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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

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Guttenberg, G.: Der Salon von 1872, [5]
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257

Der Salon von l872 V.

258

Der Salon vsn 1872.
v.

Jnteressanter und der Beachtung würdiger waren die
ausgestellten Proben der vervielfältigenden Kunst;
die vielen trefflichen Blätter, in welchen namentlich die
Kupfer-Radirung vertreten war, gaben den Befürchtungen,
daß die Photographie die alten mühsamen, aber zu einem
besonderen, hochgeachteten Kunstzweige gewordenen Arten
der Bervielfältigung verdrängen werde, ein beredtes
Dementi; die sich sichtlich mehrende Anzahl der Künstler,
welche sich mit Eifer und rastlosem Fleiße in Len ver-
schiedenen Manierender vcrvielfältigendenKunstversuchen,
scheint vielmehr auf ein Wieder-Emporblühen der letzteren
hinzudeuten. Ein Vergleich der Arbeiten auf diesem Gebiete
zwischen den Künstlern der verschiedenen Nationen, war
auf dem Platze nicht anzustellen, da trotz der Jnter-
nationalitätderAusstellung nurFranzosen vertreten waren;
es bedarf aber keiner Erwähnung, daß die letzteren im
Gebiete dcs Holzschnittes an Verve, Kraft und Sicherheit
mit den Engländern nicht konkurriren können; in Bezug auf
Deutschland glaube ich sagen zu dürfen, daß die besten
deutschen Kupferstecher und Holzschneider es mit den
Franzosen wohl aufnehmen können, daß aber Frankreich
viel mehr tüchtige und gewandte Künstler dieser Kunstzweige
besitzt als Deutschland.

Mit besondererVorliebewendetmansichderRadirung
zu, welche ein ziemlich rasches und freies Vorgehen zuläßt,
und mit welcher man bei einiger Gewandtheit reizvolle
malerische Effekte erzielen kann. Jules Jacquemart
hatte entschieden die besten „biuux kortss" ausgestellt,
10 Blätter nach Bildern des Museums in New Nork.
Jacquemart hat es zu einer solchen Geschicklichkeit der
Hand und zu solcher Praktik in der Behandlung seiner
Kupferplatten gebracht, daß er sich jedem Meistergewisser-
maßen anschmiegen kann, daß es ihm wie nur Wenigen
gelingt, nebst dem Gegenstande auch die Farbenwirkung
und die technischen Eigenthümlichkeiten des Originals in
der Reprodnction zurErscheinungzubringen. Auch Friedrich
Aug. Laguillermie hat die malerische Seite der Radirung
herausgefunden und sie glücklich benützt, um einen Ribera
und einen Velazquez (zwei Zwerge) charakteristisch zu repro-
duciren. Le Rat führt einen äußerst geschickten Griffel und
bewahrt seine Sicherheit und Eleganz in den kleinsten Dimen-
sionen; Meissonier mag ihm daher gerne die Reproduktion
seiner Bilder anvertrauen; die beiden Bildchen des letzteren:
„I^es jouour» äs oartss" und ,,I-s jousur äs Mts"
hat Le Rat reizend wiedergegebeu. Paul Adolphe Rajon
hat sich verschiedene Meister zur Jnterpretation mit der
Radirnadel ausgesucht: Rubens, Ban Dyck, Gainsbo-
rough, Watteau und H. Regnault; die BlLtter nach Rubens
und nach Watleau sind ihm am besten gelungen. Edmond
Hedouin brachte fünf sorgfältig und gewissenhaft aus-

geführtePortraits, LeonGaucherel sechs flott undgenial
hingeworfene Schauspielerköpfe; Felix Braquemond
hat sechzehn so reizende Radirungen zu einer neuen Aus-
gabe von Rabelais geliefert, daß man wünscht, es möchten
diese künstlerischen Zuthaten zu den Werken der Unter-
Haltungs-Literatur wieder in die Mode kommen. Alfred
Alex. Delaunay und Maxime Lalanne haben sich mit
Glück in Landschaften, Rochebrune und Brunet-De-
haines in Architekturen versucht.

Unter den Stichen war Martinet's „Maria mit
der Nelke" nach Raffael das bemerkenswertheste Blatt;
dasselbe wurde für die „Losickttz krautzuiss cks Aravurs"
ausgeführt und ist durch die Empfindung und Präcifion,
mit welcher das Original wiedergegeben ist, zugleich ein
Lob für den Künstler und ein Lohn für die Gesell-
schaft, welche in so anerkennenswerther Weise die Kunst
unterstützt und die Durchführung solcher Werke möglich
macht. Jean Bapt. Danguin hat ein Frauenportrait
nach Rembrandt gestochen und hat cs verstanden, diesem
Meister in die tiefsten Geheimnisse seines Helldunkels
zu folgen. Robert Flameng hatte sechs recht ge-
lungene kleine Blätter nach Rembrandt, Duran, Toul-
mouche und Munkacsy ausgestellt. Emile Rousseaux
hat für die obenerwähnte Gesellschaft zwei Stiche, einen nach
Correggio (Die Poesie, der Ruhm und die Anerkennung;
Fragment) und einen nach P. Delaroche (Uurt^rs sllrck-
tisnns) mit großer Fertigkeit ausgeführt, doch stehen diese
Blätter hinter dem Stiche Martinet's zurück. Mit großer
Geschicklichkeit und feinstem Gefühle handhabt Gail-
lard seinen Stichel; seine „Heilige Jungfrau" nach Bot-
ticelli konnte nicht vollständiger im Sinne des Meisters und
seine Dante-Büste nicht plastischer wiedergegeben werden;
eine äußerst graciöse Technik erhöht den Werth der beiden
Blätter. Jhrer sauberen Ansführung wegen verdienen noch
ein Stich von August Blanchard nach Francia und zwei
Blätter von Bertinet nach Bougereau erwähnt zu werden.

Die Holzschneidekunst zählte weniger bemerkenswerthe
Vertreter. Aon hatte fünf nette Bildchen nach eigenen
Zeichnungen geliefert; Madame Duvivier hat eine er-
staunliche Geschicklichkeit an einemPortrait nach Rembrandt
entwickelt, ohne dem Beschauer die Ueberzeugung nehmen
zu köunen, daß sich das Bild für den Holzschnitt nicht
eignet; Mademoiselle Boetzel wählte sich ein passenderes
Object, eine Landschaft von guter Wirkung, aber auch sie
verkennt die eigentlicke Aufgabe des Holzschnittes; sie zer-
fasert ihr Material, anstatt durch schlichte, ruhige, sicher
geführte Linien und Contouren zu wirken. Nennen wir
noch Bertrand, welcher mehrereJllustrationenzuGuizot's
Geschichte Frankreichs, und Barbant, welcher eine
Zeichnung für das Werk „Us iour än monäs" in Holz
geschnitten hat, so sind wir mit den erwähnenswerthen
Blättern, in welchen diese Kunstart im Salon repräsen-
tirt war, zu Ende. (Schluß folgt.)
 
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