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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Guttenberg, G.: Der Salon von 1872, [4]
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207

Der Salon von 1872. IV.

208

San Germano) nnd „IIns rns äs 8nn Osrwano",
welche bis auf die Trockenheit der Farbe trefflich ausge-
führt wird, eine zweite Medaille.

Marinebilder waren sehr spärlich vertreten und sind
nur zn erwähnen: Mesdag: „Abfahrt derSchifferbarken
vonScheveningen" und „Scheveningen, Abendstimmung",
zwei Bilder, die in Lichteffekt, Perspektive und Komposition,
Achenbach's Marinen ausgenommen, wenig ihresgleichen
unter den modernen Marinebildern finden diirften; Emil
Louis Vernier zwei „Meeransichten von Uport aus";
Felix Thomas „Küste von Pornic, beim Beginn der
Fluth"; Guillaumet „Ebbe."

Van Marcke, der tüchtige Trohon-Schüler, hat.im
Thale Arcachon ein dankbares Stück Landschaft gefunden,
bevölkert von einerKuhheerde; diesemUmstande verdankte
der Salon sein bestes Thierbild; das große Gemälde ist
lebendig und kühn entworfen und gemalt, dem tiefen,
warmen Kolorit zu Liebe sind aber die Thiere fast alle ein
bischen brandig geworden. Wie eine trefflich gelungene
Troyon-Kopie sieht sich Hermann Lson's (Schüler des
P. Rousseau) „Rsluis cls lu slmsss" aus; ein Junge iu
blauer Blouse lehnt an einem Bamne und hält zwei ge-
koppelte prächtige Jagdhunde. Madame Iuliette Peyrol-
Bonheur hatte ein excellentes Schafbildcheu geliefert,
welches dennoch keinen Ersatz für das Wegbleiben Rosa
Bonheur's bieten konnte. Madame Louise Lalande
brachte zwei gute Hundeköpfe auf einem Bilde, John
Lewis Brown excellirte mit einem trefflichen Huudestück:
„Luräs äs oliiens oourants"; auch I. R. Goubie:
„Oss llonnsnrs äu pisä" (Jagdstück) und „Loeuk ponr
?ur!s" (Pferd und Esel) erwies sich als geschickterThier-
maler; kleine, fein durchgezeichnete, lebendige Jagdstücke,
auch von frischem Kolorit, lieferte Jean Victor Albert
de Gesne: „Hslluli oourunt", Hulluli par tsrrs" und
George Gassies: „i?orst äö Houtuinödlssu"; eiu
größeres interessantes Jagdstück: „Oimsseurs äö ls
Oumursuö" rührte von Paul Vayson her. Jules
Iacques Veyrassat zeigte sich in seinen zwei Bildern:
„Schiffzug" und „Dorfschmiede" als ebenso tüchtiger
Pferdemaler wie Landschaftsr; Otto von Thoren's
„8olituäö", ein einsamer Hirsch im dämmernden Walde,
steht nichi auf der Höhe der meisten bekannteu Bilder
dieses Künstlers. Jean Maxime Claude ist der Autor
eines äußerst reizenden Thier-Genrebildchens: „iO'snti-
ekumdrs." Zwei Doggen wurden von eineni Besuche
im Vorzimmer zurückgelassen und machen an der Thüre
Anstrengungen, in den Salon hinein zu gelangen. Das
Bildchen ist mit Meissonier'scher Accuratesse und Feinheit
durchgeführt; ein zweites, ebenfalls gutes Bildchen des-
selben Malers ist das „8ouvönir äs Rottsn Oovv", eine
Park-Allee, in welcher eine Cavalcade von Damen und
Herren herangesprengt kommt. Humor und sehr sörg-
fältige Durchführung zeigen zwei Bilder von Louis Eugsne

Lambert: „Oonvoitiss", ein paar Hunde und Katzen,
welche mit großer Lüsternheit den Duft einer im Braten-
wender sich drehenden Gans aufschnüffeln; das begehr-
lichste Hüudchen schuuppert auch schon so nahe an dem
köstlichen Braten, daß ihm der heiße Bratenwender bald
ein Deukzeichen auf die Näse brennen wird; dauu:
„Orunäsnr ääolmö", ein wildblickender Tigerkopf mit
weit geöffnetem Rachen und grimmig fletschenden Zähnen
dräut uns entgegen, aber er gehört keinem gefährlichen
Ungethüm mehr an, sondern einem eleganten Fußteppich
und junge Katzen zupfen die gefallene Größe bei den
Ohren und verstecken sich in seinem Rachen.

Bei den Stillleben, den Blumenstücken, der„Xuturö
niortö" konnte mau vor Allem bemerken, daß auch in
diesem Gebiete zur Zeit die koloristischen Principien
allen anderen vorangestellt werden, daß gegenwärtig das
Bestreben der Künstler weniger daranf gerichtet ist, jedes
Blättchen und jedes Tröpfchen, jedes Härchen und jeden
Fadeu mit peinlicher Sorgfalt nachzutifteln als vielmehr
eine koloristische Stimmung und HarNtonie hineinzubriu-
gen; in diesem Sinne sind Philipp Rousseau's Blumen-
stück und Fruchtstück, Johanny Maisiat's frisches
uud reiche^Blumenstück in Form eines Landschaftsvorder-
grundes; zwei Blumenstücke: „Frühling" und „Winter"
von Eugsn Bidon und ein Blumen- und Fruchtstück
von Bkadame Escallier gehalten. Desgoffe hat mit
brillanter Technik eine Zusatnmenstellung von Antiquitä-
ten aus Lem Louvre gemalt.

Die Aquarellmalerei bildete einen wenig bedeu-
tenden Annex zur Oelgemälde-Ausstellung und bot nicht
ein einziges Blatt, welches man ein künstlerisches Meister-
werk hätte nennen können, trug vielmehr deu Charakter
einer Sammlung von Skizzen und Studien. Der Boll-
ständigkeit und Gewisseuhaftigkeit wegen führe ich hier
diejenigen Künstler an, deren Aquarelle Geschick und Ber-
ständniß in der Wahl und Behandlung der Wasserfarben
bekundeten und sich durch gewandte Technik und glückliche
Effekte hervorthaten. Pierre Paul Martin, Gustav
Proche uud Dartein haben reizende Landschaftsmotive
koloristisch behandelt; Eugsne Baugnies und Jos. G.
Tourny brachten die besten Aquarell-Porträts, Berne-
Bellecour (der Maler des früher besprochenen treff-
lichen Bildes „On oouxi äs onnon") bewies durch ein
reizendes Genrestück, daß er mit den Wassersarben fast
ebenso gut umgehen könne wie mit den Oelfarben; Olivier
de Penne war mit zwei trefflicheu Hundebildern verlreten,
Madame Nathaniel Baronne de Rothschild bewies
durch ein sehr sauber durchgezeichnetes Architekturstück
und einige prächtig gelungene Zwiebeln, daß sie ihre Muße
stunden nützlicher, zum mindesten geistreicher veiwerthet
als manche ihrer Millionär - Kolleginnen. Von den
Pastell- und Bleistiftzeichnungeu sind hervorzuheben:
Theodore Gndin: Marine. Alexander B ida: Biblische
 
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