's „Scene
ans den Lustigen Weibern von Windsor" kann nicht so hoch
gesteüt werden wie seine früberen Bilder, namentlich sein
„Hutten", besonders deshalb, weil der Kllnstler sich dem Ge-
danken des Dichters nicht untergeordnet hat, denn in der von
Lindcnschmit dem Falstaff gegebenen Verkleidung müßte man
ihn auf den ersten Blick erkannt haben. Auch ist das Bild
nicht frei von Zeichnnngsverstößen, aber von sehr schöner
Farbenwirkung. G. Schneider, einer unsrer besten Kolo-
risten, brachte ein ziemlich umfangreiches Bild, dessen Jnhalt
stch nur errathen. läßt. Die Haupt- und zugleich leidende
Person ist ein Hofnarr, der von einer sehr gemischten Gesell-
schaft für irgend einen Streich durch leichte Schläge bestraft
wird. Komposition und Zeichnung lassen so manchen wohl-
berechtigten Wunsch übrig; offenbar war es dem Äünstler nur
um ein brillantes Farbenbouquet zu thun, und das hat er
auch erreicht. — Seit einiger Zeit ist es in gewissen Künsller-
kreisen hier üblich geworden, Skizzen in des Wortes ver-
wegenster Bedeutung öffentlich auszustellen. Leider machte ein
so talentvoller Maler wie Leibl den Anfang mit biesec Unsitte
und fand bald Nachtreter, die ihre respektiven Leistungcn für
höchst genial und geistreich halten, weit große Farbenklexe un-
vermittelt neben und aufeinander sitzen. So hat auch Dn-
waneck, ein sonst begabter Schüler des Prof. W. Dietz, ein
paar derarlige Porträts zur Ausstellung gebracht, welche die
einzelnen Formen in Haupt- und Nebensachen so wcnig er-
kennen lassen, daß man z. B. nicht weiß, wo ein Rockärmel
anfängt und cine Stuhllehne aufhört, davon ganz zu schweigen,
daß es im Gesicht nicht viel besser aussieht. Möglich vaß
Andre anders denken; mir sür meinen Theil kommt es wie eine
Geringschätzung des Publikums vor, solche Dinge auszustellen.

Was würde man wohl sagen, wenn es Stecher und Radirer
oder gar Plastiker ebenso machten nnd die Einen Abdrücke von
Platten mit ein paar nur halb kenntlichen Slrichen, die Andern
halb formlose Thonklumpen in die Ausstellung schickten? —
Auch die beiden Achenbach's waren vertreten. Andreas
Achenbach mir einer Prächtigen „Mühle", einem Werke das
allein dem Meister die Unsterblichkeit sicherte, so trefflich hat
er es verstanden, den an sich einfachen Stoff anzuordnen und
mittels klarer Linien und Massen, nicht minder durch köstliche
Farbe, welche bis in's Kleinste jede Eigenthümlichkeit eines
Regenschauers und des stch brausend in ven Teich stürzenden
Baches wiedergibt, auf den Beschauer zu wirken. Wahrhaflig,
selbst Ruysdael brauchte sich des Bildes nicht zu schämen.
Osw. Achenbach seinerseils führte uns nach dem Süden.
Es ist der „Friedhof der Fremden" in Rom, den er uns in
großartiger Sonnenwirkung vorführt, die allerdings für den,
welcher den farbenreichen Himmel Jtaliens nicht kennt, etwas
Befremdliches haben mag. Backhuizen's „Ansicht von Scheve-
ningen" leidet durch einen einförmigen Vorgrund, verdient
aber namentlich der trefflichen Sonnenwirkung halber alles Lob.

(Schluß folgt.)

Gesellschaft für vervielfält. Kunst. Unserer heutigen
Nummer liegt No. 2 der „Mittheilungen" dieser Gesellschaft,
außerdem eine Einladung zum Beitritt auf einem besonderen
Blatte bei, welches zum Zweck der Einseudung auf der Rück-
seite mit der Adresse der Gesellschaft verseben ist.

