Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 8.1873

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4815#0143

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
275

Kunstgeschichtliches.

276

Folge der einfachsten Gesetze der Jdeenassociation, die
auf das nasse Element hinwiesen, als vielmehr deshalb,
weil die sich ergebenden allegoriichen Sockelfiguren sich
vortrefslich zu Brunnenzwecken verwerthen ließen. Ein-
fach und anspruchslos, dabei jedoch nicht der Monumen-
talität entrathend, ist der als Brunnen gedachte Entwurf:
„Lissa-Helgoland;" aber die Gunst, die der edle Aufbau
des Sockels sich erringt, erstreckt sich nicht auch auf die
unglücklich gerathene Statue selbst, die allerdings wohl
Charakter hat, nur nicht den entsprechenden. Ueber-
aus reich und malerisch in der Wirkung ist der Ent-
wurf „Zur Ehre Oesterreichs." Der Sockel ist für
sich, mit seinen Säulenstellungen, mit den allegorischen
Gruppen und den phantastischen Seeungeheuern ein
dekoratives Meisterstück; aber wieder ist es die Haupt-
figur selbst, bei welcher die reich sprudelnde Erfindnngs-
gabe den Künstler im Stiche gelassen hat: der Seeheld
leidet Schiffbruch. Bei den meisten Entwürfen besteht
ein Riß zwischen Sockel und Statue. Ersteren zieren
allegorische Figuren, fabelhafte Wesen mit grottesken Lei-
bern, während letztere ein mehr oder minder realistisch
gefaßtes Porträt eines Mannes vorstellt, den wir noch
unter uns wandeln gesehen haben, und den wir nun nur
mit gemischten Empfindungen in so wunderlicher Gesell-
schaft erblicken können. Da heißt es mit immer anderen
Begriffen manipuliren und andere Gesichtspunkte wählen,
je nachdem der Sockel oder die Statue betrachtet wird,
wenn anders das Mißverhältniß nicht ein zu schreiendes
werden soll. Rühmten wir es an Schilling's Statue, daß
sie die ganze Wesenheit des dargestellten Mannes wieder-
gebe, so können wir dieses Lob nur sehr wenigen von den
ausgestellten Entwürfen der Tegetthoffstatue nachsagen.
Die meisten derselben würden sich mit eben demselben und
mit mehr Recht für die Statue eines Staatsmannes, eines
Redners oder überhaupt eines Generals eignen. Nur in
einem Entwurfe „Lissa 11" ist Tegetthoff selbst erfaßt,
und das mit derbem kräftigem Griff. Jn seinen Mantel
gehüllt, die Arme verschränkt, steht er, ein wahrer See-
mann, breitspurig und festgewurzelt da. Die ganze Ge-
stalt drückt Entschiedenheit, Festigkeit und Energie aus,
der Mann war es im Stande, feindlichen Kriegsschiffen
an den Leib zu rücken, um sie mit furchtbarem Stoße in
den Grund zu bohren. Den wird Niemand für einen
schönredenden Diplomaten halten, das ist der Mann der
wortkargen, aber durchgreifenden That. Der Sockel ist
einfach, vielleicht zu einfach; indessen gehören die vier
gewaltigen, von michelangelesker Kraft und Großartig-
keit zeugenden männlichen Figuren zu dem Jmponirendsten
auf dem Felde der modernen Plastik. Nicht von Michel-
angelv angelerntes Räuspern ist dieser mächtige Zug und
geniale Schwung der Figuren, das ist eigene Urkraft, die
hier in die Erscheinung dringt und Respekt vor sich ein-
flößt. Wahlverwandt mit diesem ist ein anderer Entwurf:

„b'ortss lortunn acffnvnt", doch muß er zurückstehen
gegen den vorhergenannten. Zwar sind auch hier die
Sockelfiguren, die an dem zweiten Projekte stehend erschei-
nen, während sie auf dem ersteren sitzen, von hoher
Schönheit; allein die Figur Tegetthoff's, der, mit ge-
spreizten Beinen, beide Hände auf sein Schwert stützend,
dargestellt ist, läßt zu sehr die Noblesse vermissen. Be-
sonders prunkhafte Projekte haben einige französische
Künstler eingesendet, gerade diese haben sich mit Vorliebe
der Jdee der oolnmnn rostrntn zugewendet, schon der
überraschenden, dekorativen Effekte halber, die sich dadurch
erzielen ließen. Aber so viel des Bestechenden diese
Projekte für sich auch haben mögen: malerische Anord-
nung, glänzende RePräsentation, einbrillantesSprühfeuer-
werk von geistreichen Einfällen, — eins geht ihnen doch ab:
die würdige monumentale Ruhe, und dieser Mangel rich-
tet sic. B. Groller.

LmlstgeschschUiches.

L. Düsseldorf. Schon vor längerer Zeit berichteten wir
(in Nr. 8 des VI. Jahrgangs), daß der Regierungssekretair
Schreiner hier eine alte Kopie der „Vierxo nn beroeg.r>" ge-
kauft habe, die wegen ihrer außerordentlichen Schönheit von
Vielen für ein ZVerk von Raffael's eigener Hand, mindesteus
aber für ein unter seiner Leitung ausgeführtes Bild eines
seiner beslen Schüler, etwa Giulio Romano's. gehalten werde,
wofür auch noch verschiedene andere Umstände zu sprechen
schienen. Um sich nun hierüber einige Gewißheit zu verschaffen
durch Vergleichung mit dem im Louvre befindlichen Original
Raffael's (dessen Aechtheit bekanntlich auch zweifelhaft ist),
hat sich Herr Schreiner vor einiger Zeit nach Paris be-
geben, um dort sein Bild, wenn irgend möglich, neben
jenem ausstellen zu lassen. Nachdem er sich lange vergeblich
bemüht, wandte er sich zur Erreichung seines Zweckes än die
deutsche Botschaft, deren Bermittelung erbittend, und erhielt
von derselben nach etwa drei Monaten mit einem äußerst
zuvorkommenden Schreiben des Grafen Wesdehlen, damaligen
deutschen Geschäftsträgers in Frankreich, die Abschrift eines
Briefes des Ministers des Aeußern Grafen Remusat, worin
letzterer mittheilt, daß er das Gesuch des Herrn Schreiner,
sein Bild im Louvre ausstellen zu dürfen, dem Minister der
schöuen Künste Herrn Jules Simon unterbreitet habe, von
demselben aber abschlägig beschieden worden sei, weil daraus
leicht ein Präcedenzfall geschaffen werden könne. Es erhelle
übrigens aus dem Briefe Simon's, daß die von Herrn
Schreiner neuerdings angeregte Frage schon gründlich unter-
sucht und mit ziemlicher Sicherheit dahin entschieden worden
sei, daß beide Darstellungen der „VisrAe un doroeLn", sowohl
die im Louvre, wie die etwas kleinere, im Besitze Schreiner's
befindliche, wohl nur in der Zeichnung von Raffael selbst,
iu der Malerei aber von andern Künstlern herrührten. —
Dieses in den höflichsten Ausdrücken abgefaßte Schreiben be-
stätigt übrigens ebenso sehr wie die bewundernde Anerken-
uung Aller, die das Schreiner'sche Bild in Paris gesehen, die
Annahme, daß dasselbe wirklich jenes von Passavant in
seinem Werk erwähnte Gemälde ist, welches Raffael selbst
begonnen, aber nicht vollendet hat, das sich im Besitz des
Kardinals Mazarin befand, und über dessern fernern Verbleib
jede Auskunft fehlt.

Ein Kinderportriit von P. v. Cornelins. Von Herrn
Marinemaler F. W. Fabarius in Düsseldorf erhalten wir
folgende Zuschrift: „Jn einem kleinen Städtchen unweil
Düffeldorf sah Schreiber dieses vor Kurzem ein sehr interes-
santes Bild von Peter von Cornelius, aus des Altmeisters
jüngeren Jahren, mit folgendem, eigenhändig geschriebenen
Attest: „Jm Besitze des Herrn dl. ds. in dl. befindet stch ein
Gemälde, das Bild eines Kindes vorstellend, wie es verklärt
zur lichten ewigen Heimath emporschwebt, die dunkle Erde
uuter sich zurücklassend. Es stellt das Porträt des damals
plötzlich verstorbenen jüngsten Schwesterchens des Besitzers
 
Annotationen