Vermischte Nachrichten.

V. Dcr Nialer und Kupferstecher I. A. Klein feierte
am 24. Rovember in München seinen achtzigsten Gebnrtstag.
Älein, 1792 in Nllrnberg geboren, doch seit Zahren in Mün-
chen wohnend, hat sich durch seine meisterhasten Radirungen
im Thierfache nicht nur die ungetheilte Anerkennung seiner
Zeitgenossen erworben, sondern sich auch eine würdige Stelle
iii seiner Kunst für alle Zeit gesichert. Unermüdet, wie sein
ganzes Leben hindurch, hat der greise Künstler noch immer nicht
den Pinsel weggelegt. Eine Reihe von Zeichnungen aus früherer
Zeit, Ler Sammlung des Herrn Kaufmann Arnold in Nürn-
berg angehörend, und im Münchener Künstvereiu ausgestelll,
geben das schönste Zeugniß von den Leistungen des Meisters.
Schon vor 10 Jahren feierten die Münchener Künstler nebst
seinen Nürnberger Freunden den siebzigsten Geburlstag Klein's
in geselligem Kreise; für dießmal erlaubten die hohen Jahre
des Jubilars keme ähnliche Feier. Es begab sich daher eine
Deputation der Münchner Krmstgenossen am Morgen in dessen
Wohnung, um ihrem Nestor ihre Glückwünsche zu bringen.
Neben einer reichen Ehrengabe wurde dem Künstler am Ziele
seiner Arbeit und früchtereichen Laufbahn der wohlverdiente
Lorbeer, begleitet von einem Gedichte von Fr. Wagner, über-
reicht. Schon Tags zuvor hatte der König dem Meister Klein
die goldene Medaille für Künst und Wissenschaft verliehen,
eine Auszeichnung, die ihm von Abgeordneten der Akademie der
Künste überbracht wurde, nebst dem Glückwunschschreiben der
Akademie und dcr Mittheilung, daß sein bisheriger Gehalt
als Staatspensionär nach königl. Verfügung auf das Doppelte
erhöht werde. Von seiner Vaterstadr Nürnberg ward durch
dessen Vorstände dem Gefeierten schriftlich die schmeichelhafte
Theilnahme an seinem Feste ausgesprochen, von dem Albrecht-
Dürer Verein in Nürnberg demselben eine schöne Ehrengabe
und von der dortigen Künstlerklause ein glückwünschendes
Telegramm gesandt. Von der Anerkennung des Meisters auch
in weitern Kreisen zeugl, daß ihn das freie deutsche Hochstift
in Frankfurt a. M. zu seinem Ehrenmitgliede und Meister er-
nannte. Auch der Borstand der deutschen Kunftgenossenschaft
in Wien, fowie die dortige Künstlergenossenschaft, welche Klein
zum Ehrenmitgliede ernannte, ferner die Künstlerschaft Berlins
und die Äunstgenossen Stuttgarts hatten ihre Theilnahme
durch Schreiben und Telegramme kundgegeben. Der würdige
Meister nahm diese reichen Beweise allgemeiner Achtung und
Aiierkennung in gewohnter Bescheidenheit und mit gerührtem
Herzen hin und freule sich mit den Seinen des glücklichen
Tages.

6. Laver Steifensand in Düsseldorf hat nach mehr-
jähriger Arbeit seinen großen Küpferslich nach Paolo Veronese's
„Anbetung der heiligen drei Könige" nunmehr vollendet und
damit ein vortreffliches Blatt von gediegenem Werth geschaffen,
welches alle seine bisherigen Arbeiten ribertrifft.

Redigirt unler Verantwortlichkeit des Verlegers E. Ä. Keemmm. — Druck von C. Grumbach in Leipzig.
 
